Wie Boris Rhein die CDU Hessen neu justiert | ABC-Z

Das Elend hat einen Namen: Alexander Dobrindt.“ So sprach der frühere hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) über den heutigen Bundesinnenminister. Das Zitat aus dem Januar 2018 muss man sich vor Augen halten, um richtig zu erfassen, was sich beim Parteitag der CDU in Darmstadt zugetragen hat. Zwar tritt Dobrindt in seinem neuen Regierungsamt staatsmännisch und moderater auf als früher. Aber nach wie vor repräsentiert er den konservativen Flügel der Union.
Dass Dobrindt sowohl in seiner Rede als auch in einem anschließenden Pressestatement eine „schwarze Achse“ zwischen München und Wiesbaden beschwor, war auch angesichts der früheren Querelen keine Selbstverständlichkeit, sondern ein Ereignis. Indem der profilierte CSU-Politiker die inhaltlichen Gemeinsamkeiten der Union in Bayern und Hessen hervorhob, nahm er eine politische Verortung der hessischen CDU vor. Ein Stratege wie Dobrindt äußert sich nicht unbedacht. Selbstverständlich hat er sich vorher mit dem hessischen Partei- und Regierungschef Boris Rhein abgestimmt.
Rhein verschafft traditionellem Mainstream wieder Geltung
Der ließ allerdings bei dem Parteitag mehrere Gelegenheiten verstreichen, in Dobrindts Melodie einzustimmen. Auch wenn er es mit lächelnder Miene sagte: Rhein schloss ausdrücklich nicht aus, eines Tages wieder mit den Grünen eine Koalition zu bilden. Damit hält er sich nicht nur eine Option offen. Er legt Wert darauf, dass seine Partei liberal genug ist, um notfalls auch schwierige Kompromisse einzugehen.
Ein Rechtsruck sähe anders aus. „Rechts“ ist die hessische CDU nur im Vergleich zum schleswig-holsteinischen CDU-Landesverband des Parteilinken Daniel Günther. Ohnehin sind solche Vorgänge keine punktuellen Ereignisse, sondern eher langfristige Prozesse. Unübersehbar ist eine neue Justierung, die spätestens begann, als die CDU nach der Landtagswahl 2023 den grünen Koalitionspartner gegen die SPD austauschte. Bouffier war den Grünen immer wieder zu weit entgegengekommen und hatte gleichzeitig seine Verbundenheit mit Angela Merkel gepflegt.
Sein Nachfolger hat diesen Kurs nun korrigiert. Er verschafft dem traditionellen Mainstream der Union wieder Geltung. Dass er sich dies ausgerechnet von Dobrindt attestieren ließ, ist ein Ausrufezeichen.