Kultur

Trautes Heim, Glück am Herd: Dieter Reiter und Roland Hefter singen zum Muttertag | ABC-Z

Meine 91-jährige Mutter wird, wenn ich ihr heute dieses Lied vorspiele, bereits vor Ende der ersten Strophe empört ihre Hörgeräte rausnehmen und sich kategorisch weigern, den Rest zu hören. Ob sie noch einmal SPD wählt? Vielleicht.

Niemand ärgert sich über den Muttertagsgesang unseres Oberbürgermeisters und des SPD-Stadtrats Roland Hefter so lange, dass es bis zum nächsten Wahltag anhält.

Hefter hat für seinen Musikspezl und Parteifreund den Peter-Alexander-Schlager “Der Papa wird’s schon richten” anlassbezogen auf die Mama umgedichtet. Und zwar mit einem reaktionären Frauenbild, das meine über 40 Jahre lang berufstätige Mutter schon immer gehasst hat.

Anzeige für den Anbieter YouTube über den Consent-Anbieter verweigert

Mama ist bei Hefter ausschließlich Hausfrau. Sie nährt mit ihrer Brust, hat Verständnis für schlechte Noten, weil der Bub lieber Musiker werden möchte und kein Akademiker. Seinen Kater vertreibt sie mit Aspirin. Und in die Partnerwahl mischt sie sich auch noch ein.

Dieter Reiter mit Roland Hefter
Dieter Reiter mit Roland Hefter
© Lorenz Frankenberger
Dieter Reiter mit Roland Hefter

von Lorenz Frankenberger

“}”>

Dass man bei der SPD neuerdings Bildung abtut und die Dummheit feiert, ist ein Verrat an der Partei von Hans-Jochen Vogel. Und über das Frauenbild darf man sich schon deshalb wundern, weil im erheblich lustigeren Original von Ralph Siegel (Musik) und Bernd Meinunger (Text) wenigstens eine Tochter vorkommt.

Eine Parodie auf dieses immer schon als reaktionär empfundene Lied hat übrigens schon vor über 40 Jahren Johanna von Koczian gesungen.

Dimpfelhausen, Diesel und Oktoberfest

Hefter und Reiter legen dagegen noch eins drauf, und zwar in einer Weise, die im 21. Jahrhundert selbst für Boomer peinlich ist. Zwar grinsen sie bei ihrem Vortrag, aber nichts spricht dafür, dass sie das Lied ironisch meinen, weil unser OB beim Musikmachen generell humorbefreit wirkt.

Für den Fall, dass die beiden witzig wirken wollen, raten wir dringend zu einem Coaching. Das sollte aber nicht von den Ja-Sagern und Jublern der PR-Abteilung des Rathauses durchgeführt werden.

Söder mit mehr Restironie

Wenn Manuel Pretzl und Evelyne Menges von der Stadtrats-CSU dieses Lied aufgenommen hätten, würden sich die paar linken SPD-Frauen darüber den Mund zerreissen. Beim OB hingegen lobt man die Volksnähe, um ja nicht von der Liste zu fliegen.

Hans-Jochen Vogel (r.) würde sich im Grab rumdrehen, wenn er erfahren würde, wie sich ein SPD-Oberbürgermeister heute inszeniert.
Hans-Jochen Vogel (r.) würde sich im Grab rumdrehen, wenn er erfahren würde, wie sich ein SPD-Oberbürgermeister heute inszeniert.
© picture alliance/dpa
Hans-Jochen Vogel (r.) würde sich im Grab rumdrehen, wenn er erfahren würde, wie sich ein SPD-Oberbürgermeister heute inszeniert.

von picture alliance/dpa

“}”>

Ich wähle einen Oberbürgermeister nicht dafür, dass er Musik macht, sondern für seine Politik. Und da ist von Dieter Reiter zuletzt wenig zu hören, weil ihn seine Drehs für Instagram-Videos völlig auslasten. Natürlich ist Markus Söder da sein großes Vorbild. Aber der beweist wenigstens Reste von Selbstironie, die Reiter und Hefter völlig abgehen.

Ich musste den letzten Tagen öfter an einem knallroten SPD-Plakat vorbei, das für einen Auftritt des OB in Trudering wirbt. Im rechten Eck steht da “Mit den Original Münchner Oktoberfest Musikanten”. Schon da hatte ich leise Zweifel am Urbanitätsbegriff der Münchner SPD. Aber nun weiß ich: Die wollen aus München tatsächlich ein Dimpfelhausen machen, mit der Hausfrau am Herd, rauchenden Auspuffen und einem ewigen Oktoberfest.

Back to top button