Zum 70. Geburtstag der Mezzosopranistin Bernarda Fink | ABC-Z

Vor vierzehn Jahren erschien bei Harmonia Mundi eine CD, mit der die Geschwister Bernarda und Marcos Fink zusammen mit dem Pianisten Anthony Spiri ein kleines Land auf die Weltkarte der Liedkunst setzten: „Slovenija!“ hieß das Album, und wer Ohren hatte, war sicher genauso erstaunt wie das Publikum der Ausstellung „Die Welt in Farben. Slowenische Malerei 1848–1918“ im Unteren Belvedere in Wien Anfang dieses Jahres.
In den Liedern von Kamilo Mesek, Fran Gerbir oder Anton Lajovic trat eine vokale Lyrik ans Licht, die den Vergleich mit Brahms und Dvořák nicht scheuen muss und sich in ihrer psychologisch durchgearbeiteten Sinnlichkeit auf einer Höhe mit dem Lied des Wiener Jugendstils bei Mahler, Zemlinsky, Schreker und Korngold befindet. Vor allem aber war es, neben dem leichtfüßig eleganten Bass ihres Bruders Marcos, der blühende, schwelgerisch schöne, duft- und farbreiche Mezzosopran von Bernarda Fink, der diese Lieder so stark wirken ließ.
Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Bernarda Fink einen großen Ruf als Sängerin der Lieder von Schubert und Schumann erworben, vor allem aber als einer der führenden Mezzosoprane für die Kantaten und Oratorien von Johann Sebastian Bach, für dessen Musik sie von den besten Anwälten der historischen Aufführungspraxis, den Dirigenten Nikolaus Harnoncourt und René Jacobs, umworben wurde.
In Jacobs’ Aufnahme der Bachschen Matthäuspassion bringt sie durch Färbung, Phrasierung und klugen Atem Ruhe in das recht flüssige Tempo bei der großen Arie „Erbarme dich, mein Gott“. Während die Grundfarbe ihrer Stimme am ehesten der warmen Fülle einer Klarinette oder Bratsche nahekommt, erlaubt es ihr ihre sensuelle Intelligenz in manchen Arien von Bach-Kantaten allerdings auch, sich einer obligaten Oboe oder Flöte anzuschmiegen.
Bernarda Fink behauptet von sich, im Gegensatz zu ihrem Bruder, schüchtern zu sein und nicht sofort den Mut gehabt zu haben, eine Gesangslaufbahn einzuschlagen. Vielleicht fühlte sie sich deshalb eher im Lied zu Hause und trat, gerade in der Verbindung von farblicher Sinnlichkeit bei intonatorischer Reinheit, während der Neunzigerjahre die Nachfolge Brigitte Fassbaenders an. Hört man ihre Aufnahme von Schumanns „Nussbaum“, merkt man, dass Fink in Sprach- und Tonfärbungen die Aufnahmen ihrer älteren Kolleginnen, auch die von Elisabeth Schwarzkopf, genau studiert haben muss, um sie sich anzuverwandeln. Vielleicht blieb eben wegen dieser angeborenen Scheu ihr Verhältnis zur Oper eher distanziert, auch wenn sie einige Opernpartien, etwa den Sesto in Mozarts „La clemenza di Tito“, gesungen hat.
Gläubige Christin
Vor einem anderen Tito, nämlich Josip Broz Tito, der Jugoslawien einte, waren Finks Eltern nach Argentinien geflohen. Als gläubige Christen erwartete das slowenische Ehepaar vom Kommunismus nichts Gutes. So kam Bernarda Fink in Buenos Aires zur Welt, wurde aber immer in Erinnerung an die Heimat ihrer Eltern erzogen. Als Jugendliche hatte sie genau dies ihrer Mutter zum Vorwurf gemacht, wie sie vor sieben Jahren in der „Kleinen Zeitung“ in Graz schrieb: Alles musste so sein, wie ihre Mutter Ljubljana in Erinnerung hatte, obwohl die Realität in Argentinien eine andere war.
Inzwischen engagiert sich Fink, die in Kärnten unweit der Heimat ihrer Eltern lebt, selbst stark für Slowenien. Ihr Mann ist der Kärntner Slowene Valentin Inzko, ein österreichischer Diplomat, der von 2009 bis 2021 auch das Amt des Hohen Repräsentanten für Bosnien und Hercegovina innehatte. Ende vergangenen Jahres trat sie im slowenischen Fernsehen auf und sang Volkslieder des Landes. Auch ihren christlichen Glauben versteckt sie nicht. Er ist ihr Motiv, sich für Entwicklungshilfe in Afrika sogar vor Ort stark zu machen.
Aus ihrer sängerischen Laufbahn hatte sich die überaus herzliche und bescheidene Frau schon 2022 eher still zurückgezogen. An diesem Freitag wird Bernarda Fink 70 Jahre alt.