Bilder von Karl Maldek: Ein Aufschrei gegen das Vergessen – Bad Tölz-Wolfratshausen | ABC-Z

Die Bilder von Karl Maldek lassen den Betrachter nicht los – sie erschüttern, fordern heraus, bleiben haften. Die Tuschezeichnungen mit Titeln wie „Gesang der Jünglinge im Feuerofen“ oder „Und rottete aus, was Odem hatte“ zeigen eindrucksvoll die Schrecken des Krieges: Totenschädel auf dem Rost eines Krematoriums, Leichenberge in Gruben, nackte Frauen vor einem Erschießungskommando, auf Pritschen zusammengepferchte Häftlinge. Es sind brutale, kompromisslose Darstellungen von Leid und Tod – und die persönlichen Zeugnisse eines Mannes, der den Krieg selbst erlebt hat.
Karl Maldek, 1924 in Wien geboren, wurde gegen seinen Willen zum Soldaten. Mit 17 Jahren verhaftet, zur Wehrmacht gezwungen, überlebte er 1944 das Inferno von Monte Cassino nur um Haaresbreite. Er schloss sich daraufhin italienischen Partisanen an, wurde aber von den Deutschen verhaftet und zum Tod verurteilt. In letzter Minute wurde die Hinrichtung in den Einsatz in einer Strafkompanie im Osten umgewandelt, wo er später in sowjetische Gefangenschaft geriet. Erst 1947 kehrte er traumatisiert zurück.
Die städtische Galerie an der Elbestraße in Geretsried und das Stadtmuseum Wolfratshausen zeigen nun – anlässlich des 80. Jahrestages des Kriegsendes – erneut eine Auswahl von Maldeks Werken. Beide Städte haben die eindringlichen Bilder 2004 als Leihgabe von Maldeks Erben erhalten, Geretsried stellt sie seitdem zum dritten Mal aus. 27 Bilder sind es, die in der Galerie an der Elbestraße zu sehen sind. Eine kluge Entscheidung, die Anzahl bewusst reduziert zu halten, denn die Werke verlangen keinen flüchtigen Blick, sondern eine intensive Auseinandersetzung.
Die Ausstellung passe besonders gut in diese Stadt, die ohne den Zweiten Weltkrieg nie gegründet worden wäre, sagte der Geretsrieder Bürgermeister Michael Müller (CSU) bei der Vernissage am Samstag. „Maldeks Zeichnungen führen uns vor Augen, was Krieg, Angst und Verzweiflung sind“, so Müller. „Sie sind aktueller denn je in einer Zeit, in der wieder Hakenkreuze an Wände geschmiert werden.“
Dieter Klug, ehemaliger Lehrer am Waldramer Gymnasium Sankt Matthias, der Maldek persönlich kannte, führte in Leben und Werk des Künstlers ein. Maldek, der als Schauspieler Karriere machte, unter anderem bei den Münchner Kammerspielen, habe sich später im Leben ganz der Malerei verschrieben und seine Kriegseindrücke künstlerisch verarbeitet. „Er war ein Unbequemer, er wollte nicht schonen, sondern aufrütteln“, sagte Klug. Maldek habe das „den Leuten in den Bauch treten“ genannt. In seinem abgeschotteten Atelier in Pöcking – einem „Bilderzimmer“ mit zugehängten Fenstern – schuf er beklemmende Visionen von Schmerz, Angst und Tod.

Maldeks Tochter Mila Mladek, seine Enkelin und weitere Familienmitglieder waren bei der Eröffnung anwesend. Mila trägt den ursprünglichen Familiennamen, denn „Maldek“ war der Künstlername ihres Vaters. Der Krieg habe ihn Zeit seines Lebens nicht losgelassen, auch wenn er selten darüber sprach, schildert sie ihre Erinnerungen. „Er war intelligent, talentiert und gut aussehend, aber auch sehr einsam, weil er sich mit seiner kompromisslosen Art selbst im Wege stand.“
Ihre Bewunderung gilt seiner Zivilcourage und dem freiheitsliebenden Denken. Tochter Mila hofft, dass die Ausstellung auch viele junge Leute erreicht. Denn Maldeks Werke sind eine Mahnung – gegen das Vergessen, gegen Verdrängen und Gleichgültigkeit. Geretsrieds Kulturamtsleiterin Anita Zwicknagl plant deshalb auch, sie künftig in regelmäßigen Abständen zu zeigen, „nicht inflationär“, wie sie sagte, aber denkbar wäre alle fünf Jahre.“
Die beiden Sonderausstellungen mit Bildern von Karl Maldek zum Ende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren sind in Geretsried und Wolfratshausen bis 1. Juni zu sehen. Die Galerie an der Elbestraße hat freitags und samstags von 15 bis 18 Uhr geöffnet, das Museum Wolfratshausen dienstags bis samstags von 10 bis 16 Uhr, donnerstags bis 17 Uhr und sonntags von 14 bis 17 Uhr.