News

Aufnahme war lange vereinbart: Flugzeug mit 138 Menschen aus Afghanistan landet in Leipzig | ABC-Z


Aufnahme war lange vereinbart

Flugzeug mit 138 Menschen aus Afghanistan landet in Leipzig

Artikel anhören


Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos

Die geschäftsführende Bundesregierung holt fast 140 weitere Afghaninnen und Afghanen nach Deutschland, denen sie das bereits zugesagt hatte. Unionsfraktionsvize Spahn sieht darin ein “AfD-Unterstützungsprogramm”. Der Grünen-Politiker Konstantin von Notz verweist auf eingegangene Verbindlichkeiten und Humanität.

Am Flughafen Leipzig/Halle ist am Abend ein Flugzeug mit 138 Afghaninnen und Afghanen mit Aufnahmezusagen gelandet. Laut Bundesinnenministerium sind darunter 45 Kinder und Jugendliche. 76 Personen seien weiblich, 62 männlich. Nach Angaben des Auswärtigen Amts handelt es sich bei den Passagieren um Menschen aus verschiedenen Programmen, die eine rechtsverbindliche Aufnahmezusage erhalten haben.

Das von der Bundesregierung gecharterte Flugzeug war in Islamabad in Pakistan gestartet. “Es liegen in diesen Fällen konkrete, bereits in der Vergangenheit gegebene Aufnahmezusagen Deutschlands vor”, betonte ein Sprecher des Innenministeriums. Neue Zusagen würden nicht erteilt. Für die Bundesregierung habe Sicherheit bei diesen Aufnahmen oberste Priorität. Daher werde jede einzelne Person vor einer möglichen Einreise entsprechend überprüft.

Zuvor hatte es bereits mehrere ähnliche Flüge in diesem Jahr mit insgesamt 461 Menschen aus Afghanistan gegeben. Am 25. Februar und 5. März landeten Flugzeuge in Berlin, am 27. März eines in Hannover. Rund 2.600 besonders gefährdete Menschen aus Afghanistan warten nach Angaben des Auswärtigen Amts derzeit in Pakistan auf ihre Aufnahme in Deutschland. Neben früheren Ortskräften deutscher Institutionen und ihren Angehörigen sollen auch Afghanen aufgenommen werden, die Verfolgung durch die islamistischen Taliban fürchten müssen, etwa weil sie sich in der Vergangenheit als Anwälte oder Journalistinnen für Menschenrechte eingesetzt haben.

Der Sprecher des Innenministeriums betonte, sicherheitsrelevante Erkenntnisse, die gegen eine Aufnahme sprechen, könnten sich zu jeder Zeit im Verfahren ergeben und dazu führen, dass Menschen von der Einreise ausgeschlossen würden. Dies könne auch unmittelbar vor Abflug der Fall sein.

Bas schließt weitere Flüge nicht aus

Politiker der Union hatten empört auf die noch für April geplanten Flüge reagiert. Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD heißt es: “Wir werden freiwillige Bundesaufnahmeprogramme so weit wie möglich beenden (zum Beispiel Afghanistan) und keine neuen Programme auflegen.” Darauf verwies der CDU-Innenexperte Alexander Throm. Die geschäftsführende Außenministerin Annalena Baerbock wolle offensichtlich Fakten schaffen, bevor die neue Bundesregierung im Amt sei, kritisierte er in der ARD.

Unionsfraktionsvize Jens Spahn behauptete in der ZDF-Sendung “Markus Lanz”: “Jeder Flieger aus Afghanistan ist ein stärkeres AfD-Unterstützungsprogramm, als es jeder Vorsitz in irgendeinem Ausschuss sein könnte.” Die ehemalige Bundestagspräsidentin Bärbel Bas schloss derweil nicht aus, dass Deutschland weitere Menschen aus Afghanistan aufnimmt. Sie verwies in der Sendung auf rechtliche Fragen und auch mögliche Absprachen mit Bündnispartnern. “Da wäre ich vorsichtig zu sagen, dass gar nichts mehr stattfindet”, sagte Bas. Auch finde sie Hilfe für jene, die für Deutschland den Kopf hingehalten hätten, richtig, fügte sie mit Verweis auf die ehemaligen Ortskräfte hinzu.

Der Grünen-Politiker Konstantin von Notz betonte: “Es geht hier um Menschen, die äußerst intensiv und gleich von mehreren deutschen Behörden sicherheitsüberprüft sind. Sie haben eine rechtsverbindliche Aufnahmezusage von Deutschland”, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Das Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan abzuwürgen bedeute, eingegangene Verpflichtungen wissentlich zu brechen und Humanität über Bord zu werfen. “Solcher Trumpismus darf in Deutschland keinen Platz haben”, sagte von Notz.

In Pakistan droht Afghanen Abschiebung

Auch das Patenschaftsnetzwerk Ortskräfte verteidigte die Aufnahme von afghanischen Flüchtlingen aus Pakistan. Der Projektbeauftragte des Netzwerkes, Markus Kurczyk, sagte dem RND, die Sicherheitsüberprüfungen fänden mittlerweile auf einem extrem hohen Niveau statt. Die Ortskräfte hätten für Deutschland nachweislich eine mit Gefährdung verbundene Leistung erbracht und deshalb Wertschätzung und Anerkennung verdient.

Das Patenschaftsnetzwerk Ortskräfte kümmert sich um Afghaninnen und Afghanen, die bis 2021 in ihrem Heimatland für die Bundeswehr, das Auswärtige Amt oder das Entwicklungshilfeministerium gearbeitet haben und deshalb besonders gefährdet sind. Kurczyk zufolge haben 5.000 Ortskräfte das Land mit ihren Familien in Richtung Deutschland verlassen können, 500 sind noch in Islamabad, weitere knapp 100 in Afghanistan.

Afghanen, die in Islamabad im Rahmen der Aufnahmeprogramme auf ihre Ausreise warten, könnten bald erheblich unter Druck geraten. Pakistan hat Anfang April mit einer neuen Welle zur Abschiebung von afghanischen Geflüchteten begonnen und will langfristig drei Millionen Afghanen und Afghaninnen ausweisen. Der pakistanische Staatsminister für Inneres teilte kürzlich mit, dass die Abschiebungen ab Mai auch jene Afghanen treffen würden, die in Pakistan auf eine Ausreise in westliche Länder warten.

Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte auf die Frage, ob Afghanen mit Aufnahmezusage aus Deutschland von drohenden Abschiebungen betroffen seien: “Wir stehen da in enger Abstimmung und engem Kontakt mit den pakistanischen Behörden und setzen uns für die Menschen, die eine verbindliche Aufnahmezusage haben, ein.”

Back to top button