Benediktbeuern: „Dem Ort etwas zurückgeben“ – Bad Tölz-Wolfratshausen | ABC-Z

Dem Naturschutz haben sich Aaron Paule und Jonathan Hehr vom Verein „Let’s Do Moor“ schon früh gewidmet. Die beiden 23-Jährigen haben vor fünf Jahren gemeinsam ein freiwilliges ökologisches Jahr (FÖJ) beim Zentrum für Umwelt und Kultur (ZUK) im Kloster Benediktbeuern geleistet. Danach ging es für beide an die Uni, wo Paule Landschaftsnutzung und Naturschutz studierte und Hehr einen Abschluss in Waldwirtschaft und Umwelt machte.
Der junge Verein wurde erst vor etwa drei Jahren von ehemaligen FSJ-lern und FÖJ-lern gegründet. Er hat den Moorschutz zum Ziel, besonders wichtig ist Paule und Hehr aber auch das Zusammentreffen vieler früherer Freiwilliger. Es gehe darum, „die Menschen, die jetzt auf der ganzen Welt verteilt sind, wieder zu vernetzen“, sagen sie, „und ihnen die Möglichkeit zu geben, wieder einen Kontakt nach Benediktbeuern zu haben“. Die Zeit dort sei auch für sie beide ganz wertvoll gewesen, sagen Paule und Hehr. Man lebe in einer WG mit den anderen Freiwilligen des Jahrgangs, habe ein Jahr lang also engen Kontakt und den wolle man mithilfe des Vereins wiederherstellen.
Von Ehemaligen für Ehemalige – aber nicht nur
Aktuell hat der Verein 105 Mitglieder, mit 14 Ehemaligen ist er gestartet. Er sei aber nicht nur für frühere Freiwillige des ZUK gedacht, sondern auch für Menschen, die ihr freiwilliges Jahr im Aktionszentrum oder in der Jugendherberge geleistet haben. Der Verein sei zwar von Ehemaligen für Ehemalige gegründet worden, aber man könne auch ohne vorherigen Bezug zum ZUK oder zum Kloster Mitglied werden, betont Hehr. Er selbst studiert momentan Soziale Arbeit an der Katholischen Stiftungshochschule. Dort habe er auch schon Kommilitonen für die nächste Aktion des Vereins begeistert.
Bei der handelt sich um eine große Entbuschungsaktion des Moors im Klosterland. „Das sind knapp 150 Hektar Grünland, da werden wir großteils aktiv sein“, beschreibt Hehr. In den vergangenen zwei Jahren fanden bereits solche Entbuschungsaktionen statt, allerdings in kleinerem Rahmen: „Das waren dann 20 bis 25 Teilnehmende an einem Wintertag“, sagt Paule. Dieses Jahr bekam der Verein eine Spende der Outdoor-Bekleidungsfirma Patagonia, weshalb die Aktion nun über ein ganzes Wochenende geht und 75 Menschen tatkräftig anpacken können. Da viele der Ehemaligen mittlerweile Kinder haben, hat der Verein für die Dauer der Entbuschung eine Kinderbetreuung durch Mitglieder organisiert. Auch die benötigten Werkzeuge und Geräte werden zum Teil aus den privaten Haushalten bereitgestellt.
„Den Mooren in Deutschland geht es schlecht“
Nach einem Vortrag und einem gemeinsamen Abendessen am Anreisetag geht es dann am Samstag und Sonntag zum Entfernen der Gehölze im Moor. „Das Ziel ist, dem Ort hier etwas zurückzugeben“, sagt Hehr. Doch warum ist überhaupt eine Entbuschung nötig? Grundsätzlich gehe es dem Verein dabei um Biotopschutz, so Paule, dass man einen Lebensraum in einem natürlichen Zustand halten will. „Und es ist eben so, dass es den Mooren in ganz Deutschland sehr schlecht geht. Auch hier“, sagt er. Die Loisach, die für die Schiffbarkeit begradigt und eingetieft wurde, verlaufe durch den gesamten Moorkomplex. Der natürliche Flussverlauf ist damit geschädigt und die Loisach zieht zu viel Wasser aus dem Moor.
Moore seien – im Naturzustand belassen – Ökosystemdienstleister, erklärt Paule, als natürlicher Hochwasserschutz, Kohlenstoffspeicher und Lebensraum für spezialisierte Arten. Wenn aber die Moore austrockneten, werde das gespeicherte Kohlenstoffdioxid freigesetzt und der Lebensraum für viele Arten, besonders Vögel, zerstört. Denn die Entwässerung führe dazu, dass sich Pflanzen und Gehölze auf dem Moor ansiedelten, die noch mehr Wasser aus dem Boden ziehen, so der 23-Jährige. Diese speicherten deutlich weniger Kohlenstoffdioxid als das Moor, wenn es nass genug ist. Dieses ziehe zudem als offene und freie Fläche Vogelarten an, die Wiesenbrüter sind. Wachsen zu viele Pflanzen auf dem Moor, finden diese keinen Platz mehr zum Brüten.
Entbuschen ist nur Symptombekämpfung
Wie verheerend zu wenig Wasser für das Moor ist, erklärt Hehr: „Ein gesundes Moor wächst etwa einen Millimeter pro Jahr. Aber ein zu trockenes Moor schrumpft teilweise um mehrere Zentimeter in einem Jahr.“ Deshalb sei es wichtig, die Pflanzen und Büsche zu entfernen. „Aber es ist eher eine Symptombekämpfung“, wirft Paule ein. Das langfristige Ziel wäre, die Fläche des Moors nass genug zu bekommen, um solche Entbuschungen nicht mehr so stark vornehmen zu müssen. Der Verein versucht momentan eine Genehmigung zu bekommen, nach der Aktion die durch das Moor verlaufenden Gräben zu schließen, um das darin enthaltene Wasser in der Fläche zu verteilen.
Die jährliche Entbuschungsaktion ist zwar der deutliche Fokus der Vereinsarbeit, aber auch andere Projekte finden regelmäßig statt: Im Herbst gab es zum Beispiel einen Online-Vortragsabend von Mitgliedern, um das Wissen untereinander zu ergänzen. „Viele gehen nach ihrem FSJ in den Umweltbereich, aber es gibt auch Mitglieder, die Chefs von großen Firmen sind, das ist bei uns wahnsinnig heterogen“, sagt Hehr. Deshalb könnten alle solche Zoom-Meetings nutzen, um zu erzählen, was sie gerade in ihrem Studium oder in ihrer Arbeit erleben und lernen. Dazu kommen drei- bis viermal im Jahr regelmäßige Stammtische in der Ehemaligen-Hütte im Klostergarten und alle zwei Jahre ein großes Ehemaligen-Treffen.
Das Zusammentreffen von Gleichgesinnten und Zurückkehren an den Ort, an dem man viele wertvolle Erfahrungen gemacht hat, sei für sie am schönsten am Verein, sagen Paule und Hehr übereinstimmend. Gerade der enge Kontakt zu unterschiedlichen Altersgruppen sei für ihn sehr wichtig, so Paule. Hehr drückt es so aus: „die Menschen treffen, die gleich verrückt sind, wie man selbst“.