Gericht revidiert Förderstopp an National Institutes of Health | ABC-Z

Der Kampf um die freie Wissenschaft in den Vereinigten Staaten verläuft weiter in Zickzacklinien. Am Montag hat der Richter William Young am Bezirksgericht Boston die Fortzahlung von hunderten Förderprojekten der National Institutes ofHealth (NIH) verfügt, die auf Druck der Regierung eingefroren worden waren, weil sie sich mit unter Ideologieverdacht gestellten Themen wie Diversität, Geschlecht oder Klima befassten. Der noch von Ronald Reagan ernannte Richter ließ in der Urteilsbegründung keinen Zweifel, dass der Entzug der Mittel keine wissenschaftlich begründete Entscheidung, sondern ein diskriminierender Akt war.
Das Urteil wird zu einer weiteren Nagelprobe auf die amerikanische Demokratie. Denn noch ist offen, ob die Förderorganisation die Gelder nun wieder auszahlt oder sich dem Druck der Regierung beugt, die das Urteil wohl anfechten wird. Nach einem Bericht der Fachzeitschrift „Nature“ will das Department of Health and Human Services, die Mutterorganisation der NIH, an seiner Entscheidung festhalten, ideologisch motivierte Forschung nicht weiter zu fördern. Die Frage des Magazins, ob die gestoppten Förderprojekte nun wieder aufgenommen werden, ließ die Behörde unbeantwortet.
Ebenso offen ist die Frage, ob die Regierung das Urteil akzeptiert. Vor Gericht unternahmen die Regierungsanwälte gar nicht erst den Versuch, die Argumente des Richters zu entkräften, sondern zweifelten seine Zuständigkeit an. In einer grundsätzlichen Rede bezeichnete Young den Prozess, der zur Einstellung der Förderprojekte geführt hatte, als „bar jeder Vernunft“. Insbesondere kritisierte er die breite Definition von Diversity, Equity and Inclusion (DEI), die dabei veranschlagt wurde, und stellte die Frage, ob sie, die Regierung, für Homogenität, Ungleichheit und Ausschluss stehen wolle? Möglicherweise muss dies mit ja beantwortet werden. Dass die Regierung Wissenschaft nach Schlagworten rastert und verbietet, ist schon häufig kritisiert worden. Schon medizinische Forschung, die geschlechtsspezifische Unterschiede bei Krankheiten untersucht, gerät so unter Ideologieverdacht. Das Bostoner Urteil betrifft laut „Nature“ rund achthundert von 2400 eingefrorenen Förderprojekten.
Auch an einer anderen Front gibt es Bewegung: Die Visa-Anträgen für ausländische Studenten werden nun wieder von den amerikanischen Behörden bearbeitet, allerdings zu verschärften Konditionen. Die Bewerber müssen künftig Einblick in den Privatbereich ihrer Social-Media-Accounts geben, damit sie auf antiamerikanisches Gedankengut geprüft werden können.