Trumps Rede im Kongress: Amerika ist zurück | ABC-Z

Es passte zu Donald Trumps inflationärem Gebrauch von Superlativen, dass er am Dienstagabend auch die längste Rede eines Präsidenten vor dem versammelten Kongress in der amerikanischen Geschichte hielt. Der Republikaner beendete seine Ausführungen nach einer Stunde und vierzig Minuten. Rekordhalter war bis dahin Bill Clinton mit 89 Minuten gewesen. Doch Trump war in seinem Element, als er im Repräsentantenhaus nach sechs Wochen Präsidentschaft eine erste Bilanz zog.
Es war dasselbe Drehbuch wie im Wahlkampf, nur weniger düster. Statt den Untergang der Vereinigten Staaten zu beschwören rief Trump diesmal gleich zu Beginn: „Amerika ist zurück!“ Das Land habe seinen Geist, seinen Stolz, sein Selbstbewusstsein zurückgewonnen. „Das wird unser großartigstes Zeitalter“, rief Trump. Dann gab er seine „historische“ Anzahl von Erlassen der ersten Wochen wieder und nannte dabei die üblichen Themen: den Kampf gegen illegale Migration, die amerikanische „Wokeness“, die angeblich aufgeblähte Bürokratie und die Verschwendung in Washington.
Protest von den Demokraten
Bemerkenswert waren dabei vor allem die in Halbsätzen verpackte und als Scherze getarnte Kritik an einigen Anwesenden – und sein offener Angriff auf die Demokraten. Nie zeigte sich die Spaltung der Vereinigten Staaten im Kongress deutlicher als an diesem Abend: Während die republikanische Hälfte der Kammer ständig jubelnd aufsprang, saßen die Demokraten da wie versteinert. Nach nicht einmal zehn Minuten kam es zu einem kleinen Eklat. Der demokratischen Abgeordneten Al Green wurde aus dem Saal geleitet, nachdem er Trump zugerufen, er habe „kein Mandat“ und sich geweigert hatte, sich hinzusetzen. Einige Demokraten trugen Protestshirts, viele hielten Schilder hoch mit Aussagen wie „falsch“ oder „Elon lügt“. Applaus für Trumps Aussagen gab es nur vereinzelt.
Das nahm der Präsident denn auch zum Anlass für die Bemerkung, er könne offenbar nichts tun, „was sie glücklich machen“ würde. Die Demokraten applaudierten noch nicht einmal „für die größten Errungenschaften“, dabei gehe es doch darum, „unglaubliche Siege“ zugunsten der Amerikaner zu zelebrieren. Die ausgestreckte Hand war freilich nur eine Provokation. Minuten später ließ Trump sich über die „korrupte“ Weltgesundheitsorganisation aus, das „unfaire“ Pariser Klimaabkommen und den „anti-amerikanischen“ Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen – alles Formate, aus denen Trump zum Entsetzen vieler Demokraten unmittelbar nach seiner Amtseinführung seinen Rückzug erklärt hatte.
Trump dankt Musk für „harte Arbeit“
In allen übrigen Dingen blieb Trump vage genug, um die Kritik an den ausschweigenden Maßnahmen seiner ersten Wochen zu umschiffen. Als die Sprache auf DOGE kam, Elon Musks Abteilung für Regierungseffizienz, die schon Zehntausende Beamte entlassen hat, sprach Trump von der „eklatanten Verschwendung von Steuergeldern“, die damit verhindert werde. Dann dankte er Musk für seine „harte Arbeit“ und ging dazu über, sich über eingestellte Programme lustig zu machen. Unter anderem behauptete er, man habe acht Millionen Dollar für LGBTQI-Programme ins afrikanische Lesotho geschickt, „von dem noch niemand gehört hat“. In Bezug auf ein angebliches Programm für Lernförderung „in Asien“ sagte Trump, Asien sei ja sehr gut beim Lernen – man sollte das Geld besser für Amerika verwenden.

Trump versprach abermals, er werde an den Steuererleichterungen „für alle“ festhalten, doch die Debatte über den kommenden Haushalt und die Finanzierung einer solchen Maßnahmen spaltet auch die Republikaner. Der Präsident äußerte am Dienstagabend denn auch eine Drohung an die eigenen Leute: Alle, die dort säßen, würden ja sicherlich für Steuererleichterungen stimmen. „Denn sonst glaube ich nicht, dass die Leute euch noch mal ins Amt wählen“.
Ähnlich war die Situation, als Trump dann auf die Außenpolitik zu sprechen kam. Er kündigte abermals an, man werde sich den Panamakanal zurückholen, und machte dann Außenminister Marco Rubio als Sündenbock aus, sollte das nicht klappen. Ob bei der Bestätigung im Senat nicht auch alle Demokraten für Rubio gestimmt hätten? „Das macht mich entweder sehr, sehr glücklich oder stimmt mich sehr besorgt“, scherzte Trump. Dann schob er hinterher: Aber Rubio habe sich ja schon bewiesen.
Trump zitiert aus Brief von Selenskyj
Bis Trump auf die Ukraine zu sprechen kam, vergingen eineinhalb Stunden. Zuvor schickte er in einem Halbsatz noch eine neue Drohung in Richtung Grönland. Man respektiere die Eigenständigkeit der Grönländer, doch sollten sie doch mal über einen Eintritt in die Vereinigten Staaten nachdenken. „Ich denke, wir werden es ohnehin bekommen – auf die eine oder andere Weise“, schob Trump hinterher. Nach dem Eklat im Oval Office vor wenigen Tagen war die Ukraine das letzte wichtige Thema, bevor der Präsident zum Ende seiner Rede kam.