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Überraschende neue Aufgabe: Fredi Bobic wird Fußball-Abteilungsleiter bei Legia Warschau – Sport | ABC-Z

Ob Fredi Bobic, 53, immer den Papst in der Tasche hat, lässt sich nicht verlässlich sagen, wohl aber, dass ihm der soeben verstorbene Franziskus auf eigentümliche Weise ein Reisebegleiter war. Nicht nur, weil Bobic das Stadion von CA San Lorenzo de Almagro kennt – das Stadion der Lieblingsmannschaft von Juan Bergoglio. Bobic sah auch 2013 den weißen Rauch über dem Vatikan aufsteigen, als Franziskus gewählt wurde. Bobic war seinerzeit Manager beim VfB Stuttgart, die Schwaben spielten in der Europa League bei Lazio Rom. Nun, da Franziskus starb, hörte Bobic die Glocken läuten und sah, wie die Menschen die Kirchen füllten, um zu trauern. Denn Bobic befand sich im tief katholischen Polen, wo er am Osterwochenende zum neuen Manager von Legia Warschau ernannt wurde.

Bobic geht die neue Aufgabe frohgemut an, am Telefon klingt er massiv überzeugt davon, dass das etwas werden könne. Er verspürte schon seit längerer Zeit den Drang, wieder zu arbeiten. Zuletzt war er ja bei Hertha BSC beschäftigt gewesen, bis zu einer Kündigung aus dem Januar 2023, die zu vielen Gerichtsterminen geführt hat. Hertha hat offenkundig versucht, die Auszahlung der vertraglich vereinbarten Abfindung mindestens hinauszuzögern, unter anderem durch absurd anmutende Befangenheitsanträge. Es geht um Millionen, die Hertha ist klamm. Dem nächsten Termin vor der Justiz, anberaumt für Ende Mai, sieht Bobic nachvollziehbar mit großer Zuversicht entgegen. „Ich freue mich darauf“, sagt er.

Dass es Bobic nun, wie zu Beginn seiner Managertätigkeit, ins osteuropäische Ausland verschlägt, hat einerseits mit der gesunden Neugierde zu tun, die ihn 2009 schon mal zum FC Tschernomorets Burgas nach Bulgarien führte. Aber andererseits auch damit, dass ihn die Entwicklungen in den deutschen Profiklubs zunehmend desillusionieren.

Der Einfluss der Juristen und Betriebswirtschaftler schränke die Beinfreiheit derer, die mal in großen Stadien kurze Hosen trugen, zunehmend ein, findet er. In seinen Augen gehe es immer noch um Fußball, um Sport. In Warschau hätten sie ihm das Gefühl vermittelt, es sei genau die Fachkompetenz gefragt, die aus ihm in Stuttgart und bei Eintracht Frankfurt einen bestens beleumundeten Manager der Bundesliga-Szene machten. Stuttgart führte er trotz Kostensenkungen zurück in die Spur. Die Eintracht gelangte unter Bobic zurück nach Europa und zum DFB-Pokalgewinn von 2018.

Bobic schwärmt vom neuen Trainingsgelände am Rande von Warschau

Die Strukturen beim 15-maligen polnischen Meister Legia beschreibt Bobic als wohltuend schlank und offenkundig auch als verlässlicher als bei Dinamo Zagreb, wo er auch im Gespräch war. Es gibt in Warschau den Eigentümer Dariusz Mioduski, ein in Harvard ausgebildeter Jurist und Unternehmer, einen Sportdirektor namens Michal Zewlakow, der eng an der Mannschaft sei und bleiben solle, und nun eben Bobic: als „Head of Football“. Legia habe ihm zwei, drei Vertragsjahre angeboten, er zog es vor, es bei einem Kontrakt bis Mitte 2026 zu belassen. Er wolle den Klub beschnuppern, die Liga kennenlernen, die neue Kultur. „Eine Lehre aus der Hertha-Zeit“, sagt er. Wenn es danach doch ein längeres Engagement werde – „warum nicht?“ Seinen Wohnsitz in Berlin, spöttisch schon mal die westlichste Stadt Polens genannt, wird er nicht aufgeben.

Das Potenzial, das er sehe, sei „enorm“, sagt Bobic, und wie sich das Timbre seiner Stimme dabei verändert, verrät, dass er das ernst meint. Schon jetzt lässt sich sagen, dass irgendetwas bei Legia funktioniert zu haben scheint (und damit ist ausdrücklich nicht die schockierende Ultra-Szene gemeint). In der Liga ist Legia zwar nur Tabellenfünfter, in der Conference League aber scheiterte der Klub erst im Viertelfinale am FC Chelsea (0:3, 2:1); demnächst sieht sich die Mannschaft im polnischen Pokalfinale Pogon Stettin gegenüber.

Bobic schwärmt aber vor allem vom neuen, gerade fertiggestellten Trainingsgelände am Rande der Hauptstadt Warschau mit zehn Rasenplätzen, einer Halle, einer Kältekammer und einem 1,5 Millionen Euro teuren Skills-Lab. Die gesamte Anlage „gehört für mich zu den Top fünf in Europa, und ich habe fast alle Trainingszentren gesehen“, sagt Bobic. Das Internat der Akademie habe 90 Betten, „und ich habe nachgefragt, weil ich dachte, ich hätte mich verhört: Ninety! Nicht nineteen!“ Das ist eine Kapazität, die nicht ganz für ein Konklave reicht, um einen neuen Papst zu wählen. Aber fast.

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