Ausstellungen in Weimar, Wien, Stuttgart und Madrid bis 16. März | ABC-Z

Was das Röntgenbild offenbarte
„Affinities Revealed: Sigmar Polke“ im Museo Nacional del Prado, Madrid
Postume Ehre im spanischen Olymp: Der Prado zeigt die Impulse von Francisco de Goya für Sigmar Polke auf.
„Solcher Brückenschlag über die Epochen hinweg kann leicht zu marktgängiger Kraftmeierei geraten“, stellt unser Kunstkritiker Georg Imdah fest: „Im Prado wird kein Gipfeltreffen simuliert, die Ausstellung mit ihrem überschaubaren Umfang findet auch nicht innerhalb der ständigen Sammlung statt. Klug kuratiert von Gloria Moure, führt sie vor, wie Polke sich auf unterschiedlichen Ebenen von Goya stimulieren lässt.“
Deutsche Fotografie im Doppelpack
„Anna & Bernhard Blume. Komplizenschaft (A=B)“ und „Gabriele Engelhardt. Kremser Berge“ in der Kunsthalle Krems
Die Kunsthalle Krems zeigt eine große Retrospektive des Fotografenpaars Anna und Bernhard Blume. Und Gabriele Engelhardt hat im Hafen der Stadt Berge entdeckt.
„Rollenklischees der dienenden Hausfrau werden ebenso unterlaufen wie jene des Herrn im Hause, beide Partner wirken vereint im heiligen Unernst“, schreibt unser Rezensent Hannes Hintermeier: „Ganz anders als die fast gleichaltrigen Bernd und Hilla Becher reüssieren die Blumes nicht mit Zucht und Formstrenge, sondern holen den Betrachter mit verspielter Anarchie ab. Die nicht an mangelndem Selbstbewusstsein leidet.“

Zu „Kremser Berge“ schreibt Hannes Hintermeiers: „Engelhardt setzt aus Tausenden von Einzelbildern in Zentralperspektive, die sie mit ihrer Mittelformatkamera aufnimmt, ein großes Bild zusammen, in dem jedes Detail leuchtet. Den Vorgang vergleicht sie mit dem Modellieren eines Bildhauers, ein Fach, das sie studiert hat. Zugang zu den Recyclingfirmen zu bekommen sei nicht einfach gewesen, an Öffentlichkeit bestehe dort kein Interesse. Manipuliert sei an ihren Bildern nichts, collagiert sehr wohl. Eine verwandte Serie ist zuvor in Kehl am Rhein entstanden. In Krems werden zehn dieser stillen Großformate und ein Tableau von sechzehn kleineren Fotografien gezeigt. Sie fügen dem Genre Bergbild eine subversive Sichtweise aus dem Anthropozän hinzu – Streusalz leuchtet geheimnisvoll wie ein Eisberg. Doch während die Eisberge schmelzen, wachsen die Plastikberge.“

Der vergängliche Augenblick der Blütenfülle
„Rachel Ruysch. Nature into Art“ in der Alten Pinakothek München
Virtuoser als die Niederländerin Rachel Ruysch hat niemand Blumenstillleben gemalt. Fürstliche und bürgerliche Sammler in ganz Europa rissen sich um ihre Bilder. Die Alte Pinakothek in München zeigt erstmals ihr Lebenswerk.
„Wer durch die Münchner Ausstellung geht, begegnet siebenundfünfzig meisterhaften Kompositionen aus Flora und Fauna, alle mit derselben Unbedingtheit im Detail und derselben erlesenen Balance von Farben und Formen, Blüten und Blattwerk, hellen und dunklen Partien“, schreibt unser Rezensent Andreas Kilb: „Mal ist die diagonale Bewegung von links unten nach rechts oben, die zumal in Ruyschs Frühwerk auffällt, stärker betont, mal mischen sich Früchte, Vogelnester und totes Laub in die stumme Symphonie der Blumen, aber kein einziges Mal lässt die Spannung nach, die diese ekstatisch kühlen, wie nächtliche Visionen aus ihrem tiefschwarzen Hintergrund aufsteigenden Bilder zusammenhält.“

Wo Spaniens Sonne die drei Grazien küsst
„Reflections – Picasso/Koons at the Alhambra“ im Museo de Bellas Artes, in Granada
Ein Dialog unter Könnern: Der sonst so häufig kitschaffine Jeff Koons überrascht in der Alhambra von Granada mit tiefgründigen Reflexionen über Pablo Picasso, die Welt und ihre Schönheit.
„Dass es sich um keine gewöhnliche Werkschau handelt, erweist schon die unüblich geringe Zahl der gezeigten Arbeiten von drei auf Koons’ Seite und gar nur zweien aus Picassos Œuvre“, schreibt unser Kunstkritiker Stefan Trinks: „Die beiden Picassos und zwei der Werke von Koons jedoch werden im Hauptsaal des Museums der Schönen Künste im Königspalast von Karl V., dem ersten Renaissance-Palazzo in Spanien überhaupt, mit nicht weniger als 36 anderen Werken von der Spätgotik bis zum Barock in einen philosophischen Dialog über den Begriff der Reflexion gebracht. Es ist daher eine außergewöhnlich reflexive Schau, die enormes Entdeckungs- und Sehvergnügen bereitet, aber auch einiges an Mitdenken und Verknüpfung vom Betrachter fordert.“

Brüllende Raubkatzen am Ufer des Pos
„Antonio Ligabue“ im Palazzo Pallavicino in Bologna
Die Malerei von Antonio Ligabue wurde lange als naiv abgetan. Doch Italien hat den Künstler, der sein Leben lang unter einer labilen Psyche litt und der vor allem wilde Tiere malte, wiederentdeckt. Eine große Schau in Bologna feiert sein Werk.
„Sechzig Jahre nach seinem Tod hat der Kunstbetrieb sich vorgenommen, ihn vom Etikett des naiven Malers zu befreien“, schreibt unsere Rezensentin Karen Krüger, „auch seine Person soll aufgewertet werden. Es ist eine Form von Inklusion, die zu Lebzeiten nie stattgefunden hat. Sie wäre nur gerecht.“

Notre-Dame, eine Staatsaffäre
„Faire parler les pierres“ und „Feuilleter Notre-Dame“ im Musée de Cluny
Im Musée de Cluny richtet das staatliche Mittelaltermuseum gemeinsam mit der Nationalbibliothek zwei kleine, feine Ausstellungen zu Notre-Dame aus.
„Faire parler les pierres“, die „substanziellere der beiden belegt eindrücklich, dass die Restaurierung (der Begriff ‚Wiederaufbau‘ ist unangebracht, weil ‚lediglich‘ das Dachgebälk abgebrannt und der Vierungsturm eingestürzt sind) eine Chance bildet für die Erforschung der Kathedrale“, schreibt unser Rezensent Marc Zitzmann. In der Schau „Notre-Dame durchblättern“ seien „nicht nur handgeschriebene und -gemalte Bände des 13. bis 15. Jahrhunderts aus den Beständen der Kathedrale zu bewundern, sondern auch die Hintergründe von deren Zusammenstellung zu erfahren“.