Formel 1: McLaren setzt auf Piastri | ABC-Z

Der Schein trügt. Die Verlängerung des Vertrages mit dem Formel-1-Rennfahrer Oscar Piastri ist keine Petitesse für den Rennstall McLaren. Obwohl in der Pressemeldung des Teams, veröffentlicht wenige Tage, bevor die Formel 1 in Melbourne am Sonntag (5:00 MEZ im F.A.Z.-Liveticker zur Formel 1 und bei Sky) in die Saison 2025 hinein saust, wenig mehr steht. Es ist von einer langfristigen Vereinbarung mit Piastri die Rede, garniert vom Üblichen.
Geschäftsführer Zak Brown spricht selbstbewusst von der „besten“ Besatzung an den Lenkrädern im gesamten Fahrerlager. Nicht mal Ferrari soll so viel Qualität am Steuer zu bieten haben, obwohl nun Rekordweltmeister Lewis Hamilton (105 Grand-Prix-Siege) neben Charles Leclerc (acht) ins Lenkrad greift. Eine kühne Behauptung des Kaliforniers Brown, addiert man die Grand-Prix-Triumphe der Steuerkünstler in McLarens Boliden: vier (Lando Norris) und zwei, sechs in toto. Und doch keine maßlose Überschätzung – mit Blick auf die Zukunft.
Die Führung des britischen Teams studierte Piastri in den vergangenen zwei Jahren aus nächster Nähe. 2024 kam er als Vierter der Fahrerwertung ins Ziel. Wenn sie jetzt, gut 23 Monate vor Ablauf des ersten Kontraktes (Ende 2026) mit dem bald 24 Jahre alten Piloten eine weitere Verbindung eingeht, dann steckt darin die Hochrechnung seines Potentials und das Signal an die Konkurrenz: Den bekommt ihr vorerst nicht!
Konstanz auf höchstem Niveau erwartet
Warum keine andere Erklärung überzeugt? Weil McLaren es in dieser Phase nicht nötig hätte, Piastri seiner großen, teils in Millionen Euro gemessenen Wertschätzung zu versichern. Denn der neue Rennwagen gilt seit den Testfahrten in Bahrain als Maß der Dinge. Alle Welt schaut auf den Boliden und fast jeder Rennfahrer der Formel-1-Klasse sähe sich hinter diesem Steuer als potentieller Gewinner, selbst bei einer lausigen Honorierung. Piastri kann es kaum erwarten, in Melbourne vorzufahren. Sein Selbstbewusstsein hätte auch eine Verzögerung vertragen.
Die frühzeitige Verlängerung offenbart etwas anderes als das typische Bedürfnis nach Ruhe (Team) und Geborgenheit (Pilot). Eher das Gegenteil. Sie gibt den Blick frei auf die Haltung von McLaren und den Anspruch des Australiers, beiden Fahrern freies Spiel zu lassen. Ein gewolltes Risiko? Vermutlich. Piastri ließ in den vergangenen beiden Jahren nicht nur sein Talent erkennen, sondern seinen unbedingten Willen, der Erste unter zweien zu werden, im Zweifel die Hackordnung umzudrehen auf die klassische Art: mit einem höheren Tempo auf der Strecke, kombiniert mit einer Portion Verdrängungslust.
Das ist ihm nicht immer gelungen, seine Leistungen schwankten extremer als die von Norris, Zweiter der Fahrer-WM 2024 hinter Champion Max Verstappen. Hinter der Vertragsverlängerung steckt deshalb nicht weniger als die Erwartung an Piastri, auf höchstem Niveau konstant zu kreisen. Niemand weiß, ob er zu diesem Schritt in der Lage ist. Aber McLaren setzt auf diese Entwicklung. Sie führte zu Spannung im doppelten Sinne: zum vielleicht dann besten Fahrerduo der Formel 1 oder zu einem Machtkampf samt bremsender Betriebsunfälle.