Tinder mobbt kleine Männer – Gesellschaft | ABC-Z

Auch kleine Männer können groß rauskommen. Wenn der immer noch größte Fußballer des Planeten, Lionel Messi, ein großartiges Kopfballtor macht, betonen die TV-Kommentatoren reflexartig, wie gigantisch das für so einen Zwerg sei. Messi misst „nur“ 1,70 Meter. Genau wie Kinosuperheld Tom Cruise. Na und? Einer der größten Musiker aller Zeiten, Prince, war 1,57 Meter klein, der große Komiker Charlie Chaplin maß 1,65 Meter, Johann Wolfgang von Goethe 1,69 Meter. Würde man diese Kultur-Giganten als Gnom, Stöpsel und Wicht beschimpfen?
In Deutschland werden Männer durchschnittlich 179 Zentimeter groß, Frauen 166 Zentimeter. Wenn ein Mann allerdings nur 166 Zentimeter groß ist und sich in eine 179 Zentimeter große Frau verliebt, hat er schlechte Karten, egal wie schlau oder reich er ist. Fantasie? Familiensinn? Kochkenntnisse? Vergiss es. Angeblich spielt auch Humor bei der Partnerwahl eine Riesenrolle, aber wenn ein Mann witzig ist und gleichzeitig winzig, winken die meisten Frauen ab. Dann lieber einen langweiligen Lulatsch! Studien zeigen: Frauen bevorzugen größere Männer, da sie Körperlänge mit Stärke und Vitalität assoziieren.
Kleiner Mann, was nun?
Kleiner Mann, was nun? In Dating-Apps posieren klein gewachsene Kerle mit süßen Hunden, die sie größer und sympathischer erscheinen lassen, sie runden die Körperlänge großzügig auf, während sie Alter und Gewicht nach unten frisieren. Nun will Tinder ein neues Feature einführen, das es zahlenden Abonnenten und vor allem Abonnentinnen erlaubt, eine Größenpräferenz in ihrem Profil anzugeben. Die Funktion ist zunächst nur für Premium-Mitglieder verfügbar. Konkurrenten wie Bumble und Hinge bieten bereits ähnliche Funktionen für Premium-Mitglieder an.
Das neue Feature soll eine gezieltere Partnersuche ermöglichen und nicht als Ausschlusskriterium dienen, gab Tinder bekannt. Als was denn sonst? Frauen haben sehr präzise Größenvorstellungen: „Nur ab 1,80m“ steht in vielen Profilen, sechs von zehn weiblichen Befragten geben in Umfragen an, ihr Partner solle mindestens fünf Zentimeter größer als sie sein. Die Voreingenommenheit gegenüber kleineren Männern ist gut erforscht. Größere Männer verdienen mehr Geld, werden als bessere Anführer wahrgenommen und als intelligenter eingeschätzt, auch wenn manche von ihnen grenzdebile Pappnasen sind. Spoiler: Der IQ wächst nicht automatisch mit der Körpergröße, siehe Donald Trump, 1,90 Meter.
Kritiker warnen seit Jahren vor einer zunehmenden Oberflächlichkeit auf Plattformen wie Tinder, die durch das Swipe-Interface begünstigt wird. Unter 1,80? Wisch und weg! Wie Karotten im Gemüseregal beim Supermarkt werden Menschen aussortiert, die großen Geraden nach rechts, die kleinen Krummen nach links. Als kleiner Mann von der Straße muss man sich das nicht gefallen lassen. Wie laut wäre der Aufschrei, wenn ein Mann im Suchprofil angibt: „Nur ab Körbchengröße D“? Und wann kommen Filter für Bizepsvolumen, Waschbrettbauch und Schulterbreite? Bis dahin bleibt uns nur, kopfschüttelnd aufzuschauen. Vielleicht zu einem 1,95-Mann mit der emotionalen Reife eines Klappstuhls. Hauptsache, er gefällt dem Algorithmus.