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Deutschland und Dennis Schröder gewinnen Finale der Basketball-EM 2025 | ABC-Z

Das, was Dennis Schröder aus Braunschweig und Franz Wagner aus Berlin wissen, kann einen Sportler erdrücken. Sie stehen an diesem Sonntagabend in der Arena in Riga, wo in einer Stunde das Finale der Basketball-Europameisterschaft beginnen wird. Sie stehen dort und wissen: Wenn sie gleich nicht gut genug sind, wird ihre Mannschaft nicht gut genug sein.

Schröder und Wagner sind die beiden besten deutschen Basketballspieler. Schröder hat Cap und Kopfhörer auf dem Kopf, Wagner wuscheliges Haar. Schröder sieht aus wie ein Rapper, Wagner wie ein Poetry-Slammer mit Muskeln. Schröder ist der Schnellste, Wagner der Stürmischste. Wegen ihnen hat die deutsche Nationalmannschaft 2023 das erste Mal die Weltmeisterschaft gewonnen. Und wegen ihnen kann sie gleich das zweite Mal die Europameisterschaft gewinnen. Weil das, was sie wissen, sie eben nicht erdrückt.

13:2 – Auszeit Deutschland

Wenn Schröder und Wagner eine Stunde vor dem Beginn des Finales auf die andere Seite des Spielfelds schauen würden, würden sie dort einen Mann sehen, der auf seine Art erdrückend sein kann. Alperen Şengün aus der Türkei ist nicht der Schnellste und nicht der Stürmischste, aber bei diesem Turnier ist er bisher der Beste. Und doch wird auch er wissen, dass er an diesem Abend noch etwas besser sein muss.

Das Spiel beginnt. Schnell wird Wagner, der Stürmischste, gefoult und macht mit den folgenden Freiwürfen die ersten beiden deutschen Punkte. Doch da haben die Türken schon fünf Punkte gemacht. Sie machen nach Wagners Freiwürfen auch die nächsten fünf. Und dann die nächsten drei. 13:2. Auszeit Deutschland.

Es ist wieder Wagner, der etwas entgegensetzt. Mit einem Dreipunktewurf, mit dem er sonst seine Schwierigkeiten hat. Und auch an diesem Abend seine Schwierigkeiten haben wird, weil es dann trotz weiteren Versuchen bei diesem einen Treffer bleibt. In den nächsten Minuten sieht man dann, dass die deutsche Mannschaft aber nicht nur Schröder und Wagner ist, sondern etwa auch Isaac Bonga, der sieben deutsche Punkte am Stück schafft. Als dann auch Schröder zwei Freiwürfe trifft, steht es 14:14. Es ist ein gutes Spiel. Es wird noch besser.

Was ist mit Şengün, der an diesem Abend doch der Beste sein muss? Als Wagner mit dem Ball springt, schlägt ihm Şengün auf den Arm. Foul, schon sein zweites. Er darf sich damit nur noch zwei leisten. Doch die Türken wiederum können sich sogar ein paar Minuten ohne Şengün erlauben, weil sie Shane Larkin und vor allem Cedi Osman haben, der einer dieser Spieler ist, der in seiner Mannschaft nie der Beste ist, aber manchmal glaubt, der Beste zu sein. Und was soll man sagen? Im wahrscheinlich größten Spiel seines Lebens versenkt Osman sechs von neun Dreiern und macht 23 Punkte. Das ist groß.

Was ist mit Dennis Schröder?

Dann legt Şengün doch los. Er lässt sich immer an derselben Stelle auf der linken Seite mit dem Ball anspielen, von dort schiebt er seine Verteidiger mit allem, was er hat, von Oberarm bis Hinterteil, Schritt für Schritt in Richtung des Korbs. Das ist erdrückend. Und trotz der Tatsache, dass kurz danach dann das dritte Foul gegen ihn gepfiffen wird, führt sein Team zur Halbzeit. 46:40.

Was ist mit dem Schnellsten, was ist mit Dennis Schröder? In der ersten Halbzeit hat er – wenn man die beiden Freiwürfe nicht mitzählt – einmal auf den Korb geworfen. Das ist nicht gut genug, um dieses Spiel zu gewinnen. Im dritten Viertel spielt Schröder dann besser, aber gemessen an den Erwartungen weiter nicht gut. Schröder ist immer noch nicht so schnell, Wagner nicht mehr so stürmisch, wie er sein muss. Und so muss man sich mitten in diesem Finale die Frage stellen: Werden sie etwa doch von dem Moment erdrückt?

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Die Deutschen atmen trotzdem auf, weil nach Bonga nun die nächsten beiden einspringen: Tristan da Silva (18 Punkte) und Johannes Thiemann (7 Punkte). Am Ende des dritten Viertels führt die Türkei nur noch mit einem Punkt. 67:66. Es ist ein sehr gutes Spiel. Es wird, wie man sich das für ein Finale wünscht, das beste des Turniers werden.

Die Türken sind am besten, wenn sie mit dem Besten angreifen: Şengün wird am Ende mit 28 Punkten die meisten aller Spieler haben. Und nicht nur deswegen kann man auch am Ende weiter die These vertreten, dass er der beste Spieler des Turniers war. Auch wenn ein deutscher später dazu ernannt wird.

Deutschland jubelt über den Sieg, die Türken leiden.
Deutschland jubelt über den Sieg, die Türken leiden.Reuters

Das ist nicht Isaac Bonga, der seine Mannschaft mit einem Dreipunktewurf aber das erste Mal in diesem vierten Viertel in Führung bringt. 77:76. Es geht hin, es geht her. Als nur noch 94 Sekunden zu spielen sind, sind die Türken wieder vorne, weil Larkins schneller als seine Verteidiger ist. 83:82. Larkin ist schnell, Schröder ist schneller. Und auf einmal so gut, wie er sein muss.

Er dribbelt mit dem Ball zum Korb, wo die großen Spieler der Türken schon auf ihn warten, doch er springt und wirft den Ball so geschickt über die großen Spieler drüber. 84:83. Danach stoppen die Deutschen die Türken. Und die Türken stoppen die Deutschen. Eigentlich. Doch als Daniel Theis den Ball gegen den Ring wirft, schnappt ihn sich kein Spieler der Türkei, sondern wieder Bonga. Der passt zu Schröder. Der dribbelt, stoppt, springt, wirft. Treffer. 86:83. Auszeit Türkei.

Champions: Deutschland ist Basketball-Europameister
Champions: Deutschland ist Basketball-EuropameisterReuters

An der Seitenlinie findet der Bundestrainer Álex Mumbrú, der wegen seiner Baucherkrankung seit Tagen so energielos aussieht, auf einmal die Energie, um Schröder in den Arm zu nehmen. Doch was auch Mumbrú weiß: ohne Bonga-Rebound keine Schröder-Punkte. Bonga – 20 Punkte, 5 Rebounds, 3 Assists und perfekter Statistik beim Dreipunktewurf (4/4) – wird später als Spieler des Spiels ausgezeichnet. Es war eine Leistung, die man erwarten konnte, aber nicht erwarten durfte. Es war vor allem aber eine Leistung, die gebraucht wurde.

Die Türken brauchen nun einen Dreipunktewurf. Şengün bekommt den Ball, aber weil die Deutschen so gut verteidigen, bekommt er nur einen Wurf, der schwer ist, zu schwer, selbst für ihn. Der Ball fliegt gegen, nicht durch, den Ring. Schröder schnappt ihn sich. Die Türken müssen foulen. Als Schröder an der Freiwurflinie steht, rufen die deutschen Fans in der Halle: MVP, MVP. Und spätestens als er beide Freiwürfe trifft, zum 88:83, zum Endstand, weiß man: Der Moment hat ihn doch nicht erdrückt. Der Moment hat ihn angetrieben.

Später wird er in das Team des Turniers gewählt (wie auch Franz Wagner, der das Finale mit 18 Punkten beendet). Und er wird dann auch zum Spieler des Turniers gewählt.

Dennis Schröder (16 Punkte, 12 Assists) war gut genug. Doch es ist die große Botschaft dieses großen Basketballspiels, dass er das Finale der Europameisterschaft nur deswegen gewinnen konnte, weil seine Mitspieler davor verhindert haben, dass er es verliert.

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