Stephan Kramer: Thüringer Verfassungsschutzpräsident plädiert für AfD-Verbotsverfahren | ABC-Z

Der Präsident des Thüringer Amtes für Verfassungsschutz, Stephan Kramer, hält ein Verfahren zum Verbot der AfD für angemessen. “Wir sind inzwischen an einer Gefährdungsstufe für unsere Demokratie angelangt, wo ein Verbotsverfahren aus meiner Sicht angezeigt ist”, sagte Kramer der Nachrichtenagentur epd. “Das bedeutet aber nicht, dass die politische Auseinandersetzung damit obsolet wäre”, fügte Kramer hinzu: “Im Gegenteil: Sie muss weiter stattfinden.”
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte Anfang Mai mitgeteilt, dass die AfD nunmehr als gesichert rechtsextremistisch eingestuft werde. Am Donnerstag setzte das Amt die Einstufung vorläufig aus, weil die AfD dagegen geklagt hatte. Die Aussetzung gilt so lange, bis das Gericht über den Eilantrag der AfD entschieden hat – ein üblicher Vorgang. Wenig später wurden Auszüge aus dem entsprechenden Gutachten bekannt. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) will darüber entscheiden, ob das Gutachten veröffentlicht wird.
Die wehrhafte Demokratie müsse jetzt “ein klares Stoppschild setzen”, sagte Kramer, der seit 2015 im Amt ist. Mit Blick auf die Thüringer AfD sagte er, der Verfassungsschutz sehe die Gefahr, dass die Partei durch ihre Agitation zentrale Prinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung angreifen und beseitigen wolle. Dazu gehörten die Prinzipien der Menschenwürde, des Rechtsstaats und der Demokratie.
“Wir sind keine Meinungspolizei”
Es sei die gesetzliche Aufgabe des Verfassungsschutzes, Entwicklungen zu beobachten und zu bewerten, wenn der innerste Wesenskern der Verfassung bedroht werde, sagte Kramer. Dies hätten die Väter und Mütter des Grundgesetzes so vorgesehen. Undemokratisch sei das Vorgehen nicht, und es gehe auch nicht darum, eine lästige Konkurrenz für die Regierung auszuschalten. “Wir sind keine Meinungspolizei oder etwa ein Regierungsschutz”, sagte der Behördenchef.
Die etablierten Parteien rief Kramer dazu auf, für ihre Politik zu werben und sie besser zu erklären, um die Bürgerinnen und Bürger zu überzeugen. Dabei müssten auch die sozialen Netzwerke eingesetzt werden, welche die etablierten Parteien bisher vernachlässigten und den Rechtspopulisten überließen. “Wenn die Menschen das Vertrauen in die Demokratie verlieren, werden sie dorthin gehen, wo sie Anerkennung, Wertschätzung und ein Gemeinschaftsgefühl erfahren”, sagte Kramer. Das könnten dann im Zweifelsfall auch solche Gruppen sein, die falsche Versprechungen machten, aber die Menschen emotional abholten.
Ein Parteiverbot kann vom Bundestag, von Bundesrat oder von der Bundesregierung beim Bundesverfassungsgericht beantragt werden. Der Thüringer Verfassungsschutz hat die dortige Landes-AfD bereits
2021 als erwiesen rechtsextremistisch eingestuft. Gegen diese
Entscheidung ist die Partei nicht vorgegangen.