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Wörthsee: Pfarrgemeinderat lädt Gegner von Brosius-Gersdorf ein – Starnberg | ABC-Z

Dem aktuellen katholischen Pfarrbrief für Seefeld und Wörthsee ist diesmal ein spezielles Blatt beigelegt. Eingeladen wird zu einer Veranstaltung am 28. Juli um 19.30 Uhr im Pfarrsaal Wörthsee, der Referent sei Kristijan Aufiero aus Bozen. Sein Vortrag sollte lauten: „Hilfe in der Not. 1000 plus – im Einsatz für Schwangere in Not“. Tenor: Aufiero habe „mit seinem Team von 1000 plus seit vielen Jahren ganz konkrete Hilfe Frauen zur Verfügung“ gestellt, die ungewollt schwanger geworden seien. Zudem wird auf dem Blatt damit geworben, dass diese Frauen über Telefon und E-Mail „ein offenes Ohr, Beratung und konkrete Hilfe“ finden würden – das Echo sei dabei beeindruckend. Eingeladen hat der Pfarrgemeinderat Wörthsee, der auch mitteilt, sich auf eine „rege Beteiligung“ zu freuen.

Doch nun war die Veranstaltung kurzfristig ohne Angaben von Gründen abgesagt worden – mit einem Hinweiszettel am Pfarrsaal. Wurde es dem Pfarrgemeinderat mit dieser Personalie zu heiß? Hat man bemerkt, um wen es sich bei dem 55 Jahre alten Referenten handelt? Denn Aufiero gilt als erzkonservativer Abtreibungsgegner, ist Gründer und Geschäftsführer der 1000 plus-Profemina gGmbH mit Sitz in München. Diese gehört dem Spektrum sogenannter Lebensschutzorganisationen an. Kritiker werfen der Gesellschaft vor, „Lebensschutz als Kampfbegriff“ zu benutzen und ungewollt Schwangeren nicht ergebnisoffen, sondern nur mit dem Ziel zu beraten, das Kind zu bekommen.

Aufiero ist auch Verleger des konservativ ausgerichteten Online-Magazins „Corrigenda“ und wirbt dafür, mithilfe seiner Organisationen Schwangeren „freie Entscheidungen für das Leben möglich“ zu machen und Frauen im Schwangerschaftskonflikt zu unterstützen. Als Zweck der Gesellschaft gibt 1000 plus-Profemina an, mit Vorträgen, Seminaren und Symposien sowie „öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen und Kampagnen zum Schutz von Ehe und Familienwerten“ unter anderem „das Lebensrecht der Person, den Wert und die unantastbare Würde jedes Menschen vom Augenblick seiner Empfängnis an in den Vordergrund“ zu stellen.

Zugleich setzt sich Aufiero nach Angaben seines Magazins „für die Erneuerung einer Kultur des Lebens ein“. Allerdings wurde inzwischen bekannt, dass Aufiero und seine Helfer mit einer Kampagne von Abtreibungsgegnern gegen die Wahl von Frauke Brosius-Gersdorf zur Verfassungsrichterin im Bundestag mit automatisierten Massenmails agitiert haben soll. Die Mails fluteten als offenbar konzertierte Aktion die Postfächer von Abgeordneten der Union: Sie wurden aufgefordert, die Kandidatin der Koalition nicht zu wählen, weil die Juristin „ultralinks“ sei und sich für legale Abtreibungen bis zur Geburt einsetze.

In der Pfarrkirche Zum Heiligen Abendmahl in Wörthsee sollte die Veranstaltung stattfinden (Foto: Nila Thiel)
Auf einem Zettel an der Tür wird mit Bedauern darauf hingewiesen, dass der Vortragsaband ausfällt. Gründe werden nicht genannt.
Auf einem Zettel an der Tür wird mit Bedauern darauf hingewiesen, dass der Vortragsaband ausfällt. Gründe werden nicht genannt. (Foto: Nila Thiel)

Die Wahl wurde bekanntlich abgesetzt –woraufhin sich später Aufiero gerühmt haben soll, dass dies mit den von 1000plus initiierten mehr als 38 000 versendeten Mails zu tun habe. Der Aktivist soll zudem behauptet haben, dass somit Brosius-Gersdorf als Verfassungsrichterin verhindert worden sei. Er habe auch „zuverlässige Informationen“, nach denen die E-Mail-Kampagne der ausschlaggebende Grund für den Sinneswandel in der Union gewesen sei.

Jura-Professorin Brosius-Gersdorf fühlt sich indes diffamiert und wehrt sich: Denn der Vorwurf, sie sei „lebenskritisch“ und trete für einen Schwangerschaftsabbruch bis zur Geburt ein, sei falsch und entbehre jeder Grundlage, erklärte dazu die Juristin.

Hat sich Aufiero mit diesen Aktionen und Aussagen nun auch beim Pfarrgemeinderat in Wörthsee unbeliebt gemacht?  Trotz mehrfacher Anfragen der SZ, warum die Veranstaltung mit Aufiero abgesagt wurde, hat der Vorsitzende des Pfarrgemeinderats, Nikolaus von Lüninck, bisher nicht reagiert. Seine Stellvertreterin Marianne Gutjahr teilte lediglich mit, von der Absage zu wissen, dass es aber zuvor keine Einwände gegen die Einladung des Referenten Aufiero im Pfarrgemeinderat gegeben habe. Auch Aufiero selbst war für eine Stellungnahme bislang nicht erreichbar.

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