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Zu oft janusköpfig – Sport | ABC-Z

Mit den Römern kennen sie sich aus in Augsburg, und eine Reminiszenz an die Entstehungsgeschichte als Militärlager und spätere römische Provinzstadt Augusta Vindelicum haben sie in dieser Saison beim FCA sogar in ein Trikot überführt. Ikonische Motive aus der Historie schmücken das weinrote Jersey mit den goldenen Schriftzeichen, in denen auch die Vereinsgründung im Jahr 1907 mit den römischen Zahlen MCMVII festgehalten ist. Nicht berücksichtigt wurde allerdings die römische Mythologie. Vorzuwerfen ist das den Designern kaum, schließlich konnten sie nicht vorhersehen, dass es die Fußballer so ernst damit meinen, dem FC Augusta Vindelicum zu entsprechen. Anders ist es jedenfalls kaum zu erklären, dass sie sich im ersten Halbjahr der Saison auch an der Symbolik des römischen Gottes Janus orientiert haben.

Inzwischen sind sie von ihren zwei Gesichtern allerdings genervt. Ihrer sehr ordentlichen Heimbilanz mit 14 Punkten aus acht Spielen stehen ja ganze zwei Auswärtszähler aus sechs Dienstreisen dieser Saison gegenüber. Nur Bochum hat in der Ferne schlechter abgeschnitten, aber sogar dem VfL gelangen fast doppelt so viele Tore wie dem FCA. Gerade einmal vier Törchen hat die Mannschaft von Trainer Jess Thorup fernab der Heimat erzielt, die wenigsten der Bundesliga. Umso größer ist der Wunsch der Augsburger, in ihrem letzten Spiel des Jahres am Samstag bei Holstein Kiel endlich den ersten Auswärtssieg zu erreichen. Abgestimmt wurde mit den Gastgebern bereits, dass die Augsburger ihr Römertrikot tragen können.

Janusköpfig als heimstark und auswärtsschwach haben sie sich für ihren Geschmack aber nun lange genug präsentiert. Letztmals brachten sie vor einem Dreivierteljahr einen Dreier von einer Ligareise mit, durch ein 3:1 in Wolfsburg. Nur im DFB-Pokal gelangen seither zwei Auswärtssiege, beim Regionalligisten Viktoria Berlin (4:1) und in Karlsruhe. Beim Zweitligisten kam dieser nur äußerst knapp zustande, weil Ruben Vargas die Mannschaft in der Nachspielzeit der Verlängerung durch sein Tor zum 2:2 ins Elfmeterschießen gerettet hatte, das sie 5:4 gewann.

„Wir wollen das Jahr erfolgreich abschließen. Erfolgreich heißt mit drei Punkten“, sagt Sportdirektor Jurendic

Wohl auch deshalb formuliert Marinko Jurendic einen klaren Auftrag für das Spiel beim Aufsteiger aus Kiel. „Wir wollen das Jahr erfolgreich abschließen. Erfolgreich heißt mit drei Punkten“, sagt der Sportdirektor. Er fordert zum wiederholten Male mehr Offensivgeist, nachdem Thorup im Laufe der Spielzeit zunehmend vorsichtig hatte agieren lassen und von seinem ursprünglichen Ansatz des „offensiven Mindsets“ nicht mehr allzu viel übrig geblieben ist. Jurendic vermisste auch bei der jüngsten 0:2-Niederlage gegen Meister Leverkusen „den Zug zum Tor“. Auch gegen eine solche Topmannschaft müsse mehr nach vorne kommen, ließ er wissen.

Auch wegen dieser Worte lässt sich erahnen, wie sehr das Halbjahresfazit beim FC Augsburg von Spiel und Ertrag in Kiel abhängen wird, zumal sich der KSV bisher als kaum wettbewerbsfähig präsentiert hat. Nach nur fünf Punkten aus 14 Spielen müssen sich die Kieler als Vorletzte schon recht konkret mit dem direkten Abstieg befassen. Umgekehrt könnte Augsburg mit einem Sieg und dann 19 Punkten eine sehr solide Zwischenbilanz vorweisen. Eine ernsthafte Gefahr ginge von den direkten Abstiegsplätzen bereits nach weniger als der Hälfte der Saison nicht mehr aus. Etwas anders verhielte es sich bei einer Niederlage. In diesem Fall wären sie in Augsburg nicht nur mit ihrem Ertrag unzufrieden. Vor allem müssten sie auch ihre Blicke mehr nach unten richten.

Die Spieler wissen um die Bedeutung der letzten Dienstreise. Allein schon, um sich die Festtage und den Kurzurlaub bis zum 2. Januar nicht zu verderben, wäre ein Unentschieden das Mindeste. Ein Erfolg bei den Kielern sei „extrem wichtig“, sagt Kapitän Jeffrey Gouweleeuw, und zwar nicht nur, „um die auf Abstand zu halten“, sondern vor allem auch, „um mit einem guten Gefühl in die Pause zu gehen“. Mithelfen kann der Innenverteidiger wegen seiner Gelbsperre nicht. Maximilian Bauer dürfte stattdessen gefordert sein, ebenso Chrislain Matsima und Keven Schlotterbeck. Auch Letzterer ist sich bewusst, wie stark die Zwischenbilanz vom letzten Spiel abhängt. Schlotterbeck formuliert es positiv: „Der erste Auswärtssieg wäre ein schönes Weihnachtsgeschenk.“

Zuletzt gelang ein 2:2 in Frankfurt, „da ist die Formkurve nach oben gegangen“, findet Marius Wolf. Das soll sich in Kiel fortsetzen. Man wolle „unbedingt gewinnen“ und die „Auswärtsbilanz aufbessern“, um damit „das Jahr gut abzuschließen“, sagt der Rechtsverteidiger, „es ist auf jeden Fall ein sehr wichtiges Spiel.“ Hinzudenken lässt sich: auch für die Halbjahresbilanz zum Ausklang von 2024. Oder wie es beim FC Augusta Vindelicum heißen müsste: anno MMXXIV.

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