Wie sieht das neue Deutschland-Trikot aus? | ABC-Z

Um Fußballtrikots herrscht seit Längerem ein großer Hype. Designer Michael Michalsky sagt es so: „Ein großartiges Fußballtrikot vereint High-Performance-Technik mit einem Look, der Sex-Appeal, Stolz, Leidenschaft und pure Fußballpower ausstrahlt.“ Er muss es wissen, schließlich entwarf die Adidas-Modelinie Y-3, die er mit Yohji Yamamoto initiierte, schon Trikots für Real Madrid.
In dieser Woche veröffentlichte Adidas nun sein letztes Heimtrikot für die deutsche Fußballnationalmannschaft. Darin wird Julian Nagelsmanns Mannschaft, so sie sich qualifiziert, bei der Weltmeisterschaft 2026 in Kanada, Mexiko und den Vereinigten Staaten auflaufen. Von 2027 an wird der DFB dann vom amerikanischen Konzern Nike ausgestattet.
Nun stellt sich beim neuen Trikot die Frage: Was ist das für ein Stück Stoff?
„Unterschwellige Aussage, die motivieren soll“
Die Grundfarbe ist klassisch weiß, es hat keinen Kragen, sondern einen leichten V-Ausschnitt. Von den Schulterpartien läuft auf die Brust ein Chevron zu, also ein v-förmiger Balken. Die Balken gehen dort aber nicht ineinander über, sondern berühren sich nur. In der Mitte des Trikots stechen somit zwei weiße Rauten ins Auge. Darunter steht die Trikotnummer.
Jürgen Rank ist bei Adidas als Senior Design Director Football Apparel für das Trikot mitverantwortlich. Er sagt, der Chevron sei eines seiner Lieblingselemente: „Er schafft Selbstbewusstsein und zeigt das auch nach außen. Er macht breite Schultern und zeigt dem Gegner: Wenn du den WM-Pokal holen willst, dann musst du erst mal an uns vorbei. Das Trikot hat eine unterschwellige Aussage, die die Spieler motivieren soll.“
Einen solchen Balken designte Rank auch für das deutsche Heimtrikot bei der Weltmeisterschaft 2014. Somit erinnert das neue Trikot an jenes von der Weltmeisterschaft in Brasilien. Die Balken in den Nationalfarben samt weißen Rauten wiederum gab es beim Trikot der Weltmeisterschaft in Italien 1990. Somit ist das neue deutsche Trikot eine Melange zweier Hemden, in denen Deutschland Weltmeister wurde. Rank sagt: „Das Wichtigste ist, dass das Trikot die passende Geschichte, die emotionale Verbindung zum Verein oder Verband hat.“ Sein Job im Design bestehe darin, individuelle Geschichten zu finden und diese aufs Trikot zu bringen.
Ein Abschiedsgruß ist eingenäht
Neben solchen Auffälligkeiten weist das deutsche Trikot einige Details auf, etwa rote Ränder an Kragen und Ärmel. Und einen letzten Gruß aus Herzogenaurach, der am rechten Saum des Trikots angebracht ist: „Seit 1954 Partner der deutschen Nationalmannschaft“. In den vier Sternen oberhalb des Verbandslogos sind die Jahre, in denen Deutschland Weltmeister wurde, eingraviert.

Die Entwicklungszeit des neuen Trikots habe zwei Jahre gedauert, sagt Rank. „Am Anfang steht die Ideenfindung mit den Fragen: Wo geht die Vision hin? Wie will man sich präsentieren? Was will man neu machen?“ Der Austausch zwischen Verband und Ausrüster sei wichtig, darauf aufbauend kreiere man die ersten Designkonzepte, als 3D-Grafik am Computer. Erste Entwürfe gebe es im zweistelligen Bereich. Danach würden Muster produziert. An denen wird geschaut, wie etwa Wappen passen. Habe man sich für ein Modell entschieden, beginne die Produktion. Rank sagt: „Beim DFB-Trikot haben wir uns vorher schon gut abgestimmt, dann war es ein harmonischer Verlauf von Anfang bis zum Launch.“ Auch zu Spielern bestehe in der Phase Kontakt. Schließlich sind sie es, die die Hemden auf dem Platz tragen.
Wahl zwischen Langarm und bauchfrei
Rank sagt aber auch: „Es ist wichtig, nicht nur ein Ohr im Stadion, sondern auch ein Ohr auf der Straße zu haben. Was kommt an bei den jungen Leuten?“ Er ist der Meinung, die kommende Weltmeisterschaft werde „die größte Bühne für Fußball aller Zeiten“: „Sie wird eine neue Generation ansprechen, die sich dann hoffentlich für Trikots begeistert.“

Erhältlich ist das deutsche Trikot in einer authentischen Version, wie die Spieler es tragen (150 Euro), in einer günstigeren Replica-Version (100 Euro), mit langen Armen und sogar als Crop-Top, also bauchfrei. Das zeigt, wie sehr sich Fußballtrikots als „fashion piece“ etabliert haben. Die Langarmtrikots sind wiederum eine Rückkehr in die Neunziger und frühen Zweitausender. Während der Zehnerjahre spielten Fußballer eher in hautengen Kompressionstrikots, die sie unter einem kurzärmligen Hemd trugen.
Designer Michalsky sagt, Trikots verkörpern Haltung, Attitüde und Einstellung. Fußball sei längst mehr als Sport: „Er ist Popkultur – fast schon Religion.“ Trikots seien Mode-Statements. Generell ist der gesamte „drop“ von Adidas für die Weltmeisterschaft im kommenden Sommer in den Vereinigten Staaten, Kanada und Mexiko modern und auffallend – also auch streetwear-tauglich.
Ob ein Trikot ein Verkaufsschlager wird, ist vom sportlichen Erfolg losgelöst. Rank sagt: „Entscheidend für uns ist zu sehen, wie die Reaktionen sind, wenn das Trikot gelauncht wird.“ Zurzeit gelinge es gut, positive Resonanzen zu erzeugen, bevor das Trikot auf dem Platz getragen werde. Michalsky meint: „Erfolg verkauft Masse, Design verkauft Mythos – die Königsklasse ist, wenn beides zusammen passiert.“ Das hat nur die Nationalmannschaft in der Hand.





















