Zeiss entwickelt EUV-Technik weiter | ABC-Z
Gordon Moore hat das nach ihm benannte Gesetz formuliert, dabei ist es kein Gesetz im eigentlichen Sinne, es ist eine Faustregel beruhend auf empirischen Daten. Der amerikanische Ingenieur, der das Chipunternehmen Intel mitbegründete, beobachtete 1965, dass sich die die Anzahl der Schaltkreiskomponenten auf einem integrierten Schaltkreis jedes Jahr verdoppelte – und prognostizierte, dass das so weitergehen werde.
Moores Gesetz erwies sich bis heute als richtig, auch wenn die Grenzen der Physik in den vergangenen Jahren näher gerückt sind. Nun hat aber der Technologiekonzern Zeiss mit einer neuen Technik sichergestellt, dass das Mooresche Gesetz mindestens bis 2030 gilt.
In einer Industriepartnerschaft mit dem Laser-Spezialisten Trumpf und dem niederländischen Maschinenhersteller ASML hat Zeiss die EUV-Lithographie (für „Extrem Ultraviolettes Licht“) entwickelt, die das Mooresche Gesetz bis in die zweite Hälfte dieses Jahrzehnts fortgeschrieben hat. Diese Technik hat Zeiss jetzt zur High-NA-EUV-Lithographie weiterentwickelt und im vergangenen Geschäftsjahr erstmals an ASML geliefert, wie Zeiss-Chef Karl Lamprecht am Dienstag bei der Bilanzpressekonferenz des Unternehmens im württembergischen Oberkochen auf der Ostalb sagte. Damit wollen die Partnerunternehmen die nächste Mikrochip-Generation realisieren – und so sicherstellen, dass sich die von Gordon Moore geprägte Regel bis zum Ende der Dekade bewahrheitet.
Mit Abstand wichtigste Sparte
Zeiss stellt dabei Optiken her für Lasermaschinen, die mit der EUV-Lithographie sogenannte Wafer belichten. Das sind kreisrunde, dünne Siliziumscheiben, die im Anschluss an die Belichtung in einzelne Computerchips zerlegt werden. Und weil diese Chips in so gut wie allen modernen Smartphones und Notebooks stecken und diese Geräte immer leistungsfähiger und schneller werden sollen, müssen die Wafer mit immer kleineren Strukturen bedruckt werden. Bei der High-NA-Technik können durch einen veränderten Winkelbereich die Strukturen noch filigraner werden. „Wir haben die Optik so modifiziert, dass wir nun die Strukturen so schreiben können, dass wir noch mehr Transistoren auf den Chip bekommen“, erläuterte Lamprecht.
Für Zeiss ist der Geschäftsbereich Halbleiter und EUV-Technik mittlerweile die mit Abstand wichtigste Sparte, und sie verzeichnete im im September zu Ende gegangenen Geschäftsjahr 2023/24 auch das stärkste Wachstum. Die Erlöse stiegen um 16 Prozent auf 4,1 Milliarden Euro. „Der Trend der Digitalisierung ist ungebrochen, die Wachstumstreiber sind intakt, und die EUV-Technik ist die ökonomischste Lösung, Superchips zu produzieren“, sagte Lamprecht, der aber mit Sorge auf die künftige, möglicherweise noch striktere US-Sanktionspolitik unter Donald Trump blickt. „Die EUV-Technik ist schon jetzt sanktioniert, und auch wenn wir nicht genau wissen, was passiert, gehen wir davon aus, dass die Regeln schärfer werden. Und das beeinflusst uns schon negativ.“ Im Gegensatz zu EUV-Technik darf die Vorgänger-Generation DUV (für „Deep Ultra Violett“) nach China geliefert werden, die Nachfrage dort war laut Zeiss im vergangenen Jahr hoch, was nicht zuletzt der Grund dafür gewesen ist, dass sich die Sparte besser als der Markt entwickelt hat.
Insgesamt belief sich der Umsatz von Zeiss auf rund 10,9 Milliarden Euro, das sind acht Prozent mehr als im Geschäftsjahr 2022/23. Mit 46.485 Mitarbeitern, davon 22.524 in Deutschland, erwirtschaftete das Unternehmen einen operativen Gewinn (Ebit) von 1,4 Milliarden Euro, was einem Minus von 15 Prozent und einer operativen Umsatzrendite (Ebit) von 13 Prozent entspricht. Im kommenden Jahr rechnet Zeiss allerdings wegen geopolitischer Konflikte und der schlechten konjunkturellen Lage mit einer Verlangsamung. Das Geschäftsumfeld entwickele sich zunehmend herausfordernd, sagte Konzernchef Lamprecht. Er sieht das Unternehmen dabei breit genug aufgestellt, um „verhalten positiv“ zu bleiben. So dürfte der Umsatz im laufenden Geschäftsjahr nur noch im niedrigen einstelligen Prozentbereich zulegen. Von den Erlösen sollen elf Prozent als operativer Gewinn hängen bleiben.
Investition von Milliarden
Für die Zukunft plant Zeiss weitere Investitionen, so will das Unternehmen in den nächsten fünf Jahren rund 3,5 Milliarden Euro in die Infrastruktur stecken. Der Großteil davon fließe in Projekte in Deutschland – etwa in den Ausbau des Standorts Oberkochen oder den neuen Standort in Aalen-Ebnat. Bereits im vergangenen Geschäftsjahr hatte Zeiss die Investitionen in Sachanlagen um 260 Millionen Euro auf 1,6 Milliarden Euro gesteigert. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung stiegen um 48 Millionen Euro auf ebenfalls 1,6 Milliarden Euro.
Die Sparte Mikroskopie und Messtechnik steigerte ihre Erlöse um drei Prozent auf 2,4 Milliarden Euro. Vor allem habe der Bereich der Elektronenmikroskopie den Geschäftsbereich mit einer starken Nachfrage gestützt, währen die aktuellen Unsicherheiten in der Automobilindustrie die Umsätze belasteten. In der Medizintechnik habe die Investitionszurückhaltung den Umsatz im Gerätegeschäft negativ beeinflusst. Der Umsatz stieg leicht auf 2,6 Milliarden Euro. Große Hoffnung setzt Zeiss auf den Erwerb des holländischen Anbieters von Geräten für die Netzhautchirurgie Dorc.
Im Geschäftsbereich Brillengläser und Ferngläser steigerte Zeiss die Erlöse um drei Prozent auf 1,7 Milliarden Euro. Während sich der Augenoptikmarkt stabil entwickelte, hielt die Kaufzurückhaltung bei Optiken für Jagd und Naturbeobachtung weiter an. Für Lamprecht war es die letzte Bilanzpressekonferenz, der Österreicher hat seinen Vertrag nicht verlängert und übergibt seinen Posten Ende März an Andreas Pecher, den aktuellen Chef der Halbleitersparte von Zeiss.