Nahost-Liveblog: ++ Appelle bei Trauerfeier für getötete Geisel ++ | ABC-Z

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Die Schwester einer im Gazastreifen getöteten Geisel fordert eine schnelle Rückkehr aller weiterhin Festgehaltenen. Mehr als 600.000 Kinder wurden in Gaza gegen Polio geimpft. Die Entwicklungen im Liveblog.
Die wichtigsten Entwicklungen:
Der neue libanesische Ministerpräsident Nauaf Salam hat bei einem Besuch im Grenzgebiet zu Israel einen vollständigen israelischen Truppenabzug aus der Gegend gefordert. Sonst werde es keine echte und anhaltende Stabilität geben, betonte Salam in der südlibanesischen Hafenstadt Tyros, wo er mit Bewohnern des Grenzorts Dheira zusammentraf. Er besuchte auch die Städte Nabatije und Mardschajun. Ortsansässigen versprach er eine sichere Rückkehr in ihre Häuser und einen raschen Wiederaufbau.
Erst diese Woche hatte Salams Regierung eine Vertrauensabstimmung im Parlament gewonnen. Auch Mitglieder der Hisbollah-Fraktion votierten für eine Erklärung der neuen Regierung, wonach nur die libanesischen Streitkräfte das Land im Kriegsfall verteidigen dürften. Allerdings lehnt die islamistische Hisbollah-Miliz seit Jahrzehnten eine Abgabe ihrer Waffen mit dem Argument ab, dass sie für die Landesverteidigung gegen Israel nötig seien. Nach dem von der Hamas angeführten Terrorangriff auf den Süden Israels am 7. Oktober 2023, der den Gaza-Krieg auslöste, begann die Hisbollah mit Raketen- und Drohnenangriffen auf den Norden Israels. Israel reagierte mit einer Welle von Luftangriffen auf Ziele der Hisbollah, im September wuchs sich der Konflikt zu einem Krieg aus.
Im Libanon gab es nach libanesischen Angaben mehr als 4.000 Tote, mehr als eine Million Menschen wurden auf dem Höhepunkt des Konflikts vertrieben. Auf israelischer Seite wurden Dutzende Tote und rund 60.000 Vertriebene gemeldet. Mit Ablauf einer in einem Waffenruhe-Abkommen mit der Hisbollah festgelegten Frist zogen sich israelische Truppen zwar Mitte Februar aus den teils massiv verwüsteten Grenzdörfern zurück. Doch bleibt Israels Militär an fünf Kontrollposten im Libanon präsent, was die libanesische Führung als Verstoß gegen den Waffenruhe-Deal wertet. Salam erklärte bei seiner Visite im Grenzgebiet, dass seine Regierung sich um Unterstützung aus dem arabischen Raum und auf internationaler Ebene bemühe, „um den Feind zu zwingen, sich von unserem besetzten Land und den sogenannten fünf Punkten zurückzuziehen“.
Im Ringen um einen Frieden in Nahost will Israel Insidern zufolge die erste Phase der Waffenruhe-Vereinbarung um sechs Wochen verlängern. Die israelische Delegation habe bei Verhandlungen in Kairo eine Verlängerung um 42 Tage gefordert, heißt es in ägyptischen Sicherheitskreisen.
Die Hamas lehnt eine Verlängerung demnach ab und will wie ursprünglich vereinbart am Samstag zu Phase zwei der Vereinbarung übergehen. Darin sind Schritte für einen dauerhaften Frieden vorgesehen. Bereits zuvor hatten zwei israelische Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur Reuters gesagt, Israel wolle die erste Phase verlängern, in der die Hamas wöchentlich drei Geiseln übergibt und Israel im Gegenzug palästinensische Häftlinge auf freien Fuß setzt.
Die Bundesregierung hat Israel aufgefordert, den durch eine israelische Militäroffensive im besetzten Westjordanland vertriebenen Menschen die schnelle Rückkehr in ihr Zuhause zu ermöglichen. Der Militäreinsatz habe dazu geführt, dass 40.000 Menschen aus den Städten Dschenin, Tulkarem und Tubas ihre Häuser verlassen mussten, 50 Menschen getötet und eine Vielzahl verletzt wurden, erklärte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes.
Pläne der israelischen Regierung, die israelische Armee langfristig im Flüchtlingslager Dschenin zu belassen, bezeichnete die Sprecherin als inakzeptabel. Terrorismus müsse bekämpft werden, in dieser Region sei dies jedoch Aufgabe der palästinensischen Behörden. Die israelische Armee führt seit Januar im Westjordanland eine große Offensive mit dem Ziel, militante Palästinensergruppen in der Region Dschenin zu zerschlagen.
Angehörige und Freunde haben sich im Tel Aviver Bloomfield-Stadion von der im Gazastreifen getöteten Geisel Tsachi Idan verabschiedet. Idans Schwester Noam appellierte in ihrer Ansprache daran, die in Gaza verbliebenen Geiseln „so schnell wie möglich“ nach Hause zu bringen. „Der Auftrag unserer Regierenden war es, Tsachi am Leben zu halten, aber sie trafen schreckliche und untragbare Entscheidungen“, sagte sie der Zeitung Haaretz zufolge.
Kritiker werfen der Regierung von Premierminister Benjamin Netanjahu vor, die Waffenruhe und das Geiselabkommen viele Monate lang unnötig hinausgezögert zu haben. Das Leben etlicher Geiseln hätte gerettet werden können, meinen sie. Idan war am 7. Oktober 2023 wie 250 weitere Menschen beim Überfall der Hamas und anderer Terrorgruppen auf den Süden Israels in den Gazastreifen verschleppt worden. Seine sterblichen Überreste hatte die Hamas am Mittwoch über das Rote Kreuz an Israel übergeben.
Nach der Freilassung von palästinensischen Gefangenen im Rahmen des Waffenruheabkommens, haben mehrere von Misshandlungen in israelischer Haft berichtet. Der 17-jährige Mohammed Abu Sahlul sagte, er sei ununterbrochen gefesselt gewesen. „Ich konnte nicht glauben, als sie die Fesseln von meinen Händen entfernt wurden. Man schläft mit gefesselten Händen und Füßen“, sagte er nach seiner Entlassung.
Menschenrechtsgruppen und freigelassene Gefangene berichten, dass die Palästinenser in Militärhaft gefoltert, häufig geschlagen, nicht ausreichend mit Essen und Wasser versorgt und mit verbundenen Augen und Handschellen festgehalten wurden. Es war nicht klar, ob Abu Sahlul wegen eines Verbrechens angeklagt worden war. Das israelische Justizministerium teilte mit, dass es keine Informationen über inhaftierte Minderjährige aus dem Gazastreifen veröffentlicht.
Seit dem Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad haben sich der Bundesregierung zufolge bislang verhältnismäßig wenige Syrerinnen und Syrer für eine geförderte Ausreise in ihr Heimatland entschieden. Wie ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte, wurden bisher 133 sogenannte Rückkehrhilfen für Syrien bewilligt. Er sprach von einer „geringen Zahl“. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zahlt bei einer freiwilligen Rückkehr ins Heimatland unter Umständen Hilfen.
Diese Zahl bilde aber nicht die Gesamtzahl der freiwilligen Ausreisen von Menschen aus Syrien, die in Deutschland Zuflucht gesucht haben, betonte der Sprecher, sondern lediglich die Fälle, in denen ein Antrag auf Refinanzierung der Kosten durch die Länder an das BAMF übermittelt worden sei.
Nach der Befreiung aus der Gefangenschaft der militant-islamistischen Hamas hat die ehemalige israelische Geisel Eli Scharabi weitere Details über seine Haft öffentlich gemacht. Im israelischen Fernsehsender Channel 12 sagte Scharabi, dass der Hunger unerträglich gewesen sei. Es habe sich wie ein Sieg angefühlt, wenn er von seinen Entführern eine getrocknete Dattel oder ein Stück Brot bekommen habe. Scharabi berichtete, dass die Hamas ihn und seine Mitgefangenen an Eisenketten festmachten, sie schlugen und demütigten. Sie hätten monatelang von einem einzigen Teller Nudeln am Tag gelebt. Er habe 30 Kilogramm abgenommen.
In dieser Zeit habe er sich seinen Mitgefangenen angenähert, besonders dem 24 Jahre alten Alon Ohel. „Ich habe ihn von der ersten Minute an adoptiert“, sagte Scharabi. Die Männer seien 24 Stunden am Tag gemeinsam gefangen gewesen. „Ich weiß alles über ihn und seine Familie“. Der 53-Jährige sagte dem Fernsehsender, die Männer hätten sich gegenseitig Kraft spenden können. Aber Ohel habe es schwer aufgenommen, als Schrarabi und zwei weitere Gefangene am 8. Februar freigelassen wurden und er nicht. „Es war ein sehr schwieriger Moment“, so Scharabi. „Er sagte, er freue sich für mich. Ich habe ihm versprochen, dass ich ihn nicht im Stich lassen werde. Ich werde für ihn kämpfen.“
Innerhalb einer fünftägigen Impfkampagne ist mehr als 600.000 palästinensischen Kindern unter zehn Jahren eine Impfung gegen Polio verabreicht worden. Die Massenimpfungen im Gazastreifen sind damit abgeschlossen, wie UN-Sprecher Stéphane Dujarric mitteilte. Die Impfkampagne folgte auf die Entdeckung von Polioviren in Abwasserproben aus Deir al-Balah und Chan Junis im Dezember und Januar. Bereits im September und Oktober des vergangenen Jahres wurden über 95 Prozent der 640.000 Kinder in zwei Runden geimpft, nachdem damals der erste Poliofall seit 25 Jahren im Gazastreifen gemeldet wurde.
Die Weltgesundheitsorganisation erklärte in der vergangenen Woche, dass die jüngste Impfrunde notwendig sei, um alle Kinder zu erreichen und die Immunität der Bevölkerung zu stärken. Die WHO erklärte, dass die überfüllten Unterkünfte im Gazastreifen und die stark beschädigten Wasser-, Sanitär- und Hygieneeinrichtungen „ideale Bedingungen für eine weitere Verbreitung des Poliovirus schaffen“.
US-Präsident Donald Trump hat bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus auf die Frage nach der Zukunft der Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas geantwortet, dass er „ziemlich gute Gespräche“ über den Gazastreifen geführt habe. Trump wurde auch gefragt, ob die zweite Phase der Waffenruhe zustande kommen würde und sagte: „Wir werden sehen, was passiert. Niemand weiß es wirklich, aber wir werden sehen, was passiert.“
Die israelische Armee hat ihr „völliges Versagen“ bei dem Hamas-Angriff vom 7. Oktober 2023 eingeräumt. In Nordisrael rammte ein Autofahrer mehrere Menschen mit seinem Fahrzeug und verletzte einige schwer.