Wohnen

Donald Trump und Elon Musk: Demokratie unter Mump | ABC-Z

Der amerikanische Historiker Timothy Snyder hat Deutschland einmal die vielleicht „wichtigste Demokratie der Welt“ genannt. Das war nach dem Sturm auf das Kapitol in Washington, als die Schwäche der Freiheit in Amerika zutage trat. „Die Deutschen sollten nicht überrascht sein, wenn bald ganz neue Aufgaben auf sie zukommen“, sagte Snyder damals.

Vielleicht ist es jetzt so weit. In Amerika wird bald ein Straftäter Präsident, finanziert von einem Hektomilliardär, der weltweit Rechtsradikale fördert. Snyder hat dafür den Namen „Mump“ geprägt: Musk plus Trump. Deren (fragiler) Pakt erinnert ein wenig an die russische Oligarchie unter dem frühen Putin, als wirtschaftliche, politische, mediale und militärische Macht sich vereinten, um die Demokratie auszuhebeln.

Bisher hatte der Mumpismus anders als der Putinismus keine Erobererattitüde. Neuerdings aber greift er nach fremdem Land. Trump will von Panama den Panamakanal, er fordert Grönland von Dänemark, und er witzelt, Kanada solle der 51. Staat der USA werden. Musk führt zugleich Zersetzungskampagnen gegen europäische Demokratien. In Deutschland unterstützt er die AfD, und in Großbritannien schürt er mit X-Botschaften wie „Bürgerkrieg ist unvermeidlich“ rassistische Gewalt. Zugleich macht er Fotos mit dem Brexit-Fanatiker Nigel Farage, worauf dieser sagt, er werde bald sehr viel Geld von Musk bekommen.

Eine Partnerschaft wie in illiberalen Regimen

Der Milliardär hat diese Fotos in Trumps Palast zu Mar-a-Lago knipsen lassen. Der kommende Präsident und sein Mäzen stehen damit für eine „Public Private Partnership“, wie sie gerade in vielen illiberalen Regimen en vogue sind. Putin führte seine Kriege lange mithilfe der Söldnerfirma Wagner. China steht im Verdacht, die private Plattform Tiktok zu nutzen, wenn es in Rumänien Wahlen manipulieren will. In Amerika gab es so etwas zuletzt, als Präsident George H. W. Bush, ein früherer Öl-Manager, das Ölförderland Irak besetzen ließ. Damals half das Militärunternehmen Blackwater.

Jetzt hat das System Mump die EU ins Visier genommen. Sie ist einer der größten Wirtschaftsräume der Welt, und in Trumps erster Amtszeit hat sie ihn ihre Macht oft spüren lassen. Zum Beispiel indem sie Zoll mit Gegenzoll auf US-Produkte wie Whiskey vergalt. Trump hat damals schon gegen Europa gepoltert. Er nannte Brüssel ein „Höllenloch“ und ermunterte europäische Staaten, doch genau wie die „smarten“ Briten einfach auszutreten. Neuerdings droht er wieder mit Horrorzöllen, und während Musk Alice Weidel unterstützt, hofiert er antieuropäische Schachtelteufel wie Viktor Orbán oder Marine Le Pen. Trump hat dabei früh deren Klischee bedient, Europa sei doch nur ein „Vehikel“ für die Machtgier Berlins. Aus solchen Elementen ist hybrider Krieg zusammengesetzt.

Dieser Text stammt aus der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.



Noch ist es aber nicht ganz so weit. Trump braucht Partner gegen China, und wenn es Amerikas Alliierten in EU und NATO gelingt, ökonomisch und militärisch unentbehrlich zu werden, kann Schlimmeres verhindert werden.

Das Schlimmere kann aber auch eintreten. Die europäischen Länder sind gerade akut von Krieg bedroht, und sie sind militärisch schwach. Sie brauchen Amerikas Schutz und könnten einem aggressiven Mumpismus wenig entgegensetzen. Wenn der Druck steigt, wie damals, als Bush Europa spaltete, um Hilfstruppen gegen den Irak zu gewinnen, könnte die EU zerfallen. Einige Länder könnten den „smarten“ Weg wählen und Trump folgen. Andere könnten in Putins Gravitationsfeld geraten, wieder andere sich China andienen. Europa würde zur Teilungsmasse autoritärer Prädatoren.

Für Deutschland folgt daraus, dass es den Laden zusammenhalten muss. Nur wenn nicht alle auseinanderlaufen, können die Europäer das System Mump davon überzeugen, dass sie wertvolle Partner sind. Und falls das schiefgehen sollte, können sie eine Phase der Entfremdung von den USA nur dann überstehen, wenn trotz aller Orbáns und Weidels ein Kern zusammenbleibt, der genug Magnetismus besitzt, andere bei der Stange zu halten.

Deutschland kann nicht alleine führen

Snyders Wort von der „wichtigsten Demokratie“ ist heute deshalb so aktuell, weil Deutschland, die stärkste Volkswirtschaft Europas, das einzige Land ist, ohne das so ein Kern nicht denkbar ist. Deshalb gilt, was der polnische Außenministers Sikorski 2011 gesagt hat: Deutsche Untätigkeit muss man mehr fürchten als deutsche Macht.

Soll also wieder einmal an deutschem Wesen die Welt genesen? Keineswegs, denn Deutschland kann nicht allein führen. Frankreich oder Britannien sind nötig, um nuklearen Schutz zu organisieren. Das ist schwierig, aber möglich. Polen, Balten und Skandinavier müssen dabei sein, weil sie die Bedrohung aus Russland verstehen. Italiener, Spanier und Niederländer wären gut, weil sie wirtschaftlich stark sind.

Putin führt Krieg gegen Europa, und am 20. Januar wird Trump Präsident. Wenn es nicht schon zu spät ist, Europa dafür fit zu machen, so ist es doch höchste Zeit. Und Deutschland wählt am 23. Februar die Person, mit der das gelingen kann – oder schiefgehen. Ihr Amt ist vielleicht das wichtigste, das die demokratische Welt heute zu vergeben hat.

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"