Politik

Zweites Deutsches Fernsehen-Sommerinterview: Olaf Scholz reklamiert „größte Wende“ in der Asylpolitik für sich | ABC-Z

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich
gegen den Vorwurf verwahrt, er lasse sich von CDU-Chef Friedrich Merz
in der Migrationsfrage treiben
. “Ich habe die größte Wende im Umgang mit
Migration zustande gebracht in der Geschichte der letzten zehn, 20
Jahre”, sagte Scholz im ZDF-Sommerinterview. Wesentliche Entscheidungen seien schon seit dem vergangenen Jahr gefallen. Scholz nannte dabei Leistungskürzungen für Asylbewerber, stationäre Grenzkontrollen und die Ausweitung des Abschiebegewahrsams.

Nach dem Anschlag von Solingen Ende August habe die Regierung nun ein weiteres Sicherheitspaket auf den Weg gebracht, sagte Scholz.
Es sehe unter anderem mehr Möglichkeiten im Waffenrecht und zum Kampf
gegen den islamistischen Terrorismus vor. Zudem gebe es “noch mal weitere
Handlungsmöglichkeiten (…) für unsere Behörden im Umgang mit
irregulärer Migration”.

Die von Merz geforderten Zurückweisungen an der Grenze wies Scholz zurück. “Wir haben schon Grenzkontrollen. Und ein effektives
Grenzmanagement ist etwas, was wir gerne weiter – und auch mit
Unterstützung der Opposition – ausbauen wollen.” Von der Regierung
gebe es hier “gute Vorschläge”. Es sei aber klar,
dass diese “alle sich im Rahmen der europäischen Gesetze, der
internationalen Verträge und unseres Grundgesetzes bewegen” müssten.

Scholz
beklagte Schwierigkeiten in der Kommunikation in der Migrationsfrage.
Teil des Problems in der öffentlichen Diskussion darüber sei, dass er
lange erklären müsse, was die Regierung schon erreicht habe – “damit
nicht der falsche Eindruck entsteht, als ob jetzt nicht sehr viel getan
worden wäre – und zwar viel mehr als früher”.

Scholz lehnt Vertrauensfrage ab

Die Bundesregierung
hatte vergangene Woche Gespräche mit der Union und den Ländern über die
Migrationsfrage aufgenommen
. CDU-Chef Merz hatte die Regierung aufgefordert, vor einem weiteren Gespräch am
kommenden Dienstag auf Forderungen der Union insbesondere nach der
Zurückweisung von Flüchtlingen an den deutschen Grenzen einzugehen. Sonst
werde die Union nicht teilnehmen
.

Spekulationen, der Kanzler könnte die Vertrauensfrage im Bundestag stellen und damit eine vorgezogene Bundestagswahl einleiten, wies Scholz zurück. Die Regierung habe eine Mehrheit, sagte der SPD-Politiker im Interview. “Das ist doch ein kleines Oppositionsideechen, dass man mal immer so alle drei Wochen dieses Wort sagt.”

Scholz geht davon aus, dass Regierungsbildungen auf absehbare Zeit schwierig sein werden. Man werde “noch viele, viele Jahre in Deutschland Konstellationen haben, in der es sehr kompliziert ist, Regierungen zu bilden”. Das werde man im Bund wie in den Ländern sehen.

“Und deshalb kommt es darauf an, dass wir einen Stil miteinander zustande kriegen, in dem die Tatsache, dass Parteien miteinander regieren, die das vielleicht nicht bei ihrer Geburt gedacht haben, trotzdem so ausgeht, dass man was schafft.” Auf dieser Ebene, sagte der Bundeskanzler, habe die Ampel viel geleistet.

Ampelkoalition will Rentenpaket II beschließen

In der aktuellen Debatte um das Rentenpaket II gab sich der Kanzler sicher, dass die im Kabinett verabredete Reform trotz Bedenken der FDP verabschiedet werden wird. “Es wird beschlossen werden”, sagte der SPD-Politiker. “Es steht im Koalitionsvertrag. Wir haben es auf den Weg gebracht als Regierung.”

Mit dem Paket soll zum einen gesetzlich garantiert werden, dass das Rentenniveau in den Jahren bis 2039 nicht unter 48 Prozent eines Durchschnittslohns fällt. Zudem soll mit dem vor allem von der FDP geforderten Generationenkapital eine Aktienrente eingeführt werden.

Der Kanzler hatte am Samstag in einem Interview mit dem Tagesspiegel gesagt, die Garantie stabiler Renten sei ein zentrales Versprechen der Ampelkoalition gewesen. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich hatte am Freitag FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner dazu aufgefordert, den Weg für das von ihm selbst im Kabinett mitbeschlossene Rentenpaket freizumachen.

Scholz für Ukraine-Friedenskonferenz mit Russland

Was die Ukraine angeht, sprach sich Scholz für intensivere diplomatische Bemühungen zur Beendigung des Krieges aus. “Ich glaube, das ist jetzt der Moment, in dem man auch darüber diskutieren muss, wie wir aus dieser Kriegssituation doch zügiger zu einem Frieden kommen, als das gegenwärtig den Eindruck macht”, sagte der Bundeskanzler.

Auf die Frage, ob es eine Friedenskonferenz geben solle, antwortet er: “Es wird auf alle Fälle eine weitere Friedenskonferenz geben. Und der (ukrainische) Präsident und ich sind einig, dass es auch eine sein muss mit Russland dabei.”

Scholz wich der Frage aus, ob er dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj noch vertraue, nachdem bekannt wurde, dass ein Ukrainer an der Sabotage an den Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee beteiligt gewesen sein soll. “Ich habe ein gutes Verhältnis zu Wolodymyr Selenskyj”, sagte der Kanzler. “Und gleichzeitig ist für mich völlig klar, dass diese Sache aufgeklärt werden muss.” Er sei froh, dass der Generalbundesanwalt und die Sicherheitsbehörden bei ihren Ermittlungen so weit gekommen seien, wie berichtet werde.

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