Habecks letzte Runde in München – Wirtschaft | ABC-Z

Was ist schlimmer, als von Markus Söder gepiesackt zu werden? Vielleicht, wenn er es nicht mehr tut. Denn das könnte bedeuten, dass man nicht mehr wichtig oder gefährlich genug ist, um vom bayerischen Ministerpräsidenten als Gegner wahrgenommen zu werden. In dieser Situation dürfte Robert Habeck an diesem Mittwoch gewesen sein.
Denn eigentlich wäre alles bereitet für zünftigen Zoff. Im Kongresszentrum im Münchner Osten haben sie die ganz große Bühne aufgebaut, eröffnet wird die Internationale Handwerksmesse. Und beide sind wieder da, der nun scheidende Wirtschaftsminister und Vize-Kanzler von den Grünen sowie der Ministerpräsident und CSU-Chef. Zu besprechen gäbe es auch genug. Aber nichts ist mehr wie im vergangenen Jahr. Da hatten sich Habeck und Söder beharkt, jetzt umweht ein Hauch von Abschiedsschmerz das Podium, nicht nur Habeck.
„Schön, dass wir uns so schnell wiedersehen“, sagt der Grüne gleich zum Schwarzen, und setzt dann an zu einer Lobeshymne aufs Handwerk: Nicht nur könne man „stolz sein“, dass man mit den Händen arbeitet. Die vielen Betriebe im Land seien in der Migrations-Debatte auch „die Integrationskraft der Wirtschaft in Deutschland“, sagt Habeck. „Sie halten damit Deutschland zusammen.“ Auch für die Handwerkskammern und Verbände hat er nur Lob übrig. Sie seien gelebte Demokratie und zeigten stets „eine politische Lauterkeit, die ungewöhnlich ist in diesen Zeiten“.
Habeck ist nicht der Einzige, der zum großen Gefühl ausholt vor den versammelten Mechanikern und Metzgern, Bäckern und Malern. Söder lässt sie wissen, er wolle ihr Ansprechpartner sein in einer neuen Bundesregierung aus Union und SPD. „Ich bin euer Handwerks-Boy da drin“, sagt er und betont nur zu gern seinen familiären Hintergrund als Sohn eines Maurermeisters.
Habeck sucht die Schmerzpunkte, Söder lächelt
Es ist nicht so, dass Habeck nicht versuchen würde, bei Söder ein paar Schmerzpunkte zu treffen. „Politische Maurermeister brauchen wir nicht“, sagt er. Ja, das Land habe sich mit der Schuldenbremse über Jahre „eingemauert“. Aber das von Union und SPD erdachte, schuldenfinanzierte 500-Milliarden-Sondervermögen sei „schlechte Politik“ und nach dem Wahlkampf nun „die zweite Lüge“. Außerdem sei es eine „Krücke“, die keine dauerhafte Verlässlichkeit schaffe. Was Projekte wie das Heizungsgesetz, die Förderung erneuerbarer Energien, von Halbleitern und Batterien angehe: All das scheine auch die Union in der neuen Regierung fortsetzen zu wollen. „Alles, was gestern noch Planwirtschaft war, ist jetzt gute Wirtschaftspolitik“, sagt Habeck. „Aber gut, man darf ja lernen.“
Und Söder? Lächelt. „Ich bin heute ganz friedlich“, sagt er. Der Wahlkampf sei vorbei, das Ergebnis stehe fest, „alles in Ordnung“. Das freilich hängt vom Standpunkt ab. Die Schuldenbremse grundsätzlich zu lockern komme für ihn nicht infrage, sagt Söder. „Schulden zu machen, um damit am Ende Sozialausgaben zu finanzieren, das kann nicht sein.“ Dass mit den Schulden aus dem Sondervermögen auch das CSU-Projekt Mütterrente finanziert werden könnte, bleibt ungesagt. Söder, so scheint es, lebt an diesem Tag einfach diese eine Textzeile aus dem Imagefilm, den die Veranstalter gezeigt hatten: „Wir wissen nicht, was kommt. Aber wie es geht.“
Habeck setzt nicht mehr nach. Die Gedanken gehen schon in die Zukunft. Seine Zukunft. Was er denn nun machen werde? Vielleicht noch sechs Wochen, bis die neue Regierung stehe, er werde sich um „eine vernünftige Übergabe“ kümmern. „Dann überlege ich mir was Neues.“
Vielleicht hat sich das am Mittwoch schon erledigt. Eine Zuschauerin ruft von ganz hinten durch den Saal: „Wir bilden auch aus!“ Klar, sind ja Handwerker anwesend. Steinmetz könnte Habeck da werden. „Ich komme auf Sie zu!“, ruft er zurück. Steine klopfen – das hat ja Ähnlichkeit zum politischen Betrieb.