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Der verhängnisvolle Kontrollverlust der Eintracht | ABC-Z

Als um 16:30 Uhr die Sonne ins Waldstadion schien, schien alles auf einen perfekten Spieltag für die Eintracht hinauszulaufen. Gerade pfiff der Schiedsrichter die zweite Halbzeit an, die Frankfurter führten 1:0 gegen Union Berlin. Sie wären damit die einzige Spitzenmannschaft neben Mainz gewesen, die ihr Spiel am Wochenende gewinnt.

Um 17:18 Uhr blitzte die Sonne gerade ein letztes Mal übers Tribünendach, da hüpfte Eintracht-Trainer Dino Toppmöller am Spielfeldrand entlang. Er zog sich den Pullover über den Kopf und schrie seine querpassenden Spieler an. Mittlerweile führte Union nämlich, lag 1:2 vorne. Einmal hatte der Berliner Leopold Querfeld nach einer Ecke per Kopf zum Ausgleich getroffen (62. Minute), dann hatte Woo-Yeong Jeong nach einem Konter (78.) auch noch die Berliner Führung erzielt.

Um 17:23 Uhr blickte Toppmöller gedankenverloren aufs Feld. Sein Stürmer Hugo Ekitiké hatte gerade einen Elfmeter verschossen (90.+5), das Spiel war zu Ende. Die Tore, die auf Berliner Seite gefallen waren, waren solche, die jeder Fußballfan schon x-mal von Union gesehen hat: eine Ecke und ein Konter. Die Trainer ihrer Gegner sagen dann: Das war nicht zu verhindern, Union ist in solchen Situationen stark. Aber wie die Eintracht in der zweiten Halbzeit ständig rund um den Strafraum foulte und Union so zu Standardsituationen einlud, war bemerkenswert naiv. Wie ihre Verteidiger beim entscheidenden Gegentor nicht angriffen, sondern nebenherjoggten und auch noch die Lücke für den Torschuss öffneten, ebenso.

Keine fitten Abwehrspieler mehr

Es war eine Szene, die stellvertretend für die zweite Halbzeit stand. Die Eintracht spielte ohne Kopf. Die im Durchschnitt fast 29 Jahre alten Union-Spieler übernahmen die Spielkontrolle von den jungen Frankfurtern (im Mittel 23,5 Jahre) – ohne Gegenwehr. Ihnen fehlte ein Spieler, der die Abwehr zusammenhält, und einer, der das Mittelfeld sortiert. Robin Koch fiel verletzt aus, Mario Götze saß zu Beginn auf der Bank.

Neben ihm nahmen vier weitere Eintracht-Spieler Platz, die unter der Woche in Amsterdam von Beginn an spielten. So wie die Zuschauer im Waldstadion ihre Winterjacke gegen Sonnenbrillen getauscht hatten, wechselte Toppmöller seine Elf durch. Eines jedoch blieb gleich: Toppmöller sortierte seine Mannschaft in einer Viererkette, mit zwei defensiven Mittelfeldspielern und einer einzigen Spitze. Seine Abwehrleute verteidigten so Mann gegen Mann, ohne einen Puffer. Toppmöller habe das vermeiden wollen, sagte er nach dem Spiel. Aber er hatte keine fitten Abwehrspieler mehr. Beim Aufwärmen hatte sich Arthur Theate verletzt, Farès Chaibi war dafür in die Startelf gerückt.

In der Offensive hingegen hatte die Formation einen Vorteil. Auf dem Flügel griff die Eintracht jeweils mit zwei Spielern an. Als sie sich nach 13 Minuten das erste Mal links durchspielte, landete der Ball über Umwege vor den Füßen von Batshuayi. Der Belgier zielte auf das linke Eck und traf zum ersten Mal für die Eintracht. Auf der Gegenseite zeigte Union zunächst, wieso es die vergangenen drei Partien verloren hatte. Zweimal konterten die Berliner halbwegs gefährlich, ansonsten kamen nur zwei Drittel der Pässe zum Nebenmann.

Kratzen, flanken, kontern

Doch dann spielte Union, wie Union für gewöhnlich spielt: Es kratzte, es flankte, es konterte. Das genügte, um ein Spiel auswärts beim Tabellendritten zu drehen. Ihr Trainer Steffen Baumgart sagte nach dem Spiel, ihm sei klar gewesen, dass die Eintracht müder werde, je länger das Spiele dauere. „Union war frischer“, bestätigte Toppmöller.

Und trotzdem: Das erste Gegentor ärgere ihn maßlos. Gemeint war die Ecke. „Du musst da schärfer sein. Es war klar, dass Union bei Flanken stark ist“, sagte der Trainer. Nachdem beinahe alle Konkurrenten am Wochenende nicht gewonnen hatten, verpassten die Frankfurter einmal mehr die Chance, sich abzusetzen. Seit Anfang November lagen sie auf Platz drei oder zwei, es war der vierte Spieltag, an dem Toppmöllers Mannschaft die große Möglichkeit nicht nutzte, eine Lücke zu den schwächelnden Teams hinter sich zu reißen. In der Bundesliga verloren die Frankfurter zum dritten Mal in Folge. Und rutschten so erstmals seit langer Zeit auf den vierten Tabellenplatz ab.

„Das war völlig unnötig, wir hatten keine Struktur, keine Kontrolle“, versuchte Sportvorstand Markus Krösche in den Katakomben die Musik aus der Union-Kabine zu übertönen. Ob er Angst vor dem nächsten Rückrundenabsturz habe? „Wenn die zweite Halbzeit der Standard ist, dann müssen wir uns Sorgen machen.“

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