Neujahrsansprachen : Scholz lobt „Erfolgsgeschichte Deutschlands“ – Macron gesteht Fehler ein | ABC-Z

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat in seiner Neujahrsansprache zum Zusammenhalt aufgerufen – auch und gerade nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg. „Fassungslos stehen wir vor dieser menschenverachtenden Tat. Wie kann ein wahnsinniger Attentäter nur so viel Leid verursachen?“, sagte Scholz in der vorab aufgezeichneten Rede, die am Silvesterabend ausgestrahlt wird. Er warb um „Respekt voreinander“ und „Vertrauen zueinander“.
Kraft um auch nach einer solchen Tat weiterzumachen, entstehe aus Zusammenhalt „und wir sind ein Land, das zusammenhält“, sagte der Kanzler weiter. Dies sei gerade auch in Magdeburg selbst zu spüren gewesen. Bei dem Anschlag kurz vor Weihnachten waren fünf Menschen getötet und weit mehr als 200 weitere verletzt worden.
„Denken wir an die unzähligen Ersthelfer, Krankenpflegerinnen und Sanitäter, an die Ärztinnen und Ärzte, die bis zur Erschöpfung und darüber hinaus Verwundete versorgt, operiert und behandelt haben“, sagte er. „Hochprofessionell gehandelt“ hätten auch Polizei und weitere Einsatzkräfte und auch „viele der Weihnachtsmarktbesucher selbst haben spontan geholfen“.
Kritik übte Scholz daran, dass nach dem Attentat „wilde Gerüchte durchs Internet und die sozialen Medien geisterten“. Viele davon hätten sich als unwahr herausgestellt. „Sowas tut unserem Land nicht gut“, warnte der Kanzler in seiner Neujahrsansprache. Wo es allerdings bei den Sicherheitsbehörden tatsächlich Versäumnisse gegeben habe, „da werden diese aufgeklärt und abgestellt“, machte er auch deutlich.
„Wir sind kein Land des Gegeneinanders, auch nicht des Aneinander-Vorbei, sondern ein Land des Miteinanders“, betonte Scholz. „Und daraus können wir Kraft schöpfen – erst recht in schwierigen Zeiten wie diesen“, verwies er auch auf andere aktuelle Herausforderungen, denen sich Deutschland stellen müsse. „Unsere Wirtschaft hat zu kämpfen“, räumte der Kanzler ein und: „Das Leben ist teurer geworden.“
„Kühlen Kopf bewahren“ in Bezug auf Krieg
Viele blickten auch „mit einem Gefühl wachsender Beklemmung auf Russlands brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine“, sagte Scholz. „Ich versichere Ihnen, dass wir die Ukraine nicht alleine lassen und weiter unterstützen wie niemand sonst in Europa“, stellte er klar. Zugleich werde die Regierung aber auch weiterhin einen „kühlen Kopf bewahren, damit der Krieg sich nicht ausweitet“.
Scholz verwies in seiner Ansprache auch auf die „Erfolgsgeschichte Deutschlands“. Mit einem Prozent der Weltbevölkerung sei das Land „die drittgrößte Wirtschaftsmacht der Welt“, weil „wir fleißig sind“ und „weil heute mehr Frauen und Männer arbeiten gehen als je zuvor in unserer Geschichte“. Auch Arbeiterkinder könnten „auf eine ordentliche Schule gehen“ und jeder und jede könne medizinisch gut behandelt werden. Und „kaum ein Land hat international so viele Freunde und Partner wie Deutschland“.
Mit Blick auf die Bundestagswahl am 23. Februar rief Scholz dazu auf, wählen zu gehen. „Wie es in Deutschland weitergeht, das bestimmen Sie, die Bürgerinnen und Bürger. Darüber entscheiden nicht die Inhaber sozialer Medien“, hob er hervor. „Nicht, wer am lautesten schreit, bestimmt darüber, wie es in Deutschland weitergeht, sondern die ganz große Mehrheit der Vernünftigen und Anständigen.“
Selenskyj: „Ich habe keinen Zweifel, dass der neue amerikanische Präsident Frieden will“
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bekräftigt in seiner Neujahrsansprache, dass sein Land weiter für Frieden kämpfen werde. „Wir wissen, dass uns der Frieden nicht geschenkt wird, aber wir werden alles tun, um Russland zu stoppen und den Krieg zu beenden“, sagt Selenskyj in der 21-minütigen Videobotschaft. Er äußert sich zuversichtlich über eine Fortsetzung der US-Hilfen auch unter dem designierten US-Präsidenten Donald Trump.
„Ich habe keinen Zweifel, dass der neue amerikanische Präsident Frieden will und in der Lage sein wird, Putins Aggression zu beenden.“ Russland könne man weder im Kampf noch in Gesprächen trauen. „Wenn Russland heute deine Hand schüttelt, bedeutet das nicht, dass dieselbe Hand dich morgen nicht töten wird.“ Für das kommende Jahr kündigte der ukrainische Staatschef an, sein Land weiter zu stärken. „Nur ein starkes Land wird respektiert und gehört – sowohl auf dem Schlachtfeld als auch am Verhandlungstisch.“
Macron gesteht Fehler ein
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat in seiner Neujahrsansprache angekündigt, die Bürger in diesem Jahr über „entscheidende Themen“ abstimmen zu lassen. „Die Hoffnung, der Wohlstand und der Frieden des kommenden Vierteljahrhunderts hängen von unseren heutigen Entscheidungen ab“, sagte Macron. Er werde die Franzosen daher bitten, 2025 über „einige entscheidende Fragen“ abzustimmen. Er deutete damit die Abhaltung eines oder mehrerer Referenden oder die Einberufung neuer Bürgerräte an.
In seiner Ansprache räumte Macron an, dass die Auflösung des Parlaments im Sommer „mehr Spaltungen in der Nationalversammlung als Lösungen für die Franzosen gebracht“ habe. Die Entscheidung habe „zum jetzigen Zeitpunkt mehr Instabilität als Ruhe hervorgebracht“.
Der Präsident rief alle Parteien auf, sich für „gute Kompromisse“ und „Stabilität“ einzusetzen. „Denn wir können es uns nicht leisten, zu warten. Das Jahr 2025 muss ein Jahr des Handelns sein“, sagte der Staatschef.
Seit den vorgezogenen Neuwahlen Ende Juni hat die Regierung keine Mehrheit mehr. Die Nationalversammlung ist in drei Blöcke gespalten.
Macron hatte Mitte Dezember den Zentrumspolitiker François Bayrou zum neuen Premierminister ernannt. Er trat die Nachfolge des konservativen Regierungschefs Michel Barnier an, der durch ein Misstrauensvotum infolge eines Haushaltsstreits gestürzt worden war.
Bayrou ist bereits der sechste Premierminister während Macrons Amtszeit und der vierte in diesem Jahr. Dabei war jede Amtszeit kürzer als die des jeweiligen Vorgängers. Am kürzesten war mit nur drei Monaten Bayrous Vorgänger Barnier im Amt.