Eintracht Frankfurt besiegt Ajax Amsterdam in Europa League: „Gute Geschichte“ | ABC-Z

Es hätte schlimmer kommen können. Das wussten alle. Und deswegen ordnete der Eintracht-Tross das Resultat, das trotz der Schwerstarbeit, die damit verbunden war, noch nicht mehr als ein Zwischenergebnis mit beschränkter Aussagekraft ist, in einer Mischung aus maßvollem Wohlbehagen und dem merklichen Willen, bei nächster Gelegenheit darauf aufbauen zu wollen, vor allem mit sachlichen Statements ein. Das Erreichen des Viertelfinals der Europa League ist für die Mannschaft mehr denn je zu einem realistischen Ziel geworden. Aus dem ersten Aufeinandertreffen mit Ajax Amsterdam nahm sie einen 2:1-Sieg mit, der nach allgemeinem Dafürhalten als Mutmacher taugt.
Am nächsten Donnerstag, wenn es im zweiten und entscheidenden Teil der Auseinandersetzung zum Wiedersehen im Stadion im Frankfurter Stadtwald kommt, kann sich das Team von Trainer Dino Toppmöller mit berechtigter Zuversicht ans Werk machen, denn sie hat gemerkt, dass sie über Manpower und taktische Mittel verfügt, diesem Gegner Grenzen aufzuzeigen.
Am ehesten wird sie dabei reüssieren können, wenn es den Spielern zuverlässiger als in der niederländischen Hauptstadt gelingt, ihre Antriebskraft fortwährend auf hoher Stufe zu halten. Individuelle Aufmerksamkeitsdefizite und kollektive Störungen in der Energieversorgung zwischen den Mannschaftsteilen, die anfangs für Momente höchster Unsicherheit sorgten, überstanden sie mit reichlich Glück (des Tüchtigen).
Toppmöller: „Gute Ausgangsposition“
Ihr Trainer sagte vor dem Heimflug nach Hessen, dass noch lange nichts gewonnen sei: „Das Ergebnis verschafft uns eine gute Ausgangsposition, mehr aber auch nicht.“ Im Entwicklungs- und Emanzipationsprozess, den seine Elf nach dem Verlust ihres Goalgetters Omar Marmoush weiterhin durchläuft, sah Toppmöller gerade die jungen Leute im Kader um die wichtige Erfahrung auf internationaler Bühne bereichert, dass sie vor allem dann (noch) mehr werden erreichen können, wenn sie sich wenig von äußeren Umständen irritieren lassen.
Nach dem frühen Rückstand durch Brian Brobbey, der die Unentschlossenheit von Ellyes Skhiri und Torwart Kevin Trapp mit dem Kopf ausnutzte (10. Minute), hätten seine Leute eine „fantastische Reaktion“ gezeigt und auch der lautstarken Atmosphäre vor 54.000 Besuchern getrotzt. „Sie hat das richtig gut gemacht“, lobte Toppmöller seine Mannschaft. Treffer von Hugo Larsson (27.) und Skhiri (70.) wendeten das Blatt und zogen auch den Ajax-Supportern emotional den Stecker – sie wurden zusehends stiller.
„Psychologisch war es wichtig, hier zu bestehen“, sagte Toppmöller, der verlangte, dass „man alles in Relation setzten sollte“. Damit zielte er ab auf die vorherige Kritik, die auf ihn und seine Mitstreiter nach den deftigen Niederlagen gegen den FC Bayern (0:4) und Bayer Leverkusen (1:4) in der Bundesliga eingeprasselt war. „Wir bleiben ruhig“, gab er Einblick in den klubinternen Umgang mit krisenhaft anmutenden Situationen. Niemand von ihnen habe in den vergangenen Tagen „am Boden zerstört“ darniedergelegen. Zugleich gebe es nun keinen Grund, himmelhoch jauchzend in Übermut zu verfallen: „Hier fliegt heute keiner aus dem Stadion“, sagte der 44-Jährige, der „Resilienz“ und „Willensstärke“ sowie „gute Zweikampfführung“ hervorhob, die der Eintracht halfen, unter Druck Tritt zu fassen.
Defensiv tat sich neben Larsson maßgeblich Arthur Theate hervor, der in kniffligen Aktionen durch Übersicht und Bestimmtheit im Umgang mit dem Ball Gefahr abwendete. Über rechts sorgte Ansgar Knauff mit Dribblings und Sprints nach vorne für Wirbel, 86 Prozent seiner Pässe fanden wie gedacht den Abnehmer – so ermöglichte er Skhiri seinen ersten Europa-League-Treffer. „Wir haben uns vom Gegentor nicht aus dem Konzept rausbringen lassen“, sagte Knauff später, „wir waren uns klar, dass wir bei uns bleiben, egal, was passiert.“ Das, so fügte der 23-Jährige an, der zu den fünf Verbliebenen zählt, die schon 2022 beim Europa-League-Triumph in Sevilla mit von der Partie waren, „wird der Weg“.
Knauff: „Acht Gegentore, das macht was mit einem“
Der Verlauf der zurückliegenden Woche habe bei ihm und den anderen für Unzufriedenheit gesorgt. „Acht Gegentore“, sagte Knauff, „das macht was mit einem.“ So hätten sie sich auf der Reise nach Amsterdam eingeschworen, „dass wir zeigen wollen, dass wir gegen eine Top-Mannschaft mithalten können.“ Das gelang, was einen Schwung an frischem Selbstvertrauen garantiere. „In diesem Stadion so zurückzukommen, ist schon eine richtig gute Geschichte“, hielt Markus Krösche fest, „aber es wird ein enges Rückspiel.“ Der Sportvorstand der Eintracht freute sich, dass neben der „Qualität, die diese Mannschaft hat“, in Amsterdam auch ihre „Widerstandskraft“ sichtbar wurde. Der Sieg, so zeigte er sich überzeugt, werde „die Jungs“ in ihrem Glauben an die eigene Stärke festigen.
Dass es sich bei der Offensive nach wie vor um eine offene Baustelle größeren Ausmaßes handelt, die von Toppmöller bei der Suche nach einer funktionierenden Formation für die Nach-Marmoush-Zeit noch einiges an handwerklichem Geschick abverlangen wird, gehört ebenfalls zu den Eindrücken, die das erste Duell mit Ajax lieferte. Krösche nahm es gelassen zur Kenntnis. Hugo Ekitiké war 82 Minuten dabei, rannte viel, mühte sich redlich und gab drei Schüsse ab, die das Tor verfehlten. Sein für ihn eingewechselter Landsmann Elye Wahi fügte seiner Reihe an unauffälligen Kurz-Einsätzen einen weiteren hinzu. Der Franzose, für rund 25 Millionen Euro Ablöse aus Marseille gekommen, war insgesamt nur viermal an der Kugel – und verlor sie dreimal ziemlich unbedarft. Michy Batshuayi, ebenfalls im Winter für rund zwei Millionen von Galatasaray Istanbul erworben, durfte ein weiteres Mal gar nicht mitmachen.
Krösche äußerte sich lediglich zu Wahi, wobei er auffällig (zweck-)optimistisch klang. „Lasst ihm mal Zeit und Ruhe“, sagte er vor den Mikrofonen und Kameras in den Katakomben der Johan-Cruijff-Arena, „er hat unheimliche Fähigkeiten.“ Wahi müsse erst vernünftig „integriert“ werden, „die Abläufe müssen passen“. Dass der Zweiundzwanzigjährige „Tore erzielen und Vorlagen liefern kann“, habe er „schon auf hohem Niveau bewiesen“. Gleiches werde im Frankfurter Trikot gewiss folgen, schlussfolgerte Krösche. An diesem Sonntag, im Liga-Heimspiel gegen Union Berlin (15.30 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Bundesliga und bei DAZN) gibt es schon die nächste Gelegenheit, die Behauptung durch konkrete Tatsachen zu bestätigen.