Geopolitik

Zerstrittene Regierung: Koalitionsspitzen verhandeln über Zukunft der Ampel | ABC-Z

Nach wochenlangem Streit um den Haushalt und die Wirtschaftspolitik wollen die Spitzen von SPD, Grünen und FDP an diesem Mittwoch klären, ob es noch eine Grundlage für die weitere Zusammenarbeit gibt. In einer Sitzung des Koalitionsausschusses geht es am Abend darum, wie das Milliardenloch im Haushalt 2025 gestopft und die schwer angeschlagene deutsche Wirtschaft wieder in Schwung gebracht werden kann.

Vor den Beratungen sollen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Robert Habeck (Grüne) zu zwei Vorbereitungsrunden zusammenkommen, unterbrochen von einer Kabinettssitzung. Die drei Politiker hatten sich bereits am Montag und Dienstag getroffen und wollen nun versuchen, eine gemeinsame Vorlage für den Koalitionsausschuss zustande zu bringen. Sollten sie das schaffen, dürfte die große Runde mit allen Partei- und Fraktionschefs am Abend nach Ansicht von Beobachtern nur noch Formsache sein. Sollten sie sich nicht einigen, könnte es das Aus der Ampelregierung bedeuten.

Widerstand gegen Lindners “Herbst der Entscheidungen”

Lindner hat schon vor einiger Zeit den “Herbst der Entscheidungen” für die Koalition ausgerufen. Er meinte damit vor allem den Haushalt für das kommende Jahr, der Ende November im Bundestag verabschiedet werden soll. Daneben geht es ihm um eine Strategie, wie Deutschland aus der Wirtschaftskrise geführt werden soll. Dazu hatte er Vorschläge gemacht, die den Streit in der Koalition eskalieren ließen. In seinem Konzept für eine Wirtschaftswende fordert Lindner unter anderem die endgültige Abschaffung des Solidaritätszuschlags auch für Vielverdiener und einen Kurswechsel in der Klimapolitik.

Gegen solche Ideen gibt es erheblichen Widerstand bei SPD und Grünen. Habeck machte Lindner aber auch ein Angebot. Er erklärte sich bereit, die nach der Verschiebung des Baus eines Intel-Werks in Magdeburg frei werdenden Fördermilliarden zu verwenden, um Lücken im Haushalt zu schließen. Anschließend forderte er, “nun erwarte ich allerdings auch, dass die anderen auch im eigenen Bereich mal Vorschläge machen”.

Selbst bei einer Einigung blieben Differenzen

Seit Montag suchen Scholz, Habeck und Lindner unterstützt von Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD) und zwei Staatssekretären nach Lösungen. Sollten sie an diesem Mittwoch zu einer Einigung kommen, die dann anschließend vom Koalitionsausschuss abgesegnet wird, müsste der Haushalt 2025 noch durch den Bundestag. Am 14. November ist die entscheidende Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses, bei der die letzten Details geklärt werden sollen. Zwei Wochen später stimmt der gesamte Bundestag ab. Wenn das gelingt, gilt das als die schwerste Hürde, die die Ampel zu nehmen hätte, um weiterzuregieren. Weitere Streitpunkte wären aber noch offen, etwa um das Rentenpaket oder die Migrationspolitik.

Scholz will das Ampel-Aus verhindern

Sollte es am Mittwoch oder in der Nacht zu Donnerstag nicht zu einer Einigung kommen, droht das Ampel-Aus. Eine Möglichkeit wäre, dass die FDP aus der Regierung aussteigt. Theoretisch könnten die FDP-Minister auch Kanzler Scholz entlassen werden. Das gilt laut Beobachtern aber als deutlich unwahrscheinlicher.

Scholz hatte am Dienstag noch mal an die Koalitionspartner appelliert: “Klar ist, es ginge”, sagte er. “Insofern ist die Frage nicht, ob man es überhaupt hinkriegen kann, sondern es ist möglich, und da müssen jetzt alle arbeiten.”

Szenarien Neuwahl oder Minderheitsregierung

Sollte die FDP die Koalition verlassen, stünden SPD und Grüne vor der Frage, ob sie ohne eine Mehrheit im Parlament regieren oder eine Neuwahl einleiten wollen. Im Fall einer Minderheitsregierung wäre Rot-Grün bei jeder Entscheidung im Bundestag auf Unterstützung aus der Opposition angewiesen.

Die Union dringt aber auf eine vorgezogene Bundestagswahl und liegt in Umfragen weit vorn. Daher erwarten Beobachter nicht, dass sie sich kooperativ zeigt. Es wäre also wahrscheinlicher, dass die Restregierung früher oder später über eine Vertrauensfrage von Kanzler Scholz eine Neuwahl in die Wege leitet.

Verhandlungen unter dem Eindruck der US-Wahl

Auch der Ausgang der Wahlen in den USA dürfte Einfluss auf die Verhandlungen am Mittwoch haben. Sollte der Republikaner Donald Trump zum zweiten Mal zum Präsidenten gewählt werden, würde das weltweit für Unsicherheit sorgen und könnte die Einigungsbereitschaft in der Koalition erhöhen.

Denn ein Neuwahlszenario mit einem möglichen Wahltermin Anfang kommenden Jahres würde bedeuten, dass Deutschland in den ersten Monaten einer Regierung Trump erst in der heißen Wahlkampfphase und dann in Koalitionsverhandlungen stecken würde und nur bedingt handlungsfähig wäre.

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