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Merz hofft „vor allem“ auf Stimmen von SPD, Grünen und FDP | ABC-Z

Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) hat die Fraktionen im Bundestag zur Zustimmung zu seinen Plänen für eine deutliche Verschärfung in der Sicherheits- und Migrationspolitik aufgerufen. „Unsere Anträge richten sich an alle Abgeordneten des Deutschen Bundestages“, schrieb Merz am Sonntag in seiner wöchentlichen Rundmail. Er hoffe „vor allem“ auf die Stimmen von SPD, Grünen und der FDP, fügte er hinzu.

Merz war zuvor in die Kritik geraten, weil er hatte durchblicken lassen, zur Not auch Stimmen der AfD in Kauf zu nehmen, um eine Mehrheit für seinen harten Kurs in der Migrationspolitik zu bekommen. „Mit der AfD haben und wollen wir keine Mehrheit“, erklärte Merz dazu nun. Im Entwurfstext für den Antrag, der kommende Woche im Bundestag eingereicht werden soll, ist eine deutliche Abgrenzung von der AfD enthalten – offenbar um deren Zustimmung im Parlament zu verhindern.

„Die AfD nutzt Probleme, Sorgen und Ängste, die durch die massenhafte illegale Migration entstanden sind, um Fremdenfeindlichkeit zu schüren und Verschwörungstheorien in Umlauf zu bringen“, heißt es in dem Antrag. Die AfD sei kein Partner, sondern politischer Gegner. SPD und Grüne zweifeln aber daran, dass Merz die „Brandmauer“ aufrechterhält. Vier Wochen vor Bundestagswahl rückt nach der Messerattacke von Aschaffenburg die Migrationspolitik in den Mittelpunkt.

Merz verteidigt nationalen Alleingang

Inhaltlich widerspricht Merz in seiner Rundmail der von Grünen, SPD und Linken geäußerten Kritik an seinen Plänen, dass diese europarechtswidrig seien. Nationales Rechte habe Vorrang vor EU-Recht, „wenn die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet ist“, erklärte er und verwies auf „all die Mordtaten der letzten Jahre“ durch Ausländer. Dies rechtfertige den nationalen Alleingang.

In den Anträgen wird die Bundesregierung aufgefordert, unverzüglich Maßnahmen umzusetzen. Selbst ein Mehrheitsbeschluss wäre aber kurz vor dem Ende der Legislaturperiode nicht mehr als ein politisches Signal. Merz kündigte allerdings auch einen Gesetzentwurf an.

SonntagsfrageWie stehen die Umfragen vor der Bundestagswahl?

Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck rief beim Grünen-Parteitag in Berlin zur Zusammenarbeit der demokratischen Parteien auf. „Einigungsfähigkeit heißt aber nicht Kompromisslosigkeit“, sagte Habeck. Habeck warf Merz vor, eine Mehrheit im Bundestag mit der Hilfe der AfD erzielen zu wollen.

SPD-Chefin Saskia Esken warf Merz einen „Erpressungsversuch“ vor, wie sie bei einer SPD-Wahlkampfveranstaltung in Wiesbaden sagte. Mit Blick auf die AfD sagte Esken: „Die Brandmauer von Friedrich Merz, sie ist aus Papier gebaut, und sie brennt lichterloh.“ Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der am Mittwoch eine Regierungserklärung zu den Konsequenzen aus der jüngsten Messerattacke abgeben will, sagte am Samstag auf mehreren Wahlveranstaltungen, Merz‘ Pläne seien mit Grundgesetz und europäischen Verträgen nicht vereinbar.

Grenzkontrollen und Zurückweisungen

Im Unions-Antrag zur Umsetzung des Fünf-Punkte-Plans heißt es: „Die aktuelle Asyl- und Einwanderungspolitik gefährdet die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger und das Vertrauen der gesamten Gesellschaft in den Staat.“ Die Politik der vergangenen Jahre habe es versäumt, Kontrolle über die Migration zurückzugewinnen und zu erhalten.

Konkret fordert die Union dauerhafte Grenzkontrollen und die Zurückweisung ausnahmslos aller Versuche einer illegalen Einreise. Es gelte ein faktisches Einreiseverbot für Personen, die keine gültigen Einreisedokumente haben und die nicht unter die europäische Freizügigkeit fallen. „Diese werden konsequent an der Grenze zurückgewiesen. Dies gilt unabhängig davon, ob sie ein Schutzgesuch äußern oder nicht. In unseren europäischen Nachbarstaaten sind sie bereits sicher vor Verfolgung, einer Einreise nach Deutschland bedarf es somit nicht“, heißt es in dem Antragsentwurf.

Zu den fünf Punkten, die unverzüglich umgesetzt werden sollen, zählt ferner, dass nachvollziehbar ausreisepflichtige Personen „unmittelbar in Haft genommen werden“. Die Bundesländer sollen zudem mehr Unterstützung beim Vollzug der Ausreisepflicht erhalten. Zudem soll das Aufenthaltsrecht für Straftäter und sogenannte Gefährder verschärft werden.

Außergewöhnliche Notlage

Im Unions-Antrag heißt es weiter, es sei die Pflicht Deutschlands und damit der Bundesregierung, nationales Recht vorrangig anzuwenden, wenn europäische Regelungen nicht funktionierten – so wie es in den europäischen Verträgen für „außergewöhnliche Notlagen“ vorgesehen sei.

Die Bekämpfung von illegaler Migration solle „Populisten ihre politische Arbeitsgrundlage“ entziehen, heißt es weiter. Ausdrücklich nimmt die Union hier Bezug auf die AfD. Die AfD wolle, dass Deutschland aus EU und Euro austrete und sich stattdessen der Eurasischen Wirtschaftsunion zuwendet. „All das gefährdet Deutschlands Stabilität, Sicherheit und Wohlstand.“

SPD, Grüne und FDP hätten die Texte erhalten, schrieb Merz auf X. „Die AfD bekommt diese Texte nicht“, betonte er. „Wir können uns über das Wochenende miteinander verständigen, wie wir nächste Woche abstimmen. Spätestens nach Aschaffenburg gibt es keine Taktiererei und keine Spielchen mehr. Jetzt muss entschieden werden.“

Die FDP begrüßt die von der Unionsfraktion vorgelegten Pläne für eine deutliche Verschärfung der Migrationspolitik. Fraktionschef Christian Dürr forderte am Sonntag allerdings darüber hinaus weitere Verschärfungen. „Die Länder, die ihre Staatsbürger nicht zurücknehmen, dürfen keine Entwicklungshilfe mehr bekommen“, sagte der den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

BSW will zustimmen

Die AfD reagierte empört. Parteichef Tino Chrupalla sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): „Diffamierungen politischer Gegner in Anträgen des Deutschen Bundestages entsprechen nicht den guten parlamentarischen Standards.“ Die Unionsfraktion stelle sich vielmehr „gegen die Interessen von mehr als 20 Prozent der Wähler“.

BSW-Chefin Sahra Wagenknecht gehen die Unions-Vorschläge zur Verschärfung der Migrationspolitik nicht weit genug. „Wir werden zustimmen, aber die Merz-Anträge sind teilweise bloße Symbolik und werden das Problem nicht lösen“, sagte die Vorsitzende der Partei Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). „Wer den Menschen weismacht, dass wir unsere Grenzen komplett kontrollieren können, macht ihnen etwas vor.“

In einem zweiten Antragsentwurf listet die Union weitere Forderungen für einen „Politikwechsel bei der inneren Sicherheit“ auf. Verlangt werden 27 Punkte, etwa Mindestspeicherfristen für IP-Adressen, mehr technische Befugnisse für Ermittler etwa zur elektronischen Gesichtserkennung, einen verbesserten Datenaustausch zwischen den Sicherheitsbehörden, eine Stärkung der Nachrichtendienste sowie härtere Strafen für Angriffe auf Polizisten, Rettungskräfte und Helfer.

Angesichts der zunehmenden Gewalt sollen gefährliche Körperverletzungen mittels einer Waffe oder Messers künftig als Verbrechen geahndet werden. Die Union plant zudem Bundesausreisezentren und will auch nach Afghanistan und Syrien abschieben.

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