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WM-Quali: Wie Bundestrainer Nagelsmann die DFB-Auswahl umbaut | ABC-Z

Stand: 02.09.2025 12:38 Uhr

Bundestrainer Julian Nagelsmann träumt vom Weltmeistertitel – und kündigt ein Umdenken an. Profitieren könnte einer, der zum ersten Mal bei der deutschen Nationalmannschaft dabei ist.

Vor einigen Wochen war Julian Nagelsmann im Allgäu, mit seinem Trainerteam hatte er dort eine Hütte gemietet. Sie waren nicht angereist, um die Landschaft zu genießen, die Täler und die Berge, die Nagelsmann so mag. Sie waren gekommen, um über Fußball zu sprechen. Über das Nations-League-Finalturnier im Juni, das für Deutschland eine Enttäuschung war, und die Weltmeisterschaft im nächsten Sommer, die keine Enttäuschung werden soll.

Seitdem ist der Bundestrainer Nagelsmann manchmal nach den Erkenntnissen dieser Klausurtagung gefragt worden. Etwa vergangene Woche bei der Kaderbekanntgabe für die WM-Qualifikationsspiele in der Slowakei (Donnerstag, 04.09.2025, ab 20.15 Uhr im Livestream, im Audiostream und im Live-Ticker ) und gegen Nordirland (Sonntag, 07.09.2025, ab 20.45 Uhr im Audiostream und im Live-Ticker ). “Wir dürfen nicht den Fehler machen, Spanien 2.0 sein zu wollen”, sagte Nagelsmann. “Wir müssen versuchen, über deutsche Tugenden hin zu einem attraktiven Fußball zu kommen.”

Er erinnerte an das Länderspiel gegen Italien in der Nations League Ende März, als Deutschland zur Pause 3:0 führte, anschließend aber einfache Fehler machte und darüber erst die Stabilität und dann die sicher geglaubten drei Punkte verlor. “Wir müssen ein paar Dinge anpassen”, sagte Nagelsmann. “Wir werden eine andere Struktur haben, defensiv wie offensiv.”

Kimmich – “Sechser”, Rechtsverteidiger und zurück

Nagelsmann, 38, wird bald zwei Jahre als Bundestrainer tätig sein. Mit Anpassungen kennt er sich aus. Er hat mit Dreierkette verteidigen lassen und mit vier Spielern auf einer Linie, und es gab eine Zeit, in der war der Offensivspieler Kai Havertz eine Art Linksverteidiger. Das hat nicht funktioniert.

Nach allem, was man weiß, wird Nagelsmann vor dem Start in die WM-Qualifikation keinen Spieler auf einer Position aufstellen, die für ihn neu ist. Änderungen wird es trotzdem geben: Kapitän Joshua Kimmich, 30, bekommt eine andere Rolle zugewiesen, das hat Nagelsmann schon Ende Juli angekündigt. Einst hatte der Bundestrainer Kimmich von der “Sechs” auf die Rechtsverteidigerposition verschoben, nun möchte er ihn doch lieber wieder in zentraler Rolle einsetzen.

Vermutlich hätte Nagelsmann keine Einwände, würde ihm einer anbieten, den Spieler Kimmich zu klonen. Aktuell kann er Kimmich nur auf einer Position gleichzeitig einsetzen, für den Bundestrainer ist das ärgerlich. Schließlich nannte er seinen Kapitän zuletzt “den besten Rechtsverteidiger Deutschlands“, nur um dann dessen Wechsel auf die neue, alte Position bekanntzugeben. Das wiederum lässt nur einen Schluss zu: Nagelsmann hält Kimmich auch für den besten “Sechser” des Landes.

Julian Nagelsmann (r.) und Joshua Kimmich (m.) nach dem Nations-League-Spiel gegen Frankreich

Die “Sechserposition” sei das “Herzstück einer jeden Mannschaft”, sagt Nagelsmann. Insofern ist es nur logisch, dass er dort fortan auch seinen vielleicht wichtigsten Spieler einsetzen möchte. Für Strategen wie Aleksandar Pavlovic oder Angelo Stiller sind das vermutlich keine gute Nachrichten. Eher dürfte in wichtigen Spielen ein Abräumer wie Robert Andrich oder der “Box-to-box”-Spieler Leon Goretzka neben Kimmich spielen.

Neuling Collins – ein Hybridspieler mit Startelfchancen

In der Defensive hingegen wird Kimmichs alter Platz frei, profitieren könnte einer, der zum ersten Mal bei der Nationalmannschaft dabei ist: Nnamdi Collins, 21, ist im Sommer mit Deutschlands U21 Vize-Europameister geworden, dort hat er Rechtsverteidiger gespielt. Bei seinem Klub Eintracht Frankfurt kam er zuletzt meist als Innenverteidiger zum Einsatz. Es ist auch diese Flexibilität, die Collins für den Bundestrainer so interessant macht. “Was er bei uns spielt, verrate ich noch nicht”, sagt Nagelsmann. “Vielleicht eine Mischung aus beiden Dingen.”

Nnamdi Collins bei der U-21 EM

Die Frage ist demnach nicht mehr, ob Collins sein Debüt für die Nationalmannschaft feiern wird, die Frage ist nur, wann er zum ersten Mal spielt. Tendenz: Startelf schon gegen die Slowakei. Für Collins spricht zunächst der Notstand auf der Rechtsverteidigerposition, der Nagelsmann vor anderthalb Jahren dazu veranlasst hatte, Kimmich dorthin zu verschieben. Für ihn spricht aber auch das Bild eines idealen Rechtsverteidigers, das der Bundestrainer indirekt skizzierte.

Das Ziel des Bundestrainers Nagelsmann: Weltmeister werden

Nagelsmann sagte, er wolle die Rechtsverteidigerposition künftig anders interpretieren lassen als Kimmich das tat, wie genau, das ließ er offen. Lieber lobte er Collins, er erwähnte dessen Schnelligkeit und etwas, das er “Verteidigungsgen” nannte. Es scheint, als setze der Trainer Nagelsmann bei der Suche nach einem Nachfolger für Kimmich, dessen fußballerisches Wirken meist im Vorwärtsgang stattfand, auf Stabilität und Sicherheit. Das könnte funktionieren. Manchmal kann eine Mannschaft auch der Rückwärtsgang nach vorne bringen.

Der Bundestrainer Nagelsmann nutzt den Auftakt in die WM-Qualifikation, um neue Impulse zu setzen. Er hat das schon einmal getan: Kurz vor Weihnachten 2023 sprach er in einem Interview mit dem ZDF-Sportstudio von “Verteidigungsmonstern”, die er vermisste. Er kündigte eine veränderte Rolle für Kimmich an, der fortan erst einmal als Rechtsverteidiger eingeplant war. Und er liebäugelte mit einer Rückkehr von Toni Kroos für die Heim-EM. Der Rest ist bekannt.

Ein Ziel für die WM hat Nagelsmann schon vor Wochen formuliert: Weltmeister werden. Nicht allen gefiel das, so kurz nach der Enttäuschung beim Nations-League-Finalturnier und noch vor dem Start in die WM-Quali. Nagelsmann ließ sich davon nicht abbringen. In der vergangenen Woche, als er seinen Kader für die ersten zwei Spiele vorstellte, sagte er: “Was soll ich den Spielern denn sonst sagen: Sie sollen froh sein, wenn sie die Gruppenphase überstehen?”

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