Kultur

Gucci ohne Designer | ABC-Z

Das ging schnell. Während es im drehenden Designerkarussell gerade noch um ganz Vakanzen ging, während es beinahe als gesichert gilt, dass Dior bald ohne Maria Grazia Chiuri dastehen wird, während noch immer kein neuer Chef für Fendi bekanntgegeben ist, während hinter Lucie und Luke Meier bei Jil Sander ein Fragezeichen steht und niemand so recht weiß, wie es mit den Proenza-Schouler-Designern weitergeht, verlässt – huch – Sabato de Sarno nach nur drei Saisons Gucci.

Das gab die Marke am Donnerstagmorgen in einer knappen Stellungnahme bekannt, ohne Umstände der Trennung zu nennen. Die Gerüchteküche stellt Gucci damit kalt, bevor sich die Modeszene überhaupt ernsthaft über einen Sabato-de-Sarno-Rücktritt warmreden konnte. Im Fokus des Smalltalks standen bis eben noch ganz andere Marken, da konnte man Gucci fast vergessen. Aber schon das ist sinnbildlich für den aktuellen Zustand dieses Luxushauses. Sabato de Sarno stand im September 2023 vor der wohl kompliziertesten Mode-Aufgabe dieses Jahrzehnts: für Gucci einen Anfang zu finden, nachdem Vorgänger Alessandro Michele mit seinem maximalistischen Spiel historischer und popkultureller Referenzen Gucci maximal erfolgreich gemacht hatte und die Mode weit über die Markengrenzen hinaus geprägt hat. Nach sieben verrückten Jahren trennten sich Michele und Gucci 2022, 10 Milliarden Euro Umsatz waren es damals.

Gucci sollte wieder sexy sein

Gemäß François-Henri Pinault, dem Vorsitzenden des Kering-Konzerns, zu dem auch Gucci gehört, sollte aber sogar noch mehr möglich sein. Zum Debüt von Sabato de Sarno sprach er von mehr als 15 Milliarden Euro, die Gucci erzielen könne. Um dieses Ziel zu erreichen, holte der Neue Gucci ästhetisch gewissermaßen vom Himmel zurück auf die Erde, mit Jeans, Mikroshorts und Regenmänteln auf dem Laufsteg. Statt irren Lagenlooks und künstlerischem Mustermix setzte er auf eine signature colour, ein gewisses Burgunderrot. Und auf schlichte Stücke, kombiniert mit viel Haut. Gucci sollte wieder sexy sein, in jeder Hinsicht und auf diesem Weg zurück zu seinen uritalienischen Wurzeln finden – und zu der Zeit Ende der Neunziger, als Tom Ford die Marke wieder hochgebracht hatte.

So der Plan. Dass es hakte, lag nicht allein an Sabato de Sarnos kreativen Nicht-Einfällen, sondern auch an der Luxuskrise. Gerade die Großkonzerne sind hart getroffen vom No-Buy- oder zumindest Low-Buy-Trend, der aktuell nicht allein unter Zwanzigjährigen auf Instagram die Runde macht. Auch viele ehemalige Konsumentinnen und Konsumenten von Luxusgütern sind raus, seit die Marken ihre Preise extrem erhöht haben und die Inflation auch in vielen anderen Bereichen zuschlägt. In China, über Jahre ein wichtiger Wachstumstreiber, ist kein Ende der Luxus-Zurückhaltung absehbar. Die Kering-Gruppe verzeichnete nach zwei schwachen Quartalen 2023 im dritten einen Umsatzrückgang von 15 Prozent. Das lag nicht an Bottega Veneta (plus 4 Prozent) oder an der Sonnenbrillensparte Kering Eyewear (plus 32 Prozent), sondern an Yves Saint Laurent mit einem Minus von 13 Prozent sowie an jenen Marken, die im Geschäftsbericht unter „other houses“ laufen (minus 15 Prozent). Vor allem aber lag es an Gucci, mit einem Minus von 26 Prozent.

Eigentlich klar, dass der 15-Milliarden-Euro-Mann Pinault sich das nicht mehr lange anschauen würde. Gucci sucht also mal wieder eine neue Zukunft, und das pünktlich zur New Yorker Modewoche, die an diesem Donnerstag beginnt. Im Designerkarussell ist also noch ein Platz frei geworden. Mal sehen, wer ihn bekommt.

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