Wolfratshausen: Freie Bahn fürs Schweinchen – Bad Tölz-Wolfratshausen | ABC-Z
Wenn man hört, wie Daniela Conté vom Boule-Spiel schwärmt, könnte man meinen, die Bahn an der Loisach müsste immer belegt sein: „Boule kann man ohne großen Aufwand spielen“, sagt die 51-jährige Chemie-Ingenieurin. „Es ist für jede Altersklasse geeignet, für jedes Können, und man könnte es sogar aus einem Rollstuhl spielen.“ Tatsächlich aber sind Daniela Conté und ihr Partner Jan-Michael Plato die Einzigen, die ihre silberfarbenen Kugeln regelmäßig auf der Bahn an der Alten Floßlände in Wolfratshausen werfen und rollen lassen. Ohne die beiden wäre der Boule-Platz – so die offizielle Bezeichnung der Stadt – auch gelegentlich kaum noch als solcher zu erkennen. Denn sie haben immer einen Rechen dabei, um Laub und Schmutz zu entfernen.
„Boule ist in Frankreich ein Volkssport“ – wer’s noch nicht wusste, erfährt das auf der Tafel, welche die Stadt nach der umfassenden Sanierung des Platzes in diesem Frühjahr aufgestellt hat. Zusammen mit dem Verein zur Förderung der Partnerschaft zwischen Barbezieux und Wolfratshausen hat sie im Mai die Wiedereröffnung der einige Jahre alten – und zuvor ziemlich verkommenen – Bahn gefeiert. „Alle sind eingeladen“, so heißt es auf der Tafel weiter, „sich hier zu treffen, um beim Boule-Spiel eine schöne Zeit (…) zu verbringen.“ Die passionierten Spieler Conté und Plato aber treffen nach eigener Aussage fast nie auf Mitspieler. Hingegen blieben durchaus öfter Schaulustige stehen, um eine Partie mitzuverfolgen und seine Frau anzufeuern, erzählt Plato. Und sie sagt, Kinder fragten schon eher mal, ob sie mitspielen dürften.
Das Boule-Spiel kennt viele Varianten, von Lyonnaise bis zu Provençal, die verbreitetste aber ist Pétanque, und dies ist auch die Grundlage der Regeln, die in Wolfratshausen gelten: Tète-à-Tète, Doublette und Triplette sind die Spieler-Formationen (eins gegen eins mit je drei Kugeln, zwei gegen zwei ebenfalls mit je drei und drei gegen drei mit je zwei Kugeln). Das Los oder die Absprache entscheidet, wer die kleine Zielkugel, genannt „Schweinchen“ (cochonnet), wirft. Dieser versuchen nun alle, mit ihren Kugeln am nächsten zu kommen. Besonders geschickt ist, wem es dabei gleichzeitig gelingt, eine oder mehrere Kugeln der Konkurrenz wegzukicken. Am Ende gibt es für jede Boule, die näher als eine gegnerische liegt, einen Punkt. Gespielt wird, bis ein Team 13 Punkte erzielt hat.
Präzision ist dabei alles. Und so gehört zur Grundausstattung neben den Stahlkugeln, die durchschnittlich etwa 700 Gramm wiegen, auch ein Maßband. In Wolfratshausen brauchen Interessenten nicht gleich Geld für ein Set auszugeben, denn dies kann entweder im Gasthaus Flößerei nebenan oder in der Tourist-Information an der Marktstraße gegen Kaution ausgeliehen werden.
Darauf sind Daniela Conté und Jan-Michael Plato natürlich nicht angewiesen. Da sie so leidenschaftlich Boule spielen, sind sie gut ausgestattet. Und selbst auf die Boule-Bahn an der Loisach wären sie nicht mehr angewiesen, da beide Mitglieder im neu gegründeten Boule-Verein Maxkron sind. Zwar liegt die Bahn an der Loisach gleich gegenüber von Platos Wohnung, sodass er dort jederzeit auf eine schnelle Feierabend-Partie vorbeischauen kann. Doch in Penzberg, wozu Maxkron gehört, lebt Daniela Conté.