Waldbrand im Münchner Osten: Ist der „Osterzündler“ zurück? – München | ABC-Z

Mehr als 30 Polizistinnen und Polizisten sind drei Stunden lang im Einsatz, ein Hubschrauber und eine Drohne kreisen über dem Truderinger Forst: Mit ungewöhnlichem Aufwand hat die Münchner Polizei am Samstagnachmittag auf den Brand einer Wiese im Osten der Landeshauptstadt reagiert. „Großes Besteck“ nennt man das im Polizeijargon. Dass es jetzt ausgepackt wurde, zeigt, dass die Polizei den vergleichsweise überschaubaren Brand sehr ernst nimmt. Die Ermittler haben einen Verdacht.
Möglicherweise ist es nämlich ein alter Bekannter, der das häufig mehr als einen Meter hohe, völlig ausgetrocknete Reitgras angezündet hat. Genauer: ein alter Unbekannter. In den Jahren vor der Corona-Pandemie hatte ein Brandstifter mindestens 30 Mal Feuer in den Wäldern zwischen Perlach und Trudering, Putzbrunn und Grasbrunn gelegt. Der Schaden ging in die Hunderttausende.
Die Feuer flammten immer in den Wochen um Ostern auf – 13 Mal im Jahr 2017, zehn Mal 2018 und sieben Mal 2019. Danach war weitgehend Ruhe. Die Häufung der Brände in der Fasten- und Osterzeit dürfte jedoch weniger dem christlichen Feiertagskalender geschuldet sein als einer Besonderheit der örtlichen Botanik. In den Wäldern östlich von München wächst Reitgras, das mehr als einen Meter hoch werden kann. Im Winter stirbt es ab. Zurück bleibt im Frühjahr das trockene Stroh, das den Waldboden bedeckt.
Erst vor wenigen Tagen hatten Experten vor akuter Waldbrandgefahr auch in Teilen Südbayerns gewarnt. Eine weggeworfene Kippe könne angesichts der trockenen Böden schon dramatische Folgen haben. Feuerwehrleute zeigten sich indes überzeugt, dass die Häufung von Waldbränden im Münchner Osten – eine vergleichbare Serie gab es bereits 2007 – nicht auf Fahrlässigkeit zurückzuführen ist. „Wir haben versucht, mit einer Zigarette trockenes Gras in Brand zu setzen“, berichtete ein Feuerwehrkommandant im Jahr 2018. „Das klappt bei hundert Versuchen vielleicht einmal.“
Warum zündet jemand absichtlich die Wälder im Münchner Osten an – fast 20 Hektar bisher? Auffallend ist, dass der unbekannte Brandstifter das Tageslicht nicht scheut. Im Gegenteil. Fast alle Waldbrände loderten nachmittags, wenn bei schönem Frühlingswetter besonders viele Menschen zu Fuß oder mit dem Rad im Truderinger Forst unterwegs waren. Offenbar verübt der Osterzündler seine Taten im Schutz der Masse.
So war es auch am Samstag. Gegen 13.45 Uhr traf der Notruf ein, der die Polizei so alarmierte. Knapp 4000 Quadratmeter Waldwiese am Friedrich-Panzer-Weg standen in Flammen. Allein im Naherholungsgebiet rund um den 500 Jahre alten sogenannten Schwedenstein und die 1980 eingeweihte Josefskapelle hat es seit 2017 insgesamt 19 Mal gebrannt. Wer immer es auf den Wald – oder dessen Besitzer – abgesehen hat: Er oder sie kennt sich extrem gut aus im Forst, weiß anscheinend auch, wo Wildkameras hängen, vor denen er oder sie sich in Acht nehmen muss.
Fahndungsplakate und Flugblätter brachten bislang ebenso wenig Erfolg wie Großeinsätze, bei denen auch Reiter der Polizei und Spürhunde den Wald durchstreiften und Polizisten Passanten sowie Autofahrer anhielten und befragten.
Das Landeskriminalamt setzte 2017 eine Belohnung von 1000 Euro für Hinweise auf den oder die Täter aus, ein besonders betroffener Waldbesitzer erhöhte um 4000 Euro. Sogar Dienstpläne der örtlichen Feuerwehren wurden durchforstet auf der Suche nach dem Feuerteufel. Doch der Täter blieb ein Phantom.
Mit Beginn der Corona-Pandemie schien die rätselhafte Serie ein Ende zu finden. Möglicherweise erschwerte zunächst der Lockdown das kriminelle Tun des Täters. Ganz vorbei war die Serie allerdings nie, wie die Einsatzberichte der örtlichen Feuerwehren belegen. Einzelne kleinere Feuer nahe der Putzbrunner Straße, in Waldtrudering oder bei Keferloh waren jeweils schnell gelöscht. Welche der mindestens elf Flächenbrände seit 2020 möglicherweise im Zusammenhang mit der Serie stehen, blieb offen.
Bei dem jüngsten Waldbrand am Samstag war das nun anders. Schon im internen Einsatzbericht der Polizei soll von auffallenden Parallelen zur Serienbrandstiftung der Jahre 2017 bis 2019 die Rede gewesen sein. Mit drei Löschrohren, einem mobilen Wasserwerfer und Feuerpatschen brachten die Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehren aus Perlach, Waldperlach und Riem nach eigenen Angaben das Feuer schnell unter Kontrolle.
„Ein Übergreifen der Flammen auf den benachbarten Wald konnte verhindert werden“, bilanzierten die Einsatzkräfte. „Die Löschfahrzeuge der Freiwilligen Feuerwehr sind mit Geräten zur Wald- und Flächenbrandbekämpfung ausgestattet und durch ihre Geländefähigkeit eine wichtige Unterstützung bei der Vegetationsbrandbekämpfung.“