Material & Co. – Profi warnt vor Anfängerfehlern | ABC-Z

Die Zahl der angemeldeten Balkonkraftwerke in Deutschland steigt weiterhin. Anfang 2024 waren bei der Bundesnetzagentur rund 350.000 Balkonsolaranlagen gemeldet, mittlerweile sind es über eine Million. Also kaufen, anstecken, Strom sparen? So einfach, wie es manche Hersteller in der Werbung versprechen, ist es meist nicht. Schon beim Kauf drohen Fehler, die im Schadensfall teuer werden können.
Die korrekte Ausrichtung und der Neigungswinkel der Module seien dabei nicht einmal das größte Problem, sagt Peter Knuth, Vorsitzender des Bundesverbands des Solarhandwerks. So sollten Verbraucher beispielsweise schon vor dem Kauf einige Dinge überprüfen – etwa, ob das Balkongeländer überhaupt für die zusätzliche Belastung geeignet sei. Balkone und Geländer müssen in Deutschland einige Normen erfüllen. Eine Orientierung über die Einhaltung dieser geben in der Regel das Baujahr, der Vermieter oder die Hausverwaltung. Letztere muss ohnehin über das Balkonkraftwerk informiert sein.
Das Gewicht der Solarmodule gleicht zwar in etwa einem Blumenkasten, trotzdem warnt Knuth: „Ein Geländer ist ursprünglich nicht dafür gebaut, Solarmodule samt Halterung zu tragen.“ Zusätzliche Belastungen drohten zudem durch die zur Sonne geneigte Montage. Erst, wenn die Statik gegeben sei, stehe im nächsten Schritt der Kauf von einem geeigneten Balkonkraftwerk an, so der Experte. Doch auch hierbei sollten Verbraucher aufpassen.
Laut Peter Knuth ist die sichere Befestigung der Solarmodule auch bei Balkonkraftwerken extrem wichtig.
© Privat | Beate Knuth
Zur Person
Peter Knuth ist Vorsitzender des Bundesverbands Solarhandwerk (bdsh) und Mitgründer der Photovoltaik-Fachbetriebskette Enerix. Nach einer handwerklichen Ausbildung und einem Maschinenbaustudium entdeckte er 2002 seine Leidenschaft für Solarenergie. Seither engagiert er sich als Unternehmer und Verbandsvertreter dafür, private Haushalte beim Umstieg auf erneuerbare Energien zu unterstützen
Balkonkraftwerk kaufen: Experte empfiehlt dieses Material für Halterung
Mittlerweile gibt es Balkonkraftwerke für Dächer, Fassaden oder für frei stehende Insellösungen. „Wichtig ist, dass die Befestigung zur eigenen Situation vor Ort passt“, sagt Knuth. So müsse sie selbst bei Wind und Wetter sicher halten: „Gerade bei Sturm zeigt sich die Qualität einer Halterung“, warnt der Experte. Eine stabile Befestigung schütze „nicht nur die Anlage selbst, sondern auch die Menschen, die sich darunter aufhalten“.
Im Test der Stiftung Warentest erhielten etliche Balkonkraftwerke wegen instabiler Haltekonstruktionen scharfe Kritik.
„Damit die Unterkonstruktion dauerhaft hält, sollten die Bauteile aus Aluminium oder Edelstahl sein“, rät Knuth zudem. Er empfiehlt, im Zweifelsfall einen Fachbetrieb hinzuzuziehen, der die Befestigung und bei Bedarf auch die Sicherheit der elektrischen Installation überprüft. „Letztlich sollte beim Kauf nicht allein der Preis im Vordergrund stehen“, so Knuth.
Vorsicht bei günstigen Balkonkraftwerken: Diese Normen gelten

Die CE-Kennzeichnung ist ein wichtiges Sicherheitsmerkmal. Sie sollten auf allen Komponenten zu sehen sein.
© dpa | Georg Friedrich Hilgemann
Wichtig ist beim Kauf zudem die CE-Kennzeichnung: „Sie zeigt, dass das Gerät die grundlegenden Anforderungen an Sicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz erfüllt“, erklärt Knuth. Jedes Balkonkraftwerk muss technische Standards erfüllen, die in Deutschland über Normen geregelt sind. Sie seien ein zentraler Sicherheitsfaktor bei Balkonkraftwerken, erklärt Knuth. So schützen die Normen nicht nur die eigene Installation, sondern auch das öffentliche Stromnetz.
Als Beispiele nennt der Experte die Normen DIN VDE V 0126-95 und VDE-AR-N 4105: „Sie sorgen dafür, dass sich ein Balkonkraftwerk bei einer Netzstörung automatisch abschaltet.“ Zwei wichtige Regelungen stehen jedoch noch aus: Zum einen fehlt die finale Fassung der Norm, die künftig 800 statt 600 Watt Einspeiseleistung erlaubt. Zum anderen ist der Anschluss von Balkonkraftwerken über gewöhnliche Haushaltssteckdosen noch nicht abschließend geregelt.
Steckeranschluss für Balkonkraftwerk
In Deutschland wird der Anschluss eines Balkonkraftwerks über eine normale Haushaltssteckdose geduldet. Eine internationale Norm könnte diese Praxis künftig einschränken. Peter Knuth empfiehlt unabhängig davon, beim Kauf auf zusätzliche Schutzvorrichtungen und eine automatische Abschaltfunktion, den sogenannten Netz- und Anlagenschutz (NA-Schutz), zu achten. Grundvoraussetzung bleibt eine Außensteckdose, die den Wechselrichter mit dem Stromnetz verbindet.
Wie Sie Ihr Balkonkraftwerk nach dem Kauf ordnungsgemäß registrieren, erklären wir in unserem Übersichtartikel zur Anmeldung von Balkonkraftwerken.

Die Solarmodule von einem Balkonkraftwerk müssen sicher befestigt sein, damit sie Wind und Wetter standhalten.
© Getty Images | amriphoto
Balkonkraftwerk nach dem Kauf befestigen: Das zählt beim Standort
Die Ausrichtung und Neigung der Balkonsolarmodule sind für die Effizienz eines Balkonkraftwerks maßgeblich. „Am meisten Strom liefern Module, die nach Süden zeigen und in einem Winkel von etwa 30 Grad zur Sonne stehen“, erklärt Knuth. In der Praxis ließen sich solche Idealbedingungen aber selten erreichen. „Das Balkongeländer gibt oft schon den Neigungswinkel und die Ausrichtung vor“, so der Experte.
Dabei sei selbst eine Nordausrichtung kein grober Fehler: „Auch wenn die Module nicht optimal ausgerichtet sind, produzieren sie noch immer einen Großteil des möglichen Stroms“, erklärt Knuth. Schatten von Bäumen oder Nachbargebäuden seien das größere Problem. „Wenn der Balkon über weite Teile des Tages im Schatten liegt, eignet sich der Standort kaum für eine Solaranlage.“
Eine Hilfe kann der Balkonkraftwerk-Rechner der HTW Berlin sein. Er zeigt, welchen Stromertrag ein Balkonkraftwerk im individuellen Fall generieren könnte und berücksichtigt auch Verschattungen.
Balkonkraftwerk: Beim Kauf falsch gespart, später teuer bezahlt
Balkonkraftwerke gelten allgemein als sicher und leicht zu installieren. Doch wer bei Kauf und Aufbau nachlässig handelt, riskiert unnötige Kosten. Die zwei größten Fehlerquellen sind die Befestigung und die elektrische Sicherheit, besonders beim Anschluss. Beides kann im schlimmsten Fall zu Schäden führen. Eine veraltete Elektrik bedeutet zum Beispiel ein Sicherheitsrisiko für ein Balkonkraftwerk.
Anlageninhaber sollten daher immer prüfen, ob ihre Privathaftpflicht- oder die Gebäudeversicherung Schäden mit Balkonkraftwerken abdecken. Kommt es über die Elektrik zu einem Brand oder stürzen Teile des Kraftwerks auf Personen oder Gegenstände, kann es teuer werden.
Generell gilt: Wer sein Balkonkraftwerk selbst installiert, haftet auch für den sicheren Betrieb und die Montage. Wer sich unsicher ist, kann die Installation von einem Fachbetrieb durchführen oder abnehmen lassen. Hierbei können aber ebenfalls Kosten entstehen.