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Transfeindliche Tagung: Versammlung der Transfeinde | ABC-Z

Berlin taz | Am Wochenende findet in Berlin eine Tagung mit dem Titel „Youth Gender Distress“ statt. Eingeladen hat die US-amerikanischen Organisation „Society for Evidence-Based Gender Medicine“ (SEGM), die, anders als der Name suggeriert, keine medizinische Fachgesellschaft, sondern ein Interessenverband ist. Die ebenfalls US-amerikanische Monitoring-Organisation „Southern Poverty Law Center“ zählt SEGM zu den aktivsten „Hassgruppen“, die gegen die Rechte von queeren Menschen vorgehen. Die SEGM hat enge Verflechtungen mit anderen, international agierenden, anti-LSBTIQ Lobbygruppen.

Das Konferenzprogramm in Berlin besteht aus vier Teilen, die auf den ersten Blick wissenschaftlich klingen: Evidenz, Ursachen, Ethik, Psychotherapie. Unter den jeweiligen Titeln finden von Donnerstag bis Sonntag jeweils halbstündige Vorträge statt. Ein näherer Blick aufs Programm zeigt: Die eingeladenen Re­fe­ren­t*in­nen vertreten eine einschlägige Perspektive. Die meisten sind international bekannt für ihre Positionen, die Behandlung transgeschlechtlicher Menschen zu beschränken oder zu verbieten.

Da ist zum Beispiel Jamie Reed, die in den USA umfassende Verbote der Gesundheitsversorgung von trans Personen fordert. Reed inszeniert sich als „Whistleblowerin“, weil sie zuvor in einer Klinik gearbeitet hat, in der trans Personen versorgt werden. US-Journalist*innen machen darauf aufmerksam, dass Reed keine fachliche Expertise hat. Sie sei weder Ärztin, noch Psychologin oder Psychiaterin, habe keine medizinische Erfahrung mit Patient*innen. In der Klinik war sie zuvor als Sachbearbeiterin tätig.

Aus Deutschland ist etwa der Münchner Psychiater Alexander Korte eingeladen. Er hat sich in den vergangenen Jahren mit provokanten Außenseiterpositionen zum Thema Selbstbestimmung und Transgeschlechlichkeit Gehör verschafft, ihm wird Queerfeindlichkeit und pseudowissenschaftliche Argumentation vorgeworfen.

Hinter verschlossenen Türen

Doch nicht nur die Referierenden werfen Zweifel an der Seriosität der Veranstaltung auf. So ist zum Beispiel der Veranstaltungsort geheim, Teilnehmende erfahren ihn erst nach Erwerb eines Tickets für 350 Euro. Auf Anfrage nach einer Presse-Akkreditierung antwortet die Organisation ausweichend: Es gebe eine Warteliste für die Teilnahme.

„Es ist offensichtlich, dass dort keine offene Diskussion stattfinden soll“, sagt Cornelia Kost. Sie ist Psychologin und im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Trans*- und In­ter*­ge­schlecht­lich­keit (dgti). Der Verein hatte im Juni in einer Mitteilung vor einer Teilnahme an der Tagung gewarnt.

Bei der Veranstaltung sei „die gesamte Prominenz der weltweit agierenden Transfeinde“ aufgeboten, es bestehe der Verdacht, dass sie „gegen die Gesundheitsversorgung geschlechtsdiverser Menschen gerichtet“ sei. Kost sagt: Ziel der Organisation sei, mit wissenschaftlichem Duktus die öffentliche Debatte zu beeinflussen – und die Erzählung zu verbreiten, die Fachwelt sei sich uneinig oder kritisch gegenüber der Behandlung von trans Kindern und Jugendlichen. Dazu verbreite die SEGM Desinformation. Etwa auf vorangegangenen Konferenzen in den USA – mit wissenschaftlichem Anstrich.

„Ich bin dankbar, dass die Konferenz jetzt in Deutschland stattfindet, weil wir deutlich machen konnten, dass es sich um eine anti-trans Organisation und Veranstaltung handelt“, sagt Kost. „Bisher konnten solche Veranstaltungen unkritisch und im Verborgenen stattfinden. Das ist hier nicht gelungen“.

Inzwischen übten mehrere Verbände Kritik, etwa der Bundesverband Trans* und der LSVD*. Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. (DGKJ) nahm einen Veranstaltungshinweis von ihrer Webseite. Am kommenden Samstag hat das Bündnis „transfeinde stressen“ um 14 Uhr zu einer Demonstration am Berliner Oranienplatz aufgerufen.

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