Kleine Revolution: Die New York Yankees erlauben ihren Spielern Bärte – Panorama | ABC-Z

Die USA erleben gerade haarige Zeiten. Das Land wird von zwei Bullys und einem Möchtegern-Mars-Reisenden regiert, der Winter will dank hartnäckiger Polarfronten einfach nicht weichen, und Eier werden auch immer teurer. Doch immerhin beginnt bald die Baseball-Saison. Liebhaber des Sports können dann wieder Männern mit der Statur von Waschbären zuschauen, wie sie mehrere Stunden lang um die Wette schlagen, fangen und rennen. Baseball ist ein Anker der Beständigkeit in einer auseinanderfallenden Welt. Diese konservative Sportart verändert sich höchstens in Mikrodosen.
Bis jetzt. Denn nun haben die New York Yankees eine Entscheidung bekannt gegeben, für die das Prädikat revolutionär ausnahmsweise einmal wirklich passt. Die Spieler des Vereins dürfen künftig Bart tragen. Wem sich die Bedeutung dieser Regeländerung nicht sofort erschließt, muss nur die New Yorker Boulevardpresse lesen. Von einem „schockierenden Schritt“ ist dort die Rede, aber auch davon, dass die Yankees sich nicht länger dem Zeitgeist verweigern konnten.
Im Team war die Vorschrift umstritten
49 Jahre lang durften die Spieler des Klubs nur glattrasiert und mit kurzen Haaren auf dem Spielfeld erscheinen. Der langjährige Eigentümer der Yankees, der Unternehmer George Steinbrenner, hatte das 1976 verordnet. Steinbrenner, ein Veteran der U. S. Air Force, hatte sich über den Wildwuchs auf den Köpfen seiner Spieler geärgert, als diese während der Nationalhymne ihre Kappen abnahmen. Die strenge Haarpolitik solle Ausdruck von Ordnung und Disziplin sein, sagte er einmal der New York Times.
Immer wieder gab es dagegen aus dem Team Widerstand. Dem Einwurf eines Spielers, dass doch auch Jesus lange Haare gehabt hätte, entgegnete der Boss: Wenn der Spieler über Wasser laufen könne, dürfe er seine Frisur gern frei wählen. Auch als Steinbrenner 2010 starb und sein Sohn Hal die Yankees übernahm, blieb höchstens ein Bartschatten erlaubt. Andere Klubs der US-Baseball-Liga hatten sich da längst von vergleichbaren Vorschriften verabschiedet.
Nun erschien es der Yankees-Führung nicht mehr zeitgemäß, den Spielern die Gestaltung ihrer Kinnzone zu diktieren. Yankees-Chef Hal Steinbrenner fürchtete, nicht mehr die besten Spieler für den Klub zu gewinnen. Er sei zur Erkenntnis gelangt, dass ein Bart für junge Männer heute zu ihrer Identität gehöre. Wobei Baseball-Spieler bislang nicht als Exzentriker auffallen. Der größte Star der Gegenwart, der bartlose Japaner Shohei Ohtani, ist eher der Typ Schwiegersohn. Das Extravaganteste an ihm ist sein bei Instagram auftretender Hund.
Die Bartoffensive der Yankees ist Teil des Versuchs der US-Baseball-Liga, sich zu verjüngen. Baseball war einmal die beliebteste amerikanische Sportart, wurde aber von Football abgehängt. Um mehr junge Zuschauer zu erreichen, setzen die Verantwortlichen auf behutsame Regeländerungen und die sozialen Medien.
Bei den New York Yankees drängt sich nun die Frage auf, was man sich unter einem „gepflegten Bart“ vorzustellen hat, wie ihn die neuen Regularien vorschreiben. Eine von den Medien umgehend befragte Coiffeurin riet zu Bartöl und regelmäßigem Stutzen. Yankees-Boss Hal Steinbrenner gab zu Protokoll, dass seine Spieler bloß nicht aussehen dürften wie die Rocker von ZZ Top.