Rausch ohne Kater? Diese Substanzen sollen den Alkohol ersetzen |ABC-Z

Gesunde Alternative
Rausch ohne Kater? Diese Substanzen sollen den Alkohol ersetzen
Ein Rausch ganz ohne tückische Nebenwirkungen, geht das? Gleich mehrere Pioniere wollen dem Alkohol den Garaus machen und setzen dabei auf ein spannendes Bündel an Substanzen.
Ein leichtfüßiger Schwips kann etwas Wunderbares sein. Er kann die Laune heben und mal kurz all die Nervereien vergessen machen, die sich sonst tagtäglich wie Mi(e)nenarbeiter tiefer in unsere Stirnfalten eingraben. Der Rausch ist zwar ein flüchtiger Begleiter, aber wenn sich zu ihm auch noch die Gebrüder Schalk und Schabernack gesellen, ist das eine Crew, die ein lustiges Beisammensein verspricht.
Das Problem: Alkohol kann nicht nur Spaß machen, sondern auch eine Menge Ärger. Aber was wäre, wenn man ihm all die Nebenwirkungen, den Kater, die Nervenschädigungen, die Sucht, austreiben könnte und nur noch der Spaßfaktor bliebe? An einer solchen Lösung tüftelt die Forschung seit Jahren.
Was wir als Alkoholrausch wahrnehmen, ist, extrem verknappt dargestellt, ein Zusammenspiel eines gedämpften Nervensystems und der Ausschüttung von Glückshormonen. Einerseits wird die Wirkung des hemmenden Botenstoffs Gaba im Hirn verstärkt. Der Neurotransmitter wird auch Ausschalter des Gehirns genannt. Andererseits wird der aktivierende Botenstoff Glutamat blockiert. Je nach Alkoholmenge hat das Effekte wie Stimmungsaufhellung, Selbstüberschätzung, nachlassende Reaktionsfähigkeit, Gleichgewichtsstörungen, undeutliche Sprache und Schwindel. Zudem wird das Belohnungssystem des Gehirns mit Endorphinen regelrecht geflutet – wir fühlen uns euphorisiert, das Risiko einer Abhängigkeit steigt.
Alternative zur Volksdroge Alkohol
Alkohol ist die Volksdroge schlechthin. Der Konsum ist hierzulande legal, günstig und gesellschaftlich weithin akzeptiert. Pro Kopf werden im Durchschnitt 10,6 Liter reiner Alkohol jährlich in Deutschland konsumiert. Allein 1,4 Millionen Menschen waren 2023 wegen Alkoholsucht in medizinischer Behandlung, so das Ergebnis einer Hochrechnung der Krankenkasse Barmer. Dazu kommen all diejenigen Suchtkranken ohne offizielle Diagnose. Mehr als zwei Drittel der Betroffenen sind Männer.
Für Aufregung sorgte im vergangenen Jahr der Brite David Nutt. Er ist Professor am Imperial College in London. Seit Jahrzehnten beschäftigt sich der renommierte Psychiater und Psychopharmakologe mit Drogen und ihrem Einfluss auf den menschlichen Körper und beteiligt sich am Kampf gegen den Alkohol. Nutt gründete ein Start-up für die Suche nach einem Alkoholersatz, der nicht nur gleichwertig, sondern besser ist. Sein Forscherteam entdeckte mehr als 50 Moleküle, die im Gehirn ähnlich wirken wie Alkohol, aber ungefährlich für den Menschen sind.
In den Fokus ist dabei vor allem das synthetische Molekül Alcarelle gerückt, das nach Markteinführung alkoholfreien Drinks beigemischt werden soll. Zu kaufen gibt es von dem Startup bisher nur eine pflanzliche, weniger potente Alternative: Sentia. Laut Etikett bewirkt der Konsum des Getränks Leichtigkeit, Entspannung und Geselligkeit.
Wann ist ein Rausch ein Rausch?
Obwohl die Einführung von Sentia für Furore sorgte, ist das Produkt weder das einzige noch das erste auf dem Markt. Andere Unternehmen wie Kin Euphorics, Rasāsvāda und Bonbuz aus den USA oder Three Spirit aus Großbritannien machen seit Jahren mit berauschendem Alkoholersatz ihr Geld. Für die euphorisierende, entspannende und anregende Wirkung sollen unter anderem Nootropika, Adaptogene, 5-HTP und reines Gaba im Getränk sorgen. Nootropica sind Gehirnstimulanzien, sie sind auch als Smart Drugs bekannt. Dazu zählen synthetische Arzneimittel, aber auch natürliche Substanzen wie Koffein und Gingko. Adaptogene sind pflanzliche Wirkstoffe, die unter anderem gegen Müdigkeit, Stress und Ängste wirken sollen. Bei 5-HTP, auch 5-Hydroxytryptophan, handelt es sich um eine Vorstufe von Serotonin die ebenfalls stimmungsaufhellend und stabilisierend wirken soll.
Aber ist Rausch gleich Rausch? Na ja. Ein Ecstasy-Rausch hat andere Ausprägungen als ein durch Alkohol induzierter, und ein Alkoholrausch fühlt sich eben auch anders an als der durch ein Ersatzprodukt. Dass der alkoholfreie Rausch nicht mit dem Alkoholrausch zu vergleichen ist, liegt allein schon daran, dass Nebenwirkungen wie das Lallen oder Torkeln wegfallen. Die alkoholfreien Ersatzprodukte sind – und das ist Sinn der Sache – auch Vernunftsprodukte. Sie werben mit Risikofreiheit, der Kick der Gefahr entfällt. Kontrollverlust findet nicht statt. Der Rausch, den die Ersatzprodukte bieten, ist gekennzeichnet durch ein Wohlgefühl. Wie stark das ausfällt, ist schwer zu bemessen. Wie viel Spaß ein solcher Rausch macht, ebenso. Berichte von Testern fußen auf subjektiven Wahrnehmungen und sind kaum bis gar nicht überprüfbar. Am Ende bemisst sich der Erfolg solcher alternativen Rauschmittel wohl auch an einer Grundsatzfrage: Wann ist ein Rausch ein Rausch?