Gesundheit

Herzinfarkt und Schlaganfall mit „Angio Diagnostics“ vermeiden |ABC-Z

Fast 350.000 Menschen sterben Statistiken zufolge pro Jahr in Deutschland an den Folgen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkten und Schlaganfällen. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind damit in der westlichen Welt für die meisten Sterbefälle verantwortlich. Krank­hafte Verengungen und gefährliche Aussackungen der Blutgefäße bleiben allerdings oftmals längere Zeit unbemerkt, weil sie kaum Symptome verursachen und nur zufällig entdeckt werden. Bestehende Untersuchungsmethoden wie Dopplersonographie, CT und MRT sind teuer, komplex und werden meist nur bei konkretem Verdacht eingesetzt.

Das soll sich ändern: Ein Team der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) will mit dem Projekt „Angio Diagnostics“ ein Diagnosegerät entwickeln, das eine nichtinvasive und zugleich kostengünstige wie datensichere Früherkennung von Aortenaneurysmen möglich macht. Was bedeutet, dass damit künftig nicht nur Spezialisten befasst, sondern auch Hausärzte in der Lage sein sollen, ihre Patienten – und das regelmäßig – zu screenen und so unter Umständen lebensbedrohliche Gefäßveränderungen frühzeitig zu erkennen.

Nicht-invasive Messungen von Blut­vo­lu­men­schwan­kun­gen

Die Landesregierung fördert das innovative Projekt mit gut 700.000 Euro. Die hessische Digitalministerin Kristina Sinemus (CDU) sprach bei der Übergabe des Förderbescheides von einem Projekt, das Maßstäbe setze für die Zukunft einer modernen, patientenzentrierten Gesundheitsversorgung und zugleich beispielgebend sei für den Transfer von Forschung in die Praxis.

Bei der zugrundeliegenden Technologie dieses Projekts handelt es sich um eine Kombination aus Mathematik, Informatik, maschinellem Lernen und medizinischer Signalverarbeitung. Grundlage bilden dabei sogenannte Photo­plethys­mo­graphie-Signale, also nicht-invasive Messungen von Blut­vo­lu­men­schwan­kun­gen im Gewebe, die durch eine optische Methode erzeugt werden. Diese werden mithilfe intelligenter Algorithmen ausgewertet. Wobei bei dem Gießener Projekt der Fokus auf der Weiterentwicklung der Algorithmen und deren Umsetzung in ein funktionierendes Medizinprodukt liegt. Zudem geht es um die Entwicklung einer Datensicherheitsarchitektur als Modell für weitere medizinische Anwendungen.

Überhaupt liegt ein Schwerpunkt dieses Projekts auf der Sicherheit sensibler Patientendaten. Das Gießener Team um Stefan Bernhard, Professor für Medizintechnik und Numerische Mathematik am Fachbereich Life Science Engineering, setzt dabei auf homomorphe Verschlüsselung, die aktuell als eine der vielversprechendsten Technologien gilt, um Datennutzung und Datenschutz miteinander in Einklang zu bringen.

Daten können in der Cloud gespeichert werden

Damit können Berechnungen direkt mit verschlüsselten Daten vorgenommen werden – sie müssen also nicht zuvor entschlüsselt werden. Medizinische Daten lassen sich damit verarbeiten und auswerten, ohne dass Dritte Einblicke in die Originaldaten bekommen. Besonders sensible Patientendaten wie Genom- und Diagnosedaten können sicher in der Cloud gespeichert und bearbeitet werden, medizinische Einrichtungen können Daten vertraulich austauschen und gemeinsam analysieren.

Außerdem geht es darum, KI-Algorithmen auf verschlüsselte Daten zu trainieren und anzuwenden, um Krankheitsmuster zu erkennen, ohne dass dafür jemand die zugrundeliegenden Daten einsehen muss. Bei den Medizinprodukten sei der Einsatz homomorpher Verschlüsselung in der Praxis noch selten, da technische wie regulatorische Hürden bestünden, heißt es. Als Wegbereiter für datenschutzkonforme KI-Lösungen im Gesundheitswesen wird sie mit „Angio Diagnostics“ nun erstmals in einem konkreten Anwendungsszenario getestet.

Projektleiter Bernhard spricht von niedrigschwelliger Diagnostik, die viel Leid ersparen und sicherlich auch zur Senkung von Kosten im Gesundheitssystem beitragen könne.

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