Angriff auf Krankenhaus in Gaza: Baerbock und Israels Regierung kritisieren sich gegenseitig | ABC-Z

Angriff auf Krankenhaus in Gaza
Baerbock und Israels Regierung kritisieren sich gegenseitig
14.04.2025, 07:00 Uhr
Israel greift das letzte voll funktionale Krankenhaus im Gazastreifen an. Annalena Baerbock kritisiert den Angriff, das israelische Außenministerium kontert gereizt. Das WHO und die anglikanische Kirche, die die Klinik betreibt, widersprechen den Aussagen von Israels Armee jedoch.
Annalena Baerbock hat den israelischen Angriff auf ein Krankenhaus im Norden des umkämpften Gazastreifens kritisiert. In der Stellungnahme heißt es: “Der grausame Hamas-Terror gehört bekämpft. Aber humanitäres Völkerrecht gilt, mit besonderer Schutzverpflichtung für zivile Orte. Wie soll ein Krankenhaus in weniger als 20 Minuten evakuiert werden?” Der Text auf Baerbocks X-Account deckt sich mit einer Stellungnahme des Auswärtigen Amts.
Israels Regierung reagierte gereizt auf die deutsche Stellungnahme. Es habe sich um einen “präzisen Angriff” auf ein einzelnes Gebäude gehandelt, das von der islamistischen Hamas als Kommando- und Kontrollzentrum genutzt worden sei, schrieb das israelische Außenministerium auf der Plattform X. Beweise lieferte es dazu nicht. “Wir würden eine klare und scharfe Verurteilung der Nutzung von Krankenhäusern durch die Hamas erwarten und keine Rhetorik, die die Hamas zum fortgesetzten Missbrauch der zivilen Infrastruktur ermutigt”, antwortete Israels Außenministerium.
Patienten und Angestellte hätten 18 Minuten Zeit gehabt, das Krankenhaus zu verlassen, meldete die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa. Auch Augenzeugen bestätigten dies. Die anglikanische Kirche in Jerusalem, die die Klinik leitet, berichtete ebenfalls von rund 20 Minuten Zeit, um zu evakuieren. Die Kirche rief “alle Regierungen und Menschen guten Willens” auf, “einzugreifen, um alle Arten von Angriffen auf medizinische und humanitäre Einrichtungen zu stoppen”. Die Klinik war laut Wafa in den vergangenen Monaten die wichtigste verbliebene medizinische Einrichtung im Norden des dicht besiedelten Küstengebiets – und die einzige, die noch voll funktionsfähig gewesen sei.
WHO: Angriffe auf Gesundheitsversorgung müssen aufhören
Die Notaufnahme, das Labor, Röntgengeräte und die Medikamentenausgabe seien zerstört worden, schrieb WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus auf X unter Verweis auf den Klinikdirektor. 50 Patienten seien verlegt worden, 40 Schwerkranke hätten vor dem Angriff nicht mehr in Sicherheit gebracht werden können. Ein Kind sei gestorben, weil es nicht versorgt werden konnte. “Krankenhäuser sind durch das humanitäre Völkerrecht geschützt”, schrieb Tedros. “Angriffe auf die Gesundheitsversorgung müssen aufhören.”
Der US-Sender CNN berichtet mit Verweis auf gesichtetes Videomaterial, dass die Notaufnahme und der Empfangsraum massiv beschädigt seien. Laut dem palästinensischen Gesundheitsministerium bleibt das Krankenhaus nun vorerst geschlossen.
In dem angegriffenen Gebäude habe es keine medizinischen Aktivitäten gegeben, hieß es dagegen in der Darstellung des israelischen Außenministeriums. Auch sei das Krankenhausgelände bei dem Angriff nicht weiter beschädigt worden, sodass es für weitere Behandlungen betriebsbereit bleibe.
Es brauche “einen festen Waffenstillstand” im Gazastreifen, schrieb Baerbock auf X. Die von der Hamas weiter festgehaltenen Geiseln müssten freigelassen und Lieferungen mit humanitärer Hilfe in das abgeriegelte Küstengebiet gelangen. “Sonst gibt es nur noch mehr Leid, Hass & Vertreibung.” Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz hatte zuvor eine Ausweitung des Militäreinsatzes im Gazastreifen angekündigt.
Seit mehr als einem Monat lässt Israel keine humanitären Hilfsgüter mehr in das abgeriegelte Küstengebiet hinein. Mit der Maßnahme, die vor allem die notleidende Zivilbevölkerung trifft, will Israel laut eigenen Aussagen den Druck auf die Hamas erhöhen, die letzten israelischen Geiseln auszuhändigen, die bei dem Terrorüberfall der Hamas und anderer Extremisten auf Israel am 7. Oktober 2023 verschleppt worden waren. Die Hamas ist jedoch nur dann zur Freilassung der 24 verbliebenen lebenden Geiseln und Übergabe von 35 Leichen anderer Entführter bereit, wenn Israel einem Ende des Kriegs zustimmt.