Zu Besuch in Polen – Legnica (Liegnitz) | ABC-Z
Mit der Bahn vom Berliner Hauptbahnhof gelangt man mit der bestmöglichen Zugverbindung innerhalb von 3h 28min in die niederschlesische Stadt Legnica (Liegnitz). Bis 1945 bewohnten fast ausschließlich Deutsche diese Stadt, im Zuge der Neuordnung Europas nach dem zweiten Weltkrieg erfolgte die Ausweisung der Deutschen und die Ansiedlung von Polen, welche wiederum aus den ehemaligen Ostgebieten Polen kamen, daher auch Vertriebene.
Heute leben knapp 100.000 Einwohner in dieser mittelgroßen Stadt. Der zweite Weltkrieg hat die Stadt tatsächlich weitgehend verschont. Die mittelalterliche Altstadt wurde leider in den 1960er weitgehend abgerissen und durch einfache sozialistische Bauten ersetzt. Repräsentative große Bauten wie „die Rathäuser“, Theater, Post, Kirchen und einige andere Bürgerhäuser blieben erhalten.
Das spürt man auch, die Stadt ist ein Mix aus verschiedenen Epochen. Angekommen am alten Bahnhof, welcher behutsam modernisiert wurde, erwarten den Gästen gleich alte und neue Gebäude beim ersten Blick in die Stadt. Für die Übernachtung haben wir das Qubus Hotel ausgewählt, günstig gelegen zwischen Bahnhof und Altstadt sowie relativ modern und für ein 4-Sterne Hotel preislich ok. Hervorzuheben ist das Frühstück, das ist sehr umfangreich und ein Augenschmaus.
Tatsächlich habe ich mich, der Autor dieses Artikels, dabei ertappt, das mit der Ankunft in diesem Ort, die Frage aufkam „Wo ist das große Einkaufszentrum“. Tatsächlich wurden in Polen in den letzten zwei Jahrzehnten unzählige Einkaufstempel aus dem Boden gestampft, zumeist draußen auf der grünen Wiese aber auch innerorts. In Liegnitz war es etwas versteckt, quasi hinter den (Altstadt)Fassaden der Innenstadthäuser verbargen sich die unzähligen Geschäfte. Drinnen war es vergleichbar mit anderen Shoppingtempeln.
Hervorzuheben ist das von weithin sichtbare Piastenschloss und die Rathäuser, alt und neu (1902-1906 erbaut). Man kann gemütlich schlendern und sich in Lokalitäten kulinarisch verköstigen lassen Schlesische Küche (Rinderroulade) und polnische Küche (Piroggen) kann abwechselnd genossen werden. Und überhaupt, in den gastronomischen Einrichtungen sind viele alte Fotos zu finden, die die deutsche Geschichte der Stadt zeigen. Des weiteren sind an wichtigen Orten der Stadt, mehrsprachige Schilder an den Hauswänden zu finden. Daher es ist ein Teil der akzeptierten Vergangenheit geworden der heutigen polnischen Stadt und wird nicht mehr versteckt.
Es folgte noch ein kleiner Ausflug nach Waldenburg (Walbrzych), dies ist eine im wahrsten Sinne des Wortes „Lange Stadt“. Sie schlängelt sich über Berg und Tal, das eigentliche Zentrum ist unspektakulär und Bedarf noch einigem touristischem Marketing. Hervorzuheben ist eigentlich nur das sich in der Nähe befindliche Schloss Fürstenstein (Zamek Ksiaz), dort unbedingt den Waldweg zurücknehmen, am Ende des Weges wartet der schöne nostalgische Palmengarten mit Vulkangestein auf. Südlich der Stadt Waldenburg befinden noch Bergwerkstollen, welche teilweise militärisch genutzt wurden oder bei denen angeblich sogar Gold versteckt wurde (Stichwort: Riesen). Dorthin kommt man am besten mit dem Auto.
Auch der etwas kleineren Stadt Lubin (ca. 70.000 Einwohner) im Norden von Legnica, statteten wir einen Besuch ab. Gleich am Bahnhof gibt es eine Freiluftausstellung zu der Umsiedlung der Polen aus dem Osten in Richtung Westen ab 1945. In der Innenstadt sind augenscheinlich kaum Geschäfte vorzufinden, der Grund ist weithin sichtbar und könnte für ein Stadium gehalten werden, dabei ist es wirklich ein riesiger Einkaufstempel. Geschichtlich gibt es im Rathaus eine kostenlose Dauerausstellung zur Gewerkschaft Solidarnosc, welche einen großen Anteil am friedlichen Umbruch in Europa hatte.
Unser letzter Besuchstag war der Sonntag und tatsächlich gab es in der Innenstadt von Liegnitz einen Flohmarkt mit vielen Gebrauchsgegenständen aus dem Haushalt und Accessoires aber auch Bücher, CDs, DVDs. Antiquitäten konnten auch erworden werden u.a. von alten Schildern, Postkarten und Münzen, die bis 1945 in dieser Stadt alltäglich vorzufinden waren. Und nicht zu vergessen, der Sozialdemokrat Paul Löbe ist ein „großer“ Sohn dieser Stadt.
Es ging gemütlich mit der Bahn zurück, durch die hügelige sanft geschwungene Landschaft nach Berlin.
Information: Dies ist eine lose Reihe über unseren Nachbarn Polen. Deutschland und Polen verbindet eine wechselhafte Geschichte, wir gehen punktuell darauf ein bei den jeweiligen Stadtbesuchen. Wir wünschen uns für die Zukunft einen harmonischen nachbarschaftlichen Austausch. Diese Artikel sind eine Eigenproduktion von inBerlin.de ohne weitere Unterstützung.