Banksy in London: Hausbesitzer lässt Kunstwerk entfernen – Panorama | ABC-Z

Auf der anderen Seite des Flusses sind die Superhippen, die Künstler, immer was los da drüben. Auf dieser Seite des Flusses sind die Poshen. Die Reichen. Der größte Skandal auf dieser Seite des Flusses ist aktuell die Sache mit der Frau im Golfklub in Richmond, die rausgeworfen wurde, weil sie beim Eintragen ihrer Golfergebnisse betrogen haben soll, wogegen sie aber nun klagt, sie will 37 000 Pfund Schadenersatz und die Wiederaufnahme. Große Berichterstattung in Daily Mail und Times, inklusive Zitat der tief getroffenen Vize-Kapitänin des Frauenteams, „cheating“ gehe direkt „ins Herz“ des Golfens, „absolutely terrible“.
Die Themse trennt die Weltmetropole London in zwei ungleiche Teile, und im wunderschönen und idyllischen Kew im Süden haben sich einige schon recht gefreut, als endlich auch mal einer wie der superhippe Streetart-Künstler Banksy über den Fluss gekommen ist, um eine Wand zu beschmieren. Über einen Vorsprung an der Stirnwand eines Eckhauses am Kew Green sprühte er über Nacht einen Steinbock, der zunächst irrtümlicherweise für eine Ziege gehalten wurde, dazu Felsstücke, die hinunterfallen.
Das war im vergangenen Sommer, in der Nachbarschaft am Kew Green wurde aufgeregt diskutiert, was der Steinbock nun bedeuten könnte. Es ging beim Straßen-Small-Talk bisweilen zu wie beim Stammtisch der pensionierten Feuilletonisten, die Gesellschaft, ach, die Politik, „the goat“, das bröckelnde Gestein, sicherlich zeitgeistkritisch gemeint, nicht wahr? Auf jeden Fall war man in Kew stolz auf „unseren Banksy“, wie eine Frau nebenan sagt. Auf der Brücke vor dem Haus standen ständig Leute und machten Fotos.
Und jetzt: ist er weg.
Die ganze Woche lang haben Arbeiter einer Firma den Banksy-Steinbock rausgeschnitten, das ganze Tier, inklusive Felsbröckelchen, wobei sie den untersten aufgemalten Stein versehentlich halbierten. Ja, puh, sagt einer der Arbeiter am Freitag auf dem Gerüst stehend, die Jungs hätten ganz schön hart gearbeitet, er sagt „the lads“, der Mann kommt aus Nordengland, wo es auch schön ist, aber wirklich sehr unhip. Eine ganze Woche sei er jetzt schon hier im verdammten London, „I’m so homesick, mate“. Hinter ihm klafft ein sauber herausgeschnittenes Loch in der Wand.

Die Firma heißt Fine Art Restoration, spezialisiert auf das Entfernen und Restaurieren von Kunst. Banksys hätten sie schon mehrere herausgeschnitten, sagt der Arbeiter. Aber der hier sei der schwierigste gewesen, schon wegen der Größe.
Der Besitzer des Hauses, angeblich Millionär und Anteilseigner an einer Supermarktkette, wolle den Banksy eben behalten, deshalb habe er ihn entfernen lassen. Donnerstagnacht wurde das mehrere Meter große Wandstück auf einen Laster verladen und nach Carlisle gebracht, wo die Firma ihren Sitz hat und ein Lager, in dem derlei Stücke aufbewahrt werden und so präpariert, dass sie dann ausgestellt werden können. Der Besitzer des Hauses betreibt in dem Gebäude eine Waffenwerkstatt, auf Anfrage teilt die dort eingetragene Firma mit, die Entfernung des Kunstwerks sei nötig geworden wegen „struktureller Veränderungen des Gebäudes“. Es werde ein weiteres Stockwerk hinzugefügt.
Der Besitzer des Hauses habe gesagt, dass er dafür sorgen werde, dass die Leute den Banksy irgendwann wieder anschauen könnten, so erzählt man es sich in der Nachbarschaft. Wann und vor allem wie, das weiß niemand, aber man hofft halt.
Das Ding wieder einsetzen? „Pfft“, sagt der Arbeiter. Sein Kollege schüttelt den Kopf, „man“, sagt er, „no way“.