Gesundheit

Woran erkennt man eine Infektion, was soll man dann tun? |ABC-Z

Das Mpox-Virus breitet sich in mehreren afrikanischen Staaten mit großer Geschwindigkeit aus. Neue Daten der Gesundheitsbehörden der Afrikanischen Union zeigen, dass alleine in der vergangenen Woche 1200 neue Verdachtsfälle aufgetreten sind. Darunter sind auch nachgewiesene Infektionen mit der besorgniserregende Variante Ib. Mpox-Fälle wurden demnach in insgesamt zwölf Mitgliedstaaten der Afrikanischen Union (AU) gemeldet, bislang starben 541 Menschen. Ein erster Reiserückkehrer aus Afrika, der sich mit Mpox 1b infiziert hatte, wurde in Schweden registriert, es ist, sagen Experten, nur eine Frage der Zeit, bis auch in Deutschland Fälle auftreten. Norbert H. Brockmeyer ist Experte für sexuell übertragbare Krankheiten und erklärt, wie man eine Infektion bei sich oder seinen Sexualpartnern erkennt – und was dann zu tun ist.

Die erste Fall von Mpox der neuen Subvariante Ib ist in Europa gefunden worden. Hat Sie das überrascht?

Nein, überhaupt nicht. Wie haben weltweit mehr als 4000 Flughäfen, die Zahl der Fluggäste läuft pro Jahr auf fünf Milliarden zu. Und wir wissen doch längst von anderen Infektionen und sexuell übertragbaren Erregern, Gonokokken etwa, wie schnell sie reisen können. Es war klar, dass wir angesichts der starken Verbreitung in Afrika auch sehr schnell in Europa, nun in Schweden, erste Fälle sehen werden.

Eigentlich sollten Reisende sich über Infektionsrisiken bewusst sein. Man weiß ja auch, ob man in ein Malaria- oder Gelbfiebergebiet fährt.

Ja, aber diese Infektionen sind seit Jahrzehnten bekannt und es wird vor Antritt einer Reise immer darauf hingewiesen, auch im Internet. Diese Infektionen werden durch Mücken übertragen und die Infektionsrisiken sind somit in den entsprechenden Gebieten um ein Vielfaches größer. Das Risiko betrifft alle Reisenden. Mpox ist hingegen relativ neu, seit 1970 erst bekannt Es fehlt also das Wissen und Bewusstsein für diesen neuen Erreger. Bei sexuell übertragbaren Infektionen kommt noch hinzu, das diese ein Tabuthema sind, über das man nicht redet.

Die meisten Menschen wissen nicht, wie sie sich schützen können. Mpox wird über enge Körperkontakte und sexuelle Kontakte mit Menschen, die Haut und Schleimhauveränderungen haben, übertragen – genauso wie HPV. Aber nicht wie Grippe-Viren oder Corona durch kleine Tröpfen in der Luft. Die Bevölkerung insbesondere die am stärksten gefährdeten Gruppen müssen entsprechend gezielt aufgeklärt werden und generell muss eine solche Bildung in der Schule beginnen.

Woran erkennt man, dass man infiziert ist?

Häufig finden sich zu Beginn grippeähnliche Symptome, Müdigkeit, Fieber, Muskelschmerzen, Halsschmerzen, und Lympknotenschwellungen, sowie Haut-und Schleimhautveränderungen, rötliche Flecken, Bläschen, Pusteln teils mit dunklen Krusten, vorwiegend im Bereich der Eintrittsstelle aber auch am ganzen Körper. In schweren Fällen können Augeninfektionen und Innere Organe, z.B. das Herz, betroffen sein.

Norbert H. Brockmeyer, Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten, gründete das Zentrum für Sexuelle Gesundheit und Medizin, WIR-Walk In Ruhr an der Uniklinik Bochum, und ist Präsident der Deutschen STI Gesellschaft, Gesellschaft zur Förderung der sexuellen Gesundheit.Privat

Wie lange dauert die Inkubationszeit?

Drei Tage bis zwei Wochen. Nur selten sind bereits einen Tag nach der Infektion Symptome zu erkennen. Die Zeit, in der man Viren verbreiten kann, dauert bis zum vollständigen Abheilen der Bläschen und Pusteln, bis die Krusten abgefallen sind.

In erster Linie symptomatisch, schmerzlindernd sowie lokal Therapie der Hautläsionen. Bei schweren Verläufen kann mit einem Virostatikum oder mit Immunglobulinen behandelt werden.

Mpox konnten so stark hochkommen, weil die Pockenimpfungen seit Mitte der 1970er-Jahre ausgesetzt wurden. Muss man sie wieder in die Kinderimpfungen aufnehmen?

Impfungen gegen Viren und Bakterien sind sinnvoll. Ein sehr gutes Beispiel ist HPV: In Großbritannien wurde sehr früh nach der Zulassung des Impfstoffs eine HPV-Impfung eingeführt. Die Grundlage war eine Kosten-Nutzen-Berechnung die zeigte, wie viel Geld eingespart werden kann, wenn Kinder und Jugendliche gegen HPV geimpft werden. Jetzt gibt es in Großbritannien nur noch sehr wenige Fälle von Gebärmutterhalskrebs. Das ist in Deutschland anders, hier wird zu wenig geimpft, obwohl wir hierzulande rund 4000 Todesfälle pro Jahr verhindern könnten.

Kleine Pickelchen, Bläschen, Läsionen – so sehen Mpox-Hautveränderungen aus.Picture-Alliance.de

Also sollten am besten jetzt analog wieder alle Kinder und jungen Erwachsenen gegen Pocken geimpft werden?

Nein, das ist nicht nötig. Wir sollten Personen impfen, die ein Infektionsrisiko haben, dies sind Menschen, die in die Endemie Gebiete in Afrika reisen, Menschen mit vielen sexuellen Kontakten. Außerdem sollten Menschen mit Haushaltskontakten oder beruflichen Kontakten, etwa Ärzte und Ärztinnen und Laborpersonal, eine Impfung erhalten.

2022 wurden die großen Mpox-Ausbrüche in Europa beeindruckend schnell eingedämmt. Woran lag das?

Die Mpox Epidemie in 2022 konnte schnell kontrolliert werden, durch Verhaltensänderung, Safer Sex-Praktiken, Impfung. Dadurch konnten sich Personen mit einem Risiko selber schützen. Wir müssen also wieder die Personen und Gruppen in den entsprechenden Netzwerken die ein hohes Infektionsrisiko haben aufklären. Welche Symptome auftreten, sie beachten sollten z.B. Bläschen im Genitalbereich, oder an anderen Körperstellen. Die Menschen müssen aufmerksamer werden, mit ihren Sexualpartnern und Sexualpartnerinnen darüber reden, auch mal fragen „Hattest Du eigentlich schon mal eine sexuell übertragbare Infektion?“.

Viele Menschen wissen nicht, wie man so etwas ansprechen kann.

Das muss man lernen, in Deutschland ist das gesamtgesellschaftliche Tabu leider sehr groß. Die Hauptbetroffenen, Männer die Sex mit Männern haben, MSM, haben ein ausgeprägtes Risikobewusstsein. Das ist auch eine Folge der HI-Infektionen. Sie diskutieren viel über Prä- und Postexpositionsprophylaxe gegen Chlamydien und Syphilis. Wir sehen es in den spezialisierteren Zentren, dass Männer sich dort beispielsweise nach einer Doxy-PEP oder nach Impfungen erkundigen. In den normalen Hausarztpraxen werden diese Themen leider oft totgeschwiegen.

MSM werden jetzt also auch wachsam sein. Welche Gruppe müsste nun angesprochen werden.

Die Allgemeinbevölkerung, die in der Regel kein hohes Mpox-Imfektionsrisiko hat muss gut aufgeklärt werden, auch damit keine unnötigen Ängste oder Panik entsteht und eine Überlastung des Gesundheitssystems, die Anfragen nach einer Mpox-Impfung aus diesem Kreis häufen sich jetzt schon.

Nein, das ist wichtig zu betonen: Kondome schützen, auch wenn sie richtig passen, nur zu 50 bis 60 Prozent vor sexuell übertragbaren Infektionen. Bei HIV immerhin bis zu 90 Prozent. Kondome verringern das Risiko einer STI aber nicht mehr. Vor Mpox können sie nicht schützen, weil die Bläschen und Läsionen am gesamten Körper auftreten. Kondome schützen übrigens auch nur gering vor HPV. Wenn die Erreger auf der Haut sind, reicht enger Hautkontakt, um sich anzustecken. Oft verlaufen Infektionen auch sehr leicht oder asymptomatisch. Ein Mpox-Bläschen ist dann vielleicht so klein, dass es gar nicht auffällt. Diese Symptomarmut ist auch ein Grund dafür, dass sich Erreger so gut verbreiten.

Menschen mit hohem Risiko sollen achtsam sein, wachsam sein – mit ihren Sexualpartnern und Sexualpartnerinnen reden und sich impfen lassen. Bei Symptomen sollten sie direkt einen Arzt aufsuchen.

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