Sonderausstellung in Pähl: Das Kupfergeschirr der Kaiser und Könige – Starnberg | ABC-Z

Den glänzenden Kupferkessel mit den beiden Griffen hat Siegfried Kuhnke direkt gegenüber der Tür postiert. Das Gefäß ist eines seiner Lieblingsstücke. „Ein Prachtexemplar, herrlich gearbeitet“, schwärmt der Sammler von Kupfergegenständen. Stempel und Königsmarke belegen, dass der Kessel aus der Wiener Hofburg stammt. Kuhnke deutet auf die Initialen „K. K.“ für kaiserlich-königlich, den österreichischen Doppeladler und die Buchstaben „H. Z.“ für Hofzuckerbäckerei. Das rot-goldene Kochgeschirr diente Anfang des 19. Jahrhunderts zum Rösten von gebrannten Mandeln und zum Schmelzen von Schokolade.
Kuhnke kostete es einige Mühe, bis er das Stück einem Sammler aus Dresden abkaufen konnte. Doch der Kunsthändler und frühere Sachverständige für unedle Metalle der IHK München hatte einen Trumpf: einen Kupferkessel aus dem Dresdner Königshaus. Dem konnte der ostdeutsche Lokalpatriot nicht widerstehen – das Tauschgeschäft gelang. Auf dem freien Markt sind Stücke aus der Wiener Hofburg selten und teuer, so der 90-jährige.
Ein anderes Mal hatte Kuhnke bei einer Versteigerung auf Schloss Marienburg bei Hannover den richtigen Riecher. Unter den Hammer kam Kupfergeschirr aus den Sammlungen des Königshauses Hannover. „Ich ersteigerte eine große Anzahl von Formen, Töpfen, Kasserollen, Rainen und Kesseln“, erzählt er bei einer seiner spannenden Führungen durch sein Kupfermuseum. In alle war mit sogenannten Schlagstempeln das typische Welfenross eingeschlagen und Zeichen, die Hinweise auf den jeweiligen Herrscher, Hofküche und Hersteller gaben. Das machte es leichter, Töpfe und Deckel, die teilweise getrennt verkauft wurden, wieder zusammenzuführen.
Die Welfen besaßen einst eine eigene Kupfermine. Deswegen ist ihr Kochgeschirr dickwandiger als das aus anderen Königshäusern, erklärt Kuhnke, während er leicht über den Rand eines Topfes streicht. 2016 eröffnete er sein privates Museum im Pähler Ortsteil Fischen (Landkreis Weilheim-Schongau) in einem 250 Jahre alten denkmalgeschützten Gutshof. Seitdem betreibt er das Museum ohne staatliche Unterstützung. Die etwa 1500 Exponate umfassende Sammlung konzentriert sich auf historische Kupfergegenstände aus dem 17. bis 19. Jahrhundert. Im April kam zur Dauerausstellung im ersten Stock die etwa 230 Quadratmeter große Säulenhalle im Erdgeschoss für die Sonderausstellung „Kaiserliches & Königliches Küchenkupfer“ dazu.


In einer Vitrine steht ein kleines Kupfertöpfchen mit Deckel. Darin soll einst der Babybrei von Sisi, der späteren Kaiserin von Österreich, gekocht worden sein. „S. P.“ – Schloss Possenhofen – und eine Königskrone sind in das Metall geprägt. Das Töpfchen wurde Kuhnke nach dem Verkauf des Schlosses angeboten. Die Wittelsbacher waren übrigens äußerst sparsam, weiß Kuhnke und zeigt auf den Boden eines großen Topfes. Dort hatten Kesselflicker schmale Kupferstreifen angenietet, um Löcher zu stopfen. Auch eine Kupferkanne von König Ludwig II. gehört zu Kuhnkes Sammlung. Zwei ineinander verschlungene Buchstaben und eine große Krone weisen auf den Märchenkönig hin. Ein Mann aus Sachsen hatte die Kanne angeboten. Er hatte offensichtlich nicht gewusst, was der Schlagstempel verrät.
Von lukullischen Festmahlen und der aufwendigen Zubereitung repräsentativer Speisen erzählen die Objekte aus den Küchen der Wiener Hofburg, den Schlossküchen von Berlin und Potsdam, sowie den Küchen der Wittelsbacher in München und Schloss Possenhofen. Auch das Zarenhaus ist mit einem prachtvollen Samowar und einem Satz Stielkasserollen vertreten. „Oft mussten über 500 Gäste bewirtet werden“, erzählt der Sammler. Es gibt Formen für Pasteten, Pudding und Desserts: Hummer, Schildkröten, Lämmer, Hasen, Löwen, Fischformen, in denen in der Fastenzeit Fleischgerichte versteckt wurden, eine Schweineform für Sülze. Unzählige Gugelhupfformen ergänzen die Sammlung. Geometrische Muster, Kordel-, Schuppen-, Wirbeldekor – die Fantasie und die Handwerkskunst der Kupferschmiede schufen das wildeste Backgeschirr.
„Diese Formen in kompliziert herzustellenden architektonischen Ausformungen inspirierten die höfische Patisserie-Kunst zu immer gewagteren Süßspeisen-Experimenten“, erklärt Tochter Madlon von Kern. Die Kunsthistorikerin wechselt sich mit ihrem Vater mit den Führungen ab. Um eine solche Form in Handarbeit herzustellen, benötigte ein Kupferschmied bis zu 40 000 Hammerschläge.


Nicht nur für Kuhnke sind die Kuchenformen weit mehr als bloßes Kochgeschirr. Sein größter Konkurrent auf den Auktionen war der 2010 verstorbene Kunstsammler Rudolf Leopold, Gründer des Wiener Leopoldmuseums. „Er hat ein Millionen Euro teures Gemälde von Egon Schiele zwischen kupfernen Gugelhupfformen präsentiert. So manche Museumsbesucher rümpften die Nase“, erzählt Kuhnke. Er selbst kann das dagegen gut verstehen. „Für Leopold nahmen diese Formen die Moderne vorweg.“
Eine kleine Form sieht aus wie eine Burg mit Zinnen. 1909 steht auf dem Gefäß. Darin wurde in der Hohenzollener Schlossküche in Berlin der Frühstückskuchen von Kaiser Wilhelm gebacken. „Er liebte es, jeden Tag eine Burg zu vernichten“, scherzt Kuhnke. Das Kochgeschirr kann heute noch genutzt werden. Kuhnkes Frau Evelyn hat Gugelhupfformen schon zum Kuchenbacken verwendet – vorausgesetzt, sie sind innen verzinkt. Andernfalls könnte giftiger Grünspan, der entsteht, wenn Kupfer mit Sauerstoff, Wasser und Säuren reagiert, ins Gebäck gelangen. Das Putzen der Kupfergerätschaften übernahmen früher „Küchenbuben“ oder „Kesselreiber“. Heute macht Siegfried Kuhnke das am liebsten selbst. Das rötlich glänzende Material reibt er am Schluss mit einer Schutzschicht aus Antikwachs ein. Nicht jedes Objekt müsse allerdings funkeln. Im Gegenteil. Manche Stücke gewinnen durch ihre natürliche Patina für Sammler sogar an Wert, erklärt Kuhnke.
Die Sonderausstellung „Kaiserliches & Königliches Küchenkupfer“ ist im Säulensaal des Kupfermuseums, Pähl-Fischen, Herrschinger Straße 1, zu sehen. Die Öffnungszeiten sind mittwochs bis samstags von 11 bis 16 Uhr. Gruppen nach Voranmeldung unter Telefon 0172/82 28 60 0.