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Mit Thomas Hayo in die Wüste | ABC-Z

Die 16. Episode in Heidi Klums Assessment-Center für neue Generationen Rabattcode-Karrieristen startet mit einem Novum. Während Klums Lernkurve üblicherweise die Tendenz einer aktuellen Tesla-Aktie an den Tag legt, zeigt sich diese Woche bereits im Vorspann: Hier wurde edukativ nachgelegt. Wenn auch in die falsche Richtung. Nach einigen Monaten des gemeinschaftlichen Model-Feinschliffs hat auch Tokio-Hotel-Edelfan Klum gelernt, dass Canel nicht „Schanell“ ausgesprochen wird. Ihre neue Version „Janell“ ist zwar ebenfalls inkorrekt, klingt aber immerhin nicht mehr, als wäre die Reinigungskraft aus Essen von den Wollnys getauft worden.

Stichwort Aussprache. Diese Woche ist Zahltag in der Vorfreuden-Industrie. GNTM-Ikone und Denglish-Virtuose Thomas Hayo ist zurück. Sorry: is back. Die alljährlich von Hayo, der Jeanne d’Arc der Anglizismen, orchestrierten Attitude-Festspiele gehören zuverlässiger zu den Top-3-Folgen einer Staffel als Selbstbräuner zu Donald Trump. Eine jede ist so voller Sprach-Bonmots, anschließende fachanalytische Kolumnen wie diese schreiben sich quasi wie von selbst. Oder wie Hayo es formulieren würde: „The Analysetext writes sich from it-selbst!“

„Jede meiner Freundinnen hat was von denen!“

Bevor der Godfather der Neologismen das Casting-Parkett betreten darf, müssen Canel-Janell, Zoe, Eva, Josy, Magdalena und Katharina aber erst noch schnell um einen großen Job wettcasten. Und der kommt von Schmuckdesignerin Paahn Dorah. Zur Feier des Reichweitentages hat Paahn Dorah ihre drei deutschen Statthalterinnen vollzählig in die Stadt der Engel entsandt, wo sie zum Einstand erst mal freimütig das Kommunikationskonzept von Paahn Dorah ausplaudern: „Für uns sind Youtube, Instagram und Tiktiok die wichtigsten Kanäle!“ Potzbiltz. Die haben aber brutal den hübsch beringten Finger am Puls der Zeit. Was kommt als Nächstes? Alle schlürfen Bubble-Tea und füttern ein Tamagochi?

Die sechs Schmuckmusketiere aus der Modellegebatterie sind derweil vollständig durcheuphorisiert, die Chance auf einen Job für Paahn Dorah zu erhalten. Vor allem Zoe kann sich vor Begeisterung kaum halten: „Jede meiner Freundinnen hat was von denen!“ Deutlich existenzieller nähert sich Janell-Canel der Herausforderung: „Ich versuche, das von innen zu machen und nicht zu proben in meinem Kopf!“ Eine gute Taktik. Äußerlichkeiten sind ohnehin zu oberflächlich. Daher ist es insbesondere bei Schmuck oft besser, ihn von innen zu präsentieren. Das kommt auch beim Paahn-Dorah-Dreigestirn gut an: „Canel hat uns abgeholt!“ Sie ist nebenberuflich offenbar Busfahrerin. Das reicht aber nicht zum Casting-Erfolg. Denn da hat Eva einen Lauf. Nach dem Intimissimi-Job vergangene Woche obsiegt sie auch beim Auswahlverfahren von Paahn Dorah.

Bitte mal böse gucken: Samuel, Ray und FelixProSieben/Max Montgomery

Und dann ist es endlich so weit. It’s coming home, ist’s coming home, ist’s coming – Denglish’s coming home! Schwarze Schuhe, schwarzer Rucksack, schwarze Jacke – wenn das nicht Thomas Hayo ist, dann shooten die verbliebenen 21 Kandidaten und Kandidatinnen heute mit dem Juniorchef der kalifornischen Hell’s Angels. Kollektiver Freudentaumel dann aber im GNTM-Kader und an den Bildschirmen: Es ist tatsächlich Hayo. Und der „hat etwas richtig Großes mit!“, wie Heidi Klum anteasert. Oliver Pocher also schon mal nicht. Nein, Hayo eröffnet der mittelbegeisterten Reisegruppe-Klum: „Wir gehen auf einen Roadtrip und werden heute Nacht draußen campen!“ Er weiß eben, was Zelt.

„Ich mag eher mein Bett“

Die zwölf Monate ohne GNTM haben allerdings Spuren bei ihm hinterlassen. Seine Reaktionsinstinkte müssen erst wieder hochgefahren werden. In dieser Frühphase seiner 2025er Performance notiert er nämlich: „Die Begeisterung war durchweg positiv!“ Vielleicht hätte er seinen Tagesplan lieber so präsentiert: „We alle go on a typische American Roadtrip and campen in the Natur like in tents, you know?“, denn so fallen die Spontanechos wie folgt aus: „Das ist nicht so meins“ (Pierre), „Ich mag eher mein Bett“ (Faruk), „Ich wäre lieber im Hotel“ (Zoe) oder „Ich hasse Zelten, ich habe noch nie ein Zelt live gesehen“ (Nawin). Komisch. Selbst ich habe schon viele Zelte live gesehen. Zuletzt etwa beim Coachella. Da waren sie Vorband des Hermes House Tent.

Wie baut man eigentlich ein Zelt auf?
Wie baut man eigentlich ein Zelt auf?ProSieben/Max Montgomery

Nachdem Hayo sein Sprachzentrum fertig kalibriert hat, kann es endlich losgehen: „Ihr müsst packen – Zahnbürste, whatever else you need!“ Einen Taxigutschein zum nächsten Hotel beispielsweise. Auf der Kaffeefahrt in die Wüste macht der pechschwarze Dienstreisebus von Hayo kurz bei einem klassischen amerikanischen Highway-Diner halt. Dort wartet ein erstes kurzes Fotoshooting. Chillout-Legende Moritz sieht die Aufgabe gelassen: „Es ist zwar eine Challenge hier, aber man sollte nicht immer mit 100 Prozent rangehen!“ Er ist quasi das Borussia Dortmund der Staffel. Hayo fotografiert die in Dreiergruppen antretenden Nachwuchsinfluencer sogar höchstselbst. Dabei kommen einige skurrile Motive zusammen. Samuel, Felix und Ray etwa sehen aus wie drei Vorstadt-Outlaws, die suggerieren wollen: „Aufs Maul oder was?“ Oder wie Thomas Hayo sagen würde: „On the Fresse oder what?“

Wie immer hat Hayo akkurat alle Namen gelernt, aber den Lautsprachekurs geschwänzt. Entsprechend nennt er Jannik konsequent „Jahnik“. Da kann ich nur sagen: Lass das Jahnik Jannik hören.

Thomas Hayo und Heidi Klum mit der „Mad Max“-Kulisse fürs Shooting
Thomas Hayo und Heidi Klum mit der „Mad Max“-Kulisse fürs ShootingProSieben/Max Montgomery

Am Zielort angekommen geht es dann erst mal in die Kategorie Survival-Training. Zelte müssen aufgebaut werden. Ein bizarres Szenario. Auf der einen Seite zotet sich Frivolfee Klum bei Sätzen wie „Der Eingang ist hier, aber da ist kein Loch!“ oder „Die Stangen müssen in die Dinger!“ mal wieder in den Kichermodus, auf der anderen Seite sieht es bei den meisten Gruppen so aus, als würde Stevie Wonder ein Ikea-Regal aufbauen. Angeleitet von Til Schweiger, der ihm via Facetime eine falsche Aufbauanleitung vornuschelt. Aus dem Deutschen ins Englische übersetzt von Lothar Matthäus.

„Das wird auch visuell gut aussehen!“

Rein zufällig hat Pro7 für diese Hering-Challenge Zelte ausgewählt, die beim Camping-Elchtest souverän 0 von 10 Punkten einfahren. Kaum Gestänge, hauchdünne Wände und mehrere Quadratmeter reine Windangriffsfläche. Der abendliche Wüstensturm lässt die Zelt-Attrappen schneller über die trostlose Einöde der Zeltlagersteppe tanzen, als Thomas Hayo sein für den Folgetag geplantes Fotoshooting „Richtung Burning Man und Mad Max“ erklären kann. Ein Konzept, das er für weitestgehend genial hält, weil: „Das wird auch visuell gut aussehen!“ Ein Satz für die Ewigkeit. Mindestens aus der Kategorie „Vom Feeling her habe ich ein gutes Gefühl!“ von Schwalbenlegende Andi Möller.

Schreien fürs Foto: Eliob, Samuel und Pierre
Schreien fürs Foto: Eliob, Samuel und PierreProSieben/Max Montgomery

Damit es nicht nur visuell gut aussieht, sondern sich auch akustisch gut anhört, lässt der Flatulenz-Beauftragte von Pro7 zum romantischen Teamdinner am Abend vor dem Mad-Max-Shooting hauptsächlich Bohnen verköstigen. Trostlose Wildnis, weit weg von der nächsten Zivilisation, Bohnen, Lagerfeuer, schlafen unter freiem Himmel – schamloser wurde GNTM noch nie als Trainingscamp für das „Dschungelcamp“ zweckentfremdet. Nach einer von einem monotonen Grunzen übertönten Nacht tauscht sich das Führungsduo der 16. Folge über die Schlafqualität beim Gruppencamping aus. Heidi Klum zählt zusammen: „Thomas sagt, ich schnarche. Tom sagt, ich schnarche!“ Da scheint sich Evidenz anzubahnen. Der geräuschgeschädigte Hayo zeigt sich aber versöhnlich: „Heidi hatte viele Snacks dabei, die weiß ja, was ich mag!“ Für alle anderen hier kurz Thomas Hayos Top 5 der Snacks:

  1. Many, many bunte Smarties
  2. Yogurette makes so himmlisch joghurt-light
  3. Haribo makes Kinder froh and the adults ebenso
  4. Milka, the zarteste temptation, since there is Kakaoerzeugnis
  5. Once gepoppt, never gestoppt!

Dann geht es aber, erneut in Dreiergruppen, auch schon in die fotografische Temu-Version von Mad Max. Aaliyah fragt ihre Teamkameraden vorsichtshalber: „Darf ich euch ein bisschen peitschen?“ Als echter Lasso-Connaisseur weiß Felix natürlich, wovon sie spricht: „Normalerweise zahle ich dafür!“ Deutlich antifeministischer geht Egomodel Kevin das Shooting an und eröffnet seinen Mitstreiterinnen Lisa und Josy: „Ich würde sagen, ich in der Mitte, denn ich bin der Boy!“

Ray, Jannik und Nawin posen beim Fotoshooting.
Ray, Jannik und Nawin posen beim Fotoshooting.ProSieben/Max Montgomery

Bei Eva, Svenja und Moritz glänzt Lauschieber Moritz mal wieder mit Anti-Attitude. Das erkennt auch Attitude-Trüffelschwein Hayo sofort: „Moritz verlässt sich sehr auf seinen Look!“ Klum ergänzt routiniert: „Was ja viele machen!“ Da ist auch der Videoschiedsrichter kurz irritiert. Wer verlässt sich denn sonst noch auf den Look von Moritz? Das kann auch die Superzeitlupe nicht auflösen. Klar ist nur, Moritz punktet auch konzeptionell: „Das Auto hat Ecken und Kanten, darum habe ich erwartet, dass man sich mal hinlegt.“ Ja, da musste ich mir auch erst mal eine Zeichnung machen. Zum Glück gleicht Moritz diesen kognitiven Schwächeanfall mit einer lupenreinen Shooting-Faustregel aus: „Schreie hört man ja nicht auf dem Bild!“ Da können selbst Klum und Hayo nicht mehr anders und lassen ihn sich haarscharf doch noch in die nächste Runde mogeln.

Weniger Glück haben Felix, Faruk und Svenja. Alle drei erhalten Rückflugtickets, warme Worte und die Erkenntnis: „Ich habe heute leider kein Foto für dich!“ Wenigstens kommen die warmen Worte zur rechten Zeit, denn inzwischen ist es dunkel und empfindlich kalt geworden in der Wüste vor Los Angeles. Während sich also beispielsweise Eva in einem vermutlich aus der neuesten Barbie-Kollektion stammenden Nano-BH (der mit viel Optimismus etwa ein Drittel ihrer Brüste verdeckt) Richtung Lungenentzündung zittert, sitzt Heidi Klum im Zottel-Pelzmantel unter einem 80 Grad heißen Flakscheinwerfer und verteilt Lebensweisheiten und Fotos. Und das war es dann im Großen und Ganzen auch bereits für diese Woche. Besser hätte man die Hayo-Days nicht zusammenfassen können. Thomas Hayo, Roman Weidenfeller und ich sind uns da einig: „I think we have a grandiose Kolumne geschrieben!“

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