Wirtschaft

Wo Linke und Rechte gemeinsame Sache machen | ABC-Z

In Frankreich ist nicht nur die rechtsbürgerliche Minderheitsregierung gestürzt. Die Brandmauer, mit der sich die Linke von der ex­tremen Rechten abgegrenzt hat, ist eingebrochen. Sozialisten, Grüne, Kommunisten und Linkspartei haben Marine Le Pen die Vorlage für den Misstrauensantrag geliefert. Auch als klar war, dass Le Pens Fraktion geschlossen für den Antrag von links stimmen würde, gab es keinen Versuch, die unheilige Allianz noch abzuwenden.

Die Interessengemeinschaft zwischen der Linkspartei LFI und dem Rassemblement National (RN) ist hinreichend bekannt. Beide Parteien würden am liebsten sofort Frieden mit Wladimir Putin schließen und beäugen die Hilfe für die überfallene Ukraine skeptisch. Sie eint die Vorstellung, dass die Möglichkeiten des Wohlfahrtstaates grenzenlos sind und Finanzierungsfragen keine Rolle spielen.

Beide Parteien gaukeln den Franzosen vor, dass sie wieder früher in den Ruhestand gehen könnten. Sie teilen zudem den Wunsch, sich von den europäischen Verpflichtungen zu befreien, auch wenn sie sich in der Wortwahl ihrer EU-Kritik unterscheiden.

Es ist bezeichnend, dass die Grünen und die Sozialisten sich an dieser Demontage beteiligt haben. An der Regierungsfähigkeit der Schwesterparteien von SPD und Grünen darf man berechtigte Zweifel hegen. Auch François Hollande, der als Abgeordneter in der Nationalversammlung sitzt, sprach der Regierung das Misstrauen aus. Fraktionszwang gibt es in Frankreich nicht, was bedeutet, dass auch der ehemalige Präsident sich sehenden Auges dazu entschlossen hat, sein Land in die Krise zu stürzen.

Das erste Ziel erreicht

Es beginnt jetzt eine neue Phase der Instabilität. Marine Le Pen hat ihre zentrale Stellung behauptet. Sie hat ihr erstes Ziel erreicht, die Regierung abzusetzen. Aber ihr wichtigstes Ziel bleibt, Präsident Emmanuel Macron in den Rücktritt zu treiben. Deshalb ist sie bestrebt, ihm das Regieren unmöglich zu machen. Seit sie weiß, dass ihr Ende März eine Verurteilung wegen der Veruntreuung von Millionenbeträgen des EU-Parlaments droht, hat sie es eilig.

Es ist beschämend, dass sich die Linksparteien zu den willigen Gehilfen ihres Plans machen. Der Wortführer der Linkspartei, Jean-Luc Mélenchon ist seit Langem darauf aus, Macron zu Fall zu bringen. Er kam eigens in die Nationalversammlung, um sich am Schauspiel der Miss­trauensdebatte zu ergötzen. Aber warum regt sich bei den Sozialisten und Grünen kein Widerstand gegen diese Fehden, bei denen der Blick auf das übergeordnete Interesse des Gemeinwesens fehlt?

Was wird aus den Staatsfinanzen?

Das klare Abstimmungsergebnis von 331 Stimmen zeigt, dass es in Frankreich keine Mehrheit für eine Sanierung der Staatsfinanzen gibt. Anders als in den Vereinigten Staaten droht kein Shutdown. Vor einer Haushaltssperre schützt ein Sondergesetz, das noch vor Weihnachten beschlossen werden kann. Die politischen Folgen der Regierungskrise werden dennoch über Frankreich hinaus zu spüren sein. Das gilt besonders in der Außen- und Sicherheitspolitik.

Der Verteidigungshaushalt, der Mehrausgaben zugunsten der Ukra­ine vorsah, wird nicht erhöht werden. Verteidigungsminister Sébastien Lecornu spricht von einer Finanzierungslücke von 3,3 Milliarden Euro im kommenden Jahr.

Das bedeutet auch, dass Waffenlieferungen an die Ukraine nicht so schnell erfolgen werden wie geplant. Die französischen Kampfflugzeuge, aber auch der Nachschub an Marschflugkörpern vom Typ Scalp könnte sich verzögern. Dabei kommt es in diesem Winter mehr denn je darauf an, die Ukraine militärisch zu ertüchtigen.

Die Verantwortung der Linken

Als Atommacht mit ständigem Sitz im UN-Sicherheitsrat hat Frankreich stets den Anspruch erhoben, die europäische Sicherheitsordnung mitzugestalten. Darauf gründet der Versuch von Präsident Macron, mit dem designierten amerikanischen Präsidenten Donald Trump schon jetzt über die Zukunft der Ukraine zu sprechen. Trump kommt am Rande der Wiederöffnung der Kathedrale Notre-Dame de Paris mit Macron zusammen.

Aber die Glaubwürdigkeit Frankreichs ist schwer erschüttert. Die Wiederbewaffnung des Landes droht wegen der Haushaltsmisere ins Stocken zu geraten. Unklar ist, ob Frankreich 2025 das Zweiprozentziel der NATO erreicht, das eigentlich eine Untergrenze bilden sollte. Das Signal an die Rüstungsindustrie ist verheerend. Alle politischen Aufrufe, schneller und mehr zu produzieren, klingen wie Hohn, wenn der Finanzrahmen nicht gesichert ist.

Marine Le Pen hat nie ein Hehl daraus gemacht, dass sie Frankreich am liebsten wieder aus den integrierten NATO-Strukturen hinausführen würde. Aber die ehemalige Regierungslinke wird schwer an der Verantwortung tragen, das Land in einem entscheidenden Moment im Stich gelassen zu haben.

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