Prozess am Landgericht: Erdinger missbraucht Neffen seines Lebensgefährten – Freising | ABC-Z

Die große Leinwand, die sie im Sitzungssaal 1 des Landshuter Landgerichts am Donnerstagvormittag extra aufgestellt hatten, blieb am Ende unbenutzt. Der 34-jährige Erdinger, der sich dort vor der Jugendschutzkammer wegen schweren sexuellen Missbrauchs in vier Fällen sowie wegen des Herstellens und Besitzes kinderpornografischer Schriften verantworten musste, legte ein vollumfängliches Geständnis ab. Damit verkürzte er das Verfahren erheblich – und ersparte es allen Beteiligten, dass die richterliche Videovernehmung des 2010 geborenen Opfers aus dem Landkreis Freising in der Verhandlung gezeigt wurde.
Der Prozess, der eigentlich für zwei Verhandlungstage angesetzt war, konnte aufgrund des Geständnisses und einer Verständigung zwischen allen Beteiligten an einem Vormittag durchgezogen werden. Die Kammer unter Vorsitz von Richterin Michaela Wawerla verurteilte den Angeklagten auf Grundlage dieses „Deals“ zu einer Gefängnisstrafe von fünf Jahren.
Damit lag sie genau in der Mitte des Strafrahmens von viereinhalb bis fünfeinhalb Jahren, der in den Verständigungsgesprächen ausgehandelt worden war. Der Vertreter der für Cybercrime zuständigen Generalstaatsanwaltschaft Bamberg, von der in diesem Fall Anklage erhoben worden war, hatte fünf Jahre und drei Monate beantragt. Der Verteidiger hatte für ein Urteil „am unteren Rand des Deals“ plädiert.
Verurteilt wurde der 34-Jährige wegen der vier Missbrauchsfälle, die sich zwischen Silvester 2019 und dem Jahr 2022 zugetragen hatten, und eines Videos, das er während einer dieser Taten hergestellt hatte. Das Verfahren wegen des zunächst ebenfalls angeklagten Besitzes von mindestens zwölf Bild- und Videodateien mit kinderpornografischem Inhalt wurde eingestellt. Diese Tat wäre aufgrund der anderen, schwerwiegenderen Fälle nicht ins Gewicht gefallen.
Auf die Spur des Angeklagten kam die Polizei durch die Cloud eines US-Internetanbieters, auf der er seine kinderpornografischen Dateien gespeichert hatte. Die US-Behörden „verständigen die deutschen Behörden, wenn dort kinderpornografisches Material hochgeladen wird“, erläuterte ein Beamter der Kriminalpolizei Erding in der Verhandlung. Unter den sichergestellten Dateien war auch das Video von einem der vier Missbrauchsfälle.
Bei der Polizei gibt er zunächst nur einen Fall zu, in der Verhandlung gesteht er dann alles
Beim Opfer, das bei den Taten zwischen neun und zwölf Jahre alt war, handelt es sich um den Neffen des ehemaligen Lebensgefährten des Angeklagten. Die ersten beiden Missbrauchsfälle ereigneten sich in der damaligen Wohnung des Angeklagten beziehungsweise seines Lebensgefährten in Mainburg, ein weiterer in der Wohnung des Opfers und seiner Eltern im Landkreis Freising. Die letzte Tat geschah an einem unbekannten Ort im Auto des Angeklagten.
Als die Polizei den Angeklagten vernahm, gab dieser zunächst nur den einen Missbrauch zu, der auf dem Video zu sehen war. Als das Opfer dann vernommen wurde, sprach dieses von drei weiteren Fällen. In der Verhandlung gab der Angeklagte diese dann auch zu.
So könne man zwar nicht von einem frühzeitigen Geständnis sprechen, sagte der Staatsanwalt, aber das umfassende Geständnis im Prozess falle ins Gewicht, „weil eine Verständigung gerade bei Sexualdelikten eine wichtige Funktion für den Opferschutz hat“. So habe man auf weitere Vernehmungen des Jungen und auch seines Umfelds verzichten können.
Der vierfach, aber nicht einschlägig vorbestrafte Angeklagte, der laut seines Anwalts in seiner eigenen Kindheit ebenfalls Opfer eines Missbrauchs wurde, zeigte Reue und entschuldigte sich stellvertretend beim Anwalt des Jungen. Er willigte ein, über einen Täter-Opfer-Ausgleich 10 000 Euro Schmerzensgeld zu zahlen, 2000 hat er bereits überwiesen. Zudem will er freiwillig eine Therapie machen. Der Anwalt des Jungen sagte, es sei „nicht wichtig, ob der Angeklagte drei Monate mehr oder ein Jahr weniger Strafe bekommt, sondern dass er hier Farbe bekannt und sich entschuldigt hat“.