Tennis-Star Alexander Zverev nach München-Sieg: „Schwere Monate hinter uns“ | ABC-Z

München. Für Alexander Zverev geht der Blick nach dem Triumph von München nach vorne. Ist er mit seiner Finalvorstellung gerüstet für Rückkehrer Sinner?
Es war in diesem ziemlich verflixten Tennisjahr bisher nie so gewesen, dass für Alexander Zverev das Beste zum Schluss kam. Entweder schied der deutsche Tennis-Frontmann bei seinen Reisen im Wanderzirkus ganz früh aus, oder der Abschied auf großer Bühne endete mit einer schweren Ernüchterung. Wie beim dritten verlorenen Grand-Slam-Finale im Januar in Melbourne, in dem Zverev gegen den eiskalten Südtiroler Jannik Sinner wie ein besserer Statist aussah.
Doch eins muss man Zverev lassen: Immer wieder in seiner schwer berechenbaren, oft wankelmütigen Karriere hat der lange Hamburger Krisen, Zweifel und Enttäuschungen zupackend hinter sich gelassen. Hat, als viele ihn im nachhaltigen Abschwung wähnten, plötzlich wieder Klasse und Gewinnermentalität gezeigt.
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Und als er im strahlenden Sonnenschein dieses Ostersonntags als Champion der Münchner BMW Open auf dem Centre Court stand, das Siegerlächeln im Gesicht nach einer blitzsauberen Leistung beim 6:2, 6:4 gegen den Amerikaner Ben Shelton, da durfte man sich schon wieder einmal erstaunt fragen: War da wirklich was, waren da nicht Pleiten, Pech und Pannen zuhauf in der Saison 2025 gewesen? Und, vor allem, war da nicht ein bitter gescheiterter Anlauf, Platz eins der Weltrangliste in Abwesenheit des aktuell noch wegen seiner Dopingaffäre gesperrten Sinner zu erobern?

Konzentriert am Netz: Alexander Zverev bei seinem Finalsieg in München.
© Sven Hoppe/dpa | Sven Hoppe
Gerade auf der Turnier-Zielgeraden war der Tokio-Olympiasieger pünktlich zu seinem 28. Geburtstag nicht wiederzuerkennen: Seinen erneuten München-Pokal nach 2017 und 2018 verdiente er sich mit entschlossenem, selbstbewusstem und couragiertem Tennis – und einer ganz anderen Ausstrahlung als bei vielen Auftritten zuletzt, die von Zaudern, Zögern und defensiver Taktik geprägt waren. „Wir allen haben schwere Monate hinter uns“, sagte der von sich selbst beschenkte Zverev nach dem Pokalcoup in Richtung seines Teams am Spielfeldrand, „wir mussten viele Tiefpunkte überstehen. Jetzt geht der Blick nach vorne“. Bei den Siegeszeremonien ließ der Hanseat auch die übliche Lederhosen-Folklore und ein Selfie mit Ministerpräsident Markus Söder grinsend über sich ergehen.
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Zverevs wichtigster Moment beim Turnier in München kam allerdings nicht im Endspiel, sondern schon am Freitag im Viertelfinale. Da lag er gegen den unbequemen Niederländer Tallon Griekspoor 6:7 und 3:5 in tiefroten Zahlen, ehe ihm ein kaum noch erwartetes Comeback gelang. Er siegte schließlich 6:7, 7:6 und 6:4, hielt seine Titelchance aufrecht. „Es war eins dieser Matches, von denen ich in letzter Zeit fast alle verloren habe“, sagte Zverev.

Alexander Zverev feiert den Turniersieg in München mit Freundin Sophia Thomalla.
© Getty Images for BMW | Alexander Hassenstein
Der erste Pokalgewinn in dieser Saison, der 24. in seiner Karriere, bringt Zverev wieder in eine günstigere Ausgangsposition für die wichtigste Saisonphase, in der sich in Wochen der Wahrheit bald die Höhepunkte aneinanderreihen. Nach den Masters-Turnieren in Madrid und Rom folgen die Grand Slams in Paris und London. Dazu kommt ein weiterer emotional bedeutender Auftritt in Halle. Zverev weiß, dass die Prüfungen gerade bei den Majors und Masters deutlich härter sein werden als beim glücklich veredelten Münchner Gastspiel mit Geburtstagskrönung. Denn auf den großen Bühnen sind dann alle Konkurrenten wieder versammelt, auch die Spielverderber aus nachrückenden Generationen, die Zverev 2025 viel Ärger bereiteten. Zudem steht ab dem Rom-Masters auch Rückkehrer Sinner wieder auf dem Platz.
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München hat eine keineswegs neue, banale Wahrheit für Zverev gezeigt: Je vorwärtsgerichteter, mutiger und beherzter er ans Handwerk geht, mit Sturm und Drang, umso größer sind seine Chancen. Der nun 28 Jahre alte Spitzenmann muss offensiv denken, offensiv spielen. Er kann nicht auf sein Glück warten, sondern muss sich das Glück gerade bei den Grand Slams selbstbewusst mit Power und Präzision verdienen. Um nicht auf ewig der Unvollendete zu bleiben.