Wie sehen typische Wähler der Parteien in Berlin und Brandenburg aus? | ABC-Z

Bundestagswahl
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Wie sehen typische Wähler der Parteien in Berlin und Brandenburg aus?
Di 25.02.25 | 06:14 Uhr | Von
Ein Arbeiter auf dem Land wählt AfD, eine junge Neuköllnerin die Linke, eine gebildete Potsdamerin über 50 die Grünen: Die Ergebnisse der Bundestagswahl laden dazu ein, über Stereotype nachzudenken. Doch was stimmt eigentlich? Von Juan F. Álvarez Moreno
3.619.777 Menschen haben in Berlin und Brandenburg ihre Stimme bei der Bundestagswahl abgegeben. Jeder und jede von ihnen hat ihre Wahlentscheidung aus sehr unterschiedlichen Gründen getroffen. Diese 3.619.777 Biografien sind zwar individuell, doch ein Blick auf bestimmte soziodemographische Merkmale lohnt sich trotzdem. Diese verraten zum Beispiel, wer die neue Arbeiterpartei ist und warum es innerhalb Brandenburgs große Unterschiede gibt.
Millennials wählen AfD, Rentner Schwarz-Rot
Besonders auffällig bei dieser Wahl: Junge und alte Wähler haben völlig unterschiedlich entschieden. So gewann bei den ganz jungen Wählern bundesweit die Linke klar (25 Prozent der Zweitstimmen laut Infratest Dimap), gefolgt von der AfD (21 Prozent). Die wahrscheinlichen Regierungsparteien CDU und SPD wurden nur von einem Viertel dieser Wählergruppe gewählt. Bei den Millennials konnte sich die AfD behaupten: Jeder vierte Wähler zwischen 25 und 44 Jahren wählte sie.
Klar ist auch: Je älter die Wählergruppe, desto häufiger wurde die Union gewählt. Bei den Ü70-Wählern waren es bundesweit sogar 43 Prozent der Zweitstimmen. Die SPD ihrerseits konnte in der Wählergruppe der Babyboomer und Rentner – Menschen über 60 – mehr Stimmen als die AfD holen, was ihr bei jüngeren Wählergruppen nicht gelang. Man könnte auch sagen: Die Rentnerpartei heißt Schwarz-Rot, nicht AfD.
Ein Blick auf die Brandenburg-Karte zeigt jedoch, dass das Ganze etwas komplexer ist. So holte die Linke im Wahlkreis mit der jüngsten Wählerschaft (Potsdam – Potsdam-Mittelmark II – Teltow-Fläming II) ihr bestes Ergebnis im Brandenburg (14,7 Prozent der Zweitstimmen). Im Wahlkreis mit dem höchsten Anteil an Menschen über 60 (Elbe-Elster – Oberspreewald – Lausitz) hingegen erzielte die AfD ihr bestes Ergebnis (41 Prozent). Hier zeigt sich: Das Alter ist nur ein Faktor unter vielen.

Frauen wählen eher links, Männer eher rechts
Frauen haben bei dieser Bundestagswahl häufiger linke Parteien gewählt als Männer. Bei ihnen waren SPD (18 Prozent der Zweitstimmen), Grüne (13 Prozent) und Linke (11 Prozent) überdurchschnittlich stark, wie die bundesweite Analyse von Infratest Dimap zeigt.
Bei den Männern zeichnet sich ein umgekehrtes Bild: Hier lagen CDU (30 Prozent) und AfD (24) über dem Durchschnitt. Besonders groß ist die Geschlechterkluft bei der AfD: 24 Prozent der Männer, aber nur 18 Prozent der Frauen wählten sie.

Deutliche Unterschiede zwischen Land und Stadt
Land und Stadt wählen anders. Das zeigt sich nur in dem offensichtlichen Unterschied zwischen Berlin (Linke 19,9 Prozent der Zweitstimmen, Grüne 17,4 Prozent) und Brandenburg (AfD 32,5 Prozent), sondern auch innerhalb Brandenburgs. Dort gilt: In dicht besiedelten Wahlkreisen gibt es weniger AfD-Wähler und mehr Stimmen für Parteien links der Mitte.
Der Wahlkreis Potsdam – Potsdam-Mittelmark II – Teltow-Fläming II hat mit 557 Einwohner pro Quadratkilometer die höchste Bevölkerungsdichte Brandenburgs. Hier ähneln die Wahlergebnisse eher dem Berliner Durchschnitt als dem Brandenburger.
Anders sieht es in den Brandenburger Wahlkreisen mit der niedrigsten Bevölkerungsdichte aus: Die AfD holte im Wahlkreis Prignitz – Ostprignitz-Ruppin – Havelland I (37 Einwohner/km²) 36,6 Prozent der Stimmen, in Uckermark – Barnim I (52 Einwohner/ km²) 36 Prozent und in Elbe-Elster – Oberspreewald-Lausitz (66 Einwohner pro/km²) sogar 41 Prozent.
Ärmere Menschen, Arbeitslose und Arbeiter wählen eher AfD
Neben Migration spielte für viele Wähler die Unsicherheit über die eigene Wirtschaftslage eine wichtige Rolle bei dieser Wahl. Laut Daten von Infratest Dimap wählten Menschen mit einer schlechten wirtschaftlichen Situation vor allem AfD (39 Prozent der Zweitstimmen) und Union (17 Prozent). Die wenigsten machten bei den Grünen (sechs Prozent) oder der FDP (drei Prozent) ihr Kreuz.
Auch Arbeitslose entschieden sich bundesweit vor allem für die AfD (34 Prozent). Auch in Brandenburg holte die Partei ihre besten Ergebnisse in Wahlkreisen mit höherer Arbeitslosenquote. In Berlin zeigte sich hingegen ein anderes Bild: In den zwei Wahlkreisen mit der höchsten Arbeitslosenquote (Neukölln und Mitte) gewann die Linke. Auch hier zeigt sich: Ein einziges Merkmal – in diesem Fall die Beschäftigung – ist nicht entscheidend.
So haben die beschäftigten Angestellten haben mit geringen Abweichungen fast identisch wie die Gesamtwählerschaft gewählt. Das liegt wohl daran, dass sie die größte Wählergruppe unter den Erwerbstätigen sind.
Anders sieht es bei den Arbeitern – dazu gehört etwa jeder Sechste Erwerbstätige in Deutschland – aus: Inzwischen heißt die Arbeiterpartei nicht SPD (12 Prozent) sondern AfD (38 Prozent). Selbständige wählten vor allem die Union (35 Prozent).

Hochgebildete wählen eher grün
Bei Menschen mit einem einfachen Bildungsniveau liegen laut Daten von Infratest Dimap Union (32 Prozent), AfD (29) und SPD (20) vorne. Auch unter Menschen mit mittlerem Bildungsniveau schnitt die AfD überdurchschnittlich ab (28 Prozent). Hochgebildete wählten hingegen häufiger die Grünen (18 Prozent) und seltener die AfD (13 Prozent) als der Durchschnittswähler.
In der Region sind Berlin-Steglitz-Zehlendorf und Potsdam – Potsdam-Mittelmark II – Teltow-Fläming II die Wahlkreise mit dem höchsten Anteil an Menschen mit allgemeiner und Fachhochschulreife (59 und 56 Prozent). In beiden Fällen haben dort die Grünen besonders gute Ergebnisse erzielt (jeweils 19,8 und 14,6 Prozent der Zweitstimmen), die AfD besonders schlechte (10,3 und 18,5 Prozent). Im Wahlkreis Elbe-Elster – Oberspreewald-Lausitz (hier haben nur 30 Prozent eine allgemeine oder Fachshochschulreife) holte die AfD ihr bestes Ergebnis.