Wirtschaft

Zoll-Konflikt: Wie Apple um Haaresbreite einer Mega-Krise entging | ABC-Z

Die US-Zölle auf chinesische Produkte hätten kaum ein anderes Unternehmen härter getroffen als Apple. Nun erließ der Präsident eine Ausnahmegenehmigung. Das dürfte die Aktie am Montag in die Höhe schießen lassen. Und es zeigt, wie Lobbyismus in Washington läuft.

Apple hat es geschafft, seiner größten Krise seit der Pandemie zu entkommen – zumindest vorerst. Denn Donald Trumps Zölle von insgesamt 145 Prozent auf in China produzierte Waren drohten die Lieferketten des Unternehmens ebenso drastisch zu stören wie die Covid-Pandemie vor fünf Jahren. Am Freitagabend kam jedoch der Befreiungsschlag durch den Präsidenten, indem dieser viele Unterhaltungselektronikprodukte von den Zöllen befreite. Dazu gehören insbesondere Apples Produkte – iPhones, iPads, Macs, Apple Watches und AirTags.

Und damit nicht genug: Sogar die zehnprozentigen Basiszölle für praktisch alle importierten Waren, wurden für diese Produkte aufgehoben. Auch wenn ein neuer, niedrigerer so genannter sektoraler Zoll auf Waren, die Halbleiter enthalten, angekündigt wurde, und auch wenn der 20-prozentige Basiszoll auf Waren aus China bestehen bleibt – die Änderung ist eine enorme Hilfe für Apple und die Unterhaltungselektronikbranche, die bei ihrer Produktion immer noch stark auf das asiatische Land angewiesen ist. „Dies ist eine große Erleichterung für Apple“, sagte Amit Daryanani, Analyst bei Evercore ISI, in einer Notiz vom Samstag. Er erwartet, dass sich die Aktie am Montag erholen wird, nachdem sie in diesem Monat um elf Prozent gefallen ist.

Vor der jüngsten Ausnahmeregelung sah der Plan des iPhone-Herstellers so aus: Apple wollte seine Lieferkette anpassen, um mehr iPhones aus den USA in Indien zu produzieren, was mit weitaus niedrigeren Abgaben verbunden gewesen wäre. Die Apple-Führungskräfte glaubten, dass dies eine kurzfristige Lösung wäre, um die horrenden China-Zölle zu vermeiden und saftige Preiserhöhungen zu verhindern.

Da die iPhone-Fabriken in Indien so ausgebaut werden, dass sie demnächst mehr als 30 Millionen iPhones pro Jahr produzieren können, hätte die Produktion in diesem Land immerhin einen großen Teil der amerikanischen Nachfrage decken können. Apple verkauft derzeit jährlich etwa 220 bis 230 Millionen iPhones, von denen etwa ein Drittel in die USA geht.

Eine weitere Verlagerung von Kapazitäten wäre aber mit großen Schwierigkeiten verbunden gewesen, zumal das Unternehmen bereits kurz vor der Produktion des iPhone 17 steht, das hauptsächlich in China hergestellt werden wird. In den Betriebs-, Finanz- und Marketingabteilungen von Apple wuchsen die Befürchtungen, dass die Markteinführung der neuen Telefone im Herbst in Gefahr geraten könnte – und schürten ein Gefühl der Angst.

Das Unternehmen hätte in nur wenigen Monaten die Herkulesaufgabe bewältigen müssen, die Produktion des iPhone 17 nach Indien oder anderswohin zu verlagern. Es hätte wahrscheinlich die Preise erhöhen müssen – was immer noch möglich ist – und mit den Zulieferern um bessere Margen kämpfen müssen. Und Apples berühmter Marketingmotor hätte die Verbraucher davon überzeugen müssen, dass sich das alles lohnt.

Jetzt scheint das Schlimmste abgewendet. Aber das Gefühl der Unsicherheit bleibt. Die Politik des Weißen Hauses wird sich wahrscheinlich wieder ändern, und Apple wird vielleicht noch drastischere Änderungen vornehmen müssen. Zumindest im Moment atmet das Management jedoch auf.

Eine weitere Sorge: Wenn Apple noch mehr Produktionskapazitäten aus China verlagert, wie würde das Land darauf reagieren? Apple erwirtschaftet etwa 17 Prozent seines Umsatzes in China und betreibt Dutzende von Läden. Und wer in China nicht spurt, bekommt schnell Probleme.

Peking hat bereits Wettbewerbsuntersuchungen gegen diverse US-Unternehmen eingeleitet und könnte Apple durch sein eigenes Zollverfahren Probleme bereiten. In den letzten Jahren hat China auch iPhones und andere in den USA hergestellte Geräte für seine zahlreichen Regierungsangestellten verboten. Dies geschah, nachdem die USA gegen den chinesischen Technologieführer Huawei vorgegangen waren.

75 Prozent des Umsatzes hängen von diesen Produkten ab

Das iPhone ist der größte Umsatzbringer von Apple und wird nach Schätzungen von Morgan Stanley zu 87 Prozent in China hergestellt. Etwa vier von fünf iPads werden ebenfalls in China hergestellt, ebenso wie 60 Prozent der Macs.

Insgesamt sind diese Produkte für etwa 75 Prozent des Jahresumsatzes von Apple verantwortlich. Dagegen stellt das Unternehmen inzwischen fast alle seine Apple Watches und AirPods in Vietnam her. Einige iPads und Macs werden ebenfalls in diesem Land hergestellt, und die Mac-Produktion wird in Malaysia und Thailand ausgebaut.

Eine vollständige Trennung von China, dem jahrzehntelangen Produktionsstandort von Apple, wäre unwahrscheinlich. Obwohl Trump Apple dazu gedrängt hat, iPhones in den USA zu produzieren, wird dies aufgrund des Mangels an einheimischen Ingenieuren und Produktionsmitarbeitern auf kurze Sicht fast unmöglich sein.

Aufgrund der Größe und des Umfangs der Anlagen in China sind diese in puncto Geschwindigkeit und Effizienz schwer zu übertreffen. Die Produktion in China ist auch für den Absatz von Apple in der Welt außerhalb der USA von entscheidender Bedeutung. Das Unternehmen aus Cupertino, Kalifornien, erzielt fast 60 Prozent seiner Einnahmen außerhalb Amerikas.

Daher wurden Lobbyisten von Apple und anderen Technologieunternehmen seit der Ankündigung einer Welle von Zöllen am 2. April immer wieder im Weißen Haus vorstellig und baten um eine Ausnahme. Der Druck nahm umso mehr zu, wie sich der Zollkonflikt mit China immer weiter hochschraubte.

Und die Lage wurde für Apple schier katastrophal, als Trump die höheren Zölle für andere Länder wieder aussetzte. – dadurch hätte beispielsweise der koreanische Apple-Rivale Samsung, der seine Telefone außerhalb Chinas herstellt, einen riesigen Vorteil gehabt.

Apple und andere Unternehmen betonten in ihrem Kampf um eine Ausnahmegenehmigung zwar, dass sie zwar bereit seien, ihre Investitionen in den USA zu erhöhen, die Verlagerung der Endmontage in die USA bringe aber kaum Vorteile bringt. Stattdessen, so argumentieren sie, sollten sich die USA darauf konzentrieren, höherwertige Arbeitsplätze zurückzubringen und Investitionen in Bereiche wie die Halbleiterproduktion zu fördern.

Irgendwann scheint dies im Weißen Haus auf fruchtbaren Boden gefallen zu sein. Am Samstag wurde dann überraschend bekannt, dass Präsident Trump offenbar schon am Freitag eine Ausnahme für diverse Elektronikprodukte erteilt hatte. Damit ist Apple um Haaresbreite einer Mega-Krise entgangen. Das Unternehmen und seine Aktionäre können jetzt aufatmen. Fragt sich, wie lange.

Bloomberg/fhs

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