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Zoll-Hammer muss kommen: Ein Bluff von Trump wäre ein Extra-Gewinn für Putin | ABC-Z

Mit einem Schlag könnte der US-Präsident das westliche Sanktionsregime wasserdicht machen – falls er Strafzölle von 100 Prozent gegen Russland und dessen Handelspartner verhängt. Sollte sich Trumps Zoll-Ultimatum von zehn Tagen aber als Bluff entpuppen, hat Putin umso mehr gewonnen.

Nächste Woche Freitag endet Donald Trumps Ultimatum, das er Wladimir Putin gestellt hat. Falls sein russischer Amtskollege den Krieg in der Ukraine nicht am 8. August beende, werde er Strafzölle von “etwa 100 Prozent” verhängen, sagte der US-Präsident. Zuvor drohte er “Sekundärzölle” an, die auch Russlands Handelspartner wie China und Indien treffen würden.

Bislang zeigt sich Putin völlig unbeeindruckt von derlei Drohgebärden aus dem Weißen Haus. Russland lässt seine Soldaten in der Ukraine weiter bomben, weiter morden, weiter vergewaltigen. Es ist offensichtlich: Putin nimmt Trump nicht ernst. Trump kann das nur ändern, wenn er am 8. August den Zoll-Hammer schwingt. Sollte sich sein Ultimatum hingegen als Bluff entpuppen, wäre das ein besonderer Gewinn für Putin. Denn dann gehen Trump allmählich die Druckmittel aus.

Ohnehin gibt es nur zwei Druckmittel, auf die Trump zurückgreifen kann: das militärische und das wirtschaftliche. Militärisch weigert sich Trump, Kiew im gleichen Umfang zu versorgen wie sein Amtsvorgänger Joe Biden. Waffen sollen nur geliefert werden, wenn die Ukraine oder ihre europäischen Verbündeten die US-Firmen dafür bezahlen.

Trumps Patriot-Versprechen sollen die Europäer erfüllen

Deutlich wurde das zuletzt nach Trumps Ankündigung, zwei Patriot-Systeme an das kriegsgebeutelte Land zu schicken. Schon ließen sich einige Beobachter zu der Behauptung hinreißen, Trump vollziehe eine Kehrtwende in seiner Ukraine-Politik. Doch Außenminister Boris Pistorius wollte nicht so eindeutig von einem Wendepunkt sprechen. Zurecht. Es stellte sich heraus: So direkt wollen die Vereinigten Staaten vermutlich erstmal gar nichts liefern.

Es sieht eher so aus: Deutschland oder andere europäische Staaten sollen die Patriots locker machen – aus ihren äußerst knappen eigenen Beständen. Dann bekommen sie, erst nach Monaten, Ersatz aus den USA, den sie bezahlen müssen. Trump übt also wieder Druck auf die Europäer aus, nicht auf den Kreml-Chef. Das freut Putin, hat ihm Trump damit doch erneut ein glasklares Signal gesendet: Er hat noch immer keine Lust, der Ukraine wirklich zu helfen. Das allein ist für Putin schon ein Gewinn auf ganzer Linie.

Schon klar, Trump handelt erratisch. Vielleicht sieht er bald das Bild eines von den Russen zerbombten Krankenhauses, vielleicht wird er dann emotional, vielleicht erinnert er sich an sein Friedensversprechen – und vielleicht ändert er anschließend seine Meinung zur Unterstützung für die Ukraine. Auch Putin kann das nicht völlig ausschließen. Genauso verhält es sich jetzt mit den Zöllen, die Trump ihm androht: Bis vor Kurzem weigerte sich der US-Präsident, gegen Russland hohe Strafzölle für den Krieg zu verhängen.

EU schreckt vor Sekundärsanktionen zurück

Noch vor wenigen Wochen stand Trump einem entsprechenden Gesetzesentwurf von 80 Senatoren skeptisch gegenüber. Der Entwurf sah vor, jedem Land, das russische Energie kauft, Zölle in Höhe von 500 Prozent aufzuerlegen. Trump war zunächst dagegen. Sanktionen in solchem Umfang würden nicht nur Russland hart treffen, sondern auch die USA, sagte er. Das stimmt. Trump müsste also gewillt sein, eigene wirtschaftliche Verluste hinzunehmen, wenn er die Zölle verhängt; auch wenn sie statt bei 500 bei 100 Prozent liegen sollten.

Warum aber soll Trump dazu bereit sein, die wirtschaftliche Last bei Strafzöllen zu tragen, wenn er sie bei der militärischen Hilfe nicht schultern will? Zumal die USA noch immer mit China über gegenseitige Zölle verhandeln müssen – und Trump zugleich seine enormen Steuersenkungen gegenfinanzieren muss. Also ist es gut möglich, dass sich Trumps Zoll-Ultimatum an Putin als Bluff entpuppt. Falls das Weiße Haus tatsächlich einen Rückzieher macht, hat Putin wieder gewonnen. Vorerst kann er seinen Krieg ungestört weiterführen. Von den USA hat er nichts zu befürchten.

Die letzten verlässlichen Partner für den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj wären dann die europäischen Länder. Die Europäer stehen bislang – mit wenigen Ausnahmen – an der Seite der Ukraine. Sie schicken große Hilfspakete nach Kiew. Sie erweitern fortlaufend ihre Sanktionsliste gegen Moskau. Nur: In ihrer Härte bleiben die EU-Sanktionen weit hinter denen zurück, die von den Vereinigten Staaten verhängt werden könnten. Denn die Europäer scheuen bislang aufgrund juristischer Erwägungen weitgehend zurück vor Sekundärsanktionen, die Russlands Handelspartner treffen würden. Lediglich zwei chinesische Banken sanktionierte die EU bislang.

Trump hingegen könnte mit seinem Zoll-Hammer das Sanktionsregime des Westens durchsetzen – ob in Peking, Neu-Delhi oder Istanbul. Es wären die richtigen Stellschrauben, um die gesamten westlichen Sanktionspakete endgültig wasserdicht zu machen. Falls Trump aber nur blufft, bleibt das Sanktionsregime löchrig.

Für Putin wäre das nicht nur aus wirtschaftlicher, sondern auch aus strategischer Sicht ein Extra-Gewinn. Die Finte könnte er in seiner Propagandamaschinerie ausschlachten – sie passt perfekt in das Bild, das russische Staatsmedien ohnehin zeichnen wollen: Trump ist schwach, die USA sind schwach, der Westen ist schwach. Allerdings muss Putin dabei klar sein: Auch sein amerikanischer Amtskollege liebt die mediale Inszenierung als starker Mann. Fühlt Trump sich zu sehr vom Kreml vorgeführt, kann er ganz schnell umschwenken.

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