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Erster deutscher Etappensieg: Nico Denz und die enorme Willensleistung beim Giro | ABC-Z

Stand: 29.05.2025 22:44 Uhr

Radprofi Nico Denz holt den ersten deutschen Etappensieg beim Giro und rettet damit die Italien-Rundfahrt für sein Team. Auch dem deutschen Radsport verschaffte Denz einiges an Erleichterung.

Ein Schrei der Freude, ein Schrei der Erleichterung entwich den Lippen von Nico Denz, als er im Ziel der 18. Etappe dieses Giro d’Italia seinen Betreuern in die Arme fiel. Denn er hatte es geschafft, hatte wieder eine Etappe gewonnen, seine dritte bei der Italienrundfahrt mittlerweile, aber wohl auch seine emotionalste.

“Kein Etappensieg kommt ohne Einsatz. Für alle drei musste ich jede Menge Energie aufwenden. Dieser hier ist vielleicht der aufwühlendste. Ich merkte schon beim Passieren der Ziellinie, wie speziell das ist”, sagte er später auf der Pressekonferenz.

“Nach all den Rückschlägen, die wir hatten, mit dem Verlust von  Jai und Primoz, ist das jetzt einfach fantastisch für mich”, spielte er auf das Sturz bedingte Ausscheiden der beiden früheren Giro-Sieger und nominellen Red Bull-Kapitäne Jai Hindley und Primoz Roglic an.

Moralischer Tiefpunkt nach Roglic-Aus

Denz gestand ein, dass die Tage besonders nach dem Ausscheiden von Roglic sehr schwer waren für die gesamte Equipe. “Es ist ja nicht nur ein Fahrer heimgegangen. Auch Träume lösten sich einfach auf”, beschrieb er die Situation. “Wir haben so viel gearbeitet für diesen Giro. Und am Ende war alles umsonst. Man kann dann in Trauer darüber versinken und nichts mehr tun. Oder man kann sich entscheiden zu kämpfen. Und das haben wir getan. Schon in den letzten Tagen mit Giulio Pellizzari, und auch heute. Und in den kommenden Tagen werden wir das ebenfalls tun”, sagte er.

Primoz Roglic (m.) und Nico Denz (r.) im Trikot von Team bora-hansgrohe

Denz war seit dem Startschuss zur Etappe entschlossen, in die Gruppe zu gehen. Er schaffte es auch. 34 Fahrer waren in der Gruppe, darunter die Weltklassesprinter Kaden Groves und Mads Pedersen. Denz wusste, wenn er eine Chance auf den Etappensieg haben will, muss er die Gruppe sprengen.

Er war dabei, als eine kleine Gruppe aus der Gruppe wegsprang, “fuga della fuga” nennen das die Italiener, was Denz, der Großeltern in der Basilicata hat, durchaus bewusst ist. 18 Kilometer vor dem Ziel, in einem Abschnitt voller Kurven, setzte er sich dann auch aus der kleinen Gruppe ab.

“Die Gruppe hat schon davor nicht gut zusammengearbeitet. Einige Leute haben Führungen ausgelassen und sich zu verstecken versucht. Als ich um diese Kurve kam, habe ich gesehen, dass ich einen kleinen Vorsprung habe. Ich bin dann gesprintet, habe gesehen, dass die Lücke nicht zuging und habe dann einfach gezockt. Ich habe alles auf diese Karte gesetzt”, beschrieb er den entscheidenden Moment. Pedalumdrehung für Pedalumdrehung baute er seine Führung aus.

Lohn war sein dritter Etappensieg beim Giro insgesamt, der erste für sein Team bei dieser Italienrundfahrt und auch der erste eines deutschen Radprofis. Florian Stork war mit Etappenrang 2, ebenfalls aus einer Fluchtgruppe heraus, bisher am nächsten dran

300. Sieg für den Rennstall

Für sein Team ist Denz’s Sieg sogar ein Jubiläumssieg. “Es ist der 300. insgesamt für das Team. Und es ist etwas Besonderes, dass ich als Helfer ihn hole”, sagte er noch.
Denz unterstrich damit erneut seine Qualitäten. Im Team ist er der Road Captain, der verlängerte Arm der sportlichen Leitung.

Alle Jahre wieder ist er für einen Sieg gut, einen großen sogar. Zwei Etappensiege holte er beim Giro 2023. Insgersamt sieben Siege stehen für ihn in elf Profijahren zu Buche. Das macht jeden Erfolg besonders. In den nächsten Tagen wird Denz sich aber wieder in den Dienst der Mannschaft stellen.

“Wir können jetzt aufatmen und den Giro genießen”

“Wir werden weiter kämpfen. Und Giulio wird in den kommenden zwei Tagen alle Unterstützung bekommen, die wir geben können”, spielte er auf Jungstar Pellizzari an, der bereits einen dritten Etappenplatz bei diesem Giro erreichte. Er selbst werde dem Kletterer freilich nur ganz am Anfang der Bergetappen helfen können, schränkte er ein. Die Wertiglkeit seines Siegs für den Rennstall kann man kaum unterschätzen. Denn das wichtigste Teilziel nach dem Ausstieg von Roglic ist erreicht. “Wir können jetzt aufatmen, befreit fahren und diesen Giro genießen”, kündigte er als Programm für die letzten drei Giro-Tage an.

Der deutsche Nico Denz ist völlig aufgelöst nach seinem Sieg der 18. Etappe

Auch dem deutschen Radsport verschaffte Denz einiges an Erleichterung. Denn bis auf Stork in der Ausreißergruppe und bärenstarke Leistungen von Tobias Steinhauser als Helfer des Gesamtzweiten – und heutigen Geburtstagskinds – Richard Carapaz war wenig zu sehen von der deutschen Abordnung. Denz hat auch das geändert, mit einer enormen Willensleistung.

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