Wirtschaftstalk bei Lanz: Hüther nach Börsenkrach: “Es ist noch nicht zu Ende” | ABC-Z

Wirtschaftstalk bei Lanz
Hüther nach Börsencrash: “Es ist noch nicht zu Ende”
09.04.2025, 05:26 Uhr
Wie muss Europa auf die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump reagieren? Wehrlos sei man nicht, betont EVP-Chef Weber bei Lanz, der für eine besonnene Antwort wirbt. Der Ökonom Hüther klingt wenig optimistisch.
Auf den Koalitionsverhandlungen von Union und SPD lastet ein hoher Druck, vor allem nachdem US-Präsident Donald Trump weltweit Zölle auf Industrieprodukte erheben will. Gleichzeitig sieht sich CDU-Chef Friedrich Merz heftiger Kritik aus seiner eigenen Partei ausgesetzt. Viele CDU-Mitglieder nehmen ihm die Lockerung der Schuldenbremse übel. Gleichzeitig fordern sie, Merz müsse den versprochenen Politikwechsel vollziehen. Doch das ist mit der SPD nicht leicht. Wie geht es nun weiter? Das fragt Markus Lanz am Dienstagabend seine Gäste im ZDF.
Der Präsident des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, fordert die kommende Bundesregierung zu mehr Sparsamkeit auf. Zudem müssten die Bürger in Deutschland mehr arbeiten, sagt er bei Markus Lanz. “Es kann doch nicht sein, dass ein deutscher Vollzeiterwerbstätiger 249 Stunden im Jahr weniger arbeitet als in der Schweiz. Das hat was mit der Wochenarbeitszeit zu tun, das hat was mit der Urlaubsregelung zu tun, es hat auch mit der Anzahl der Feiertage was zu tun”, so Hüther. Er fordert die Abschaffung eines bundesweiten Feiertages. Und er weiß auch schon, auf welchen Feiertag man verzichten könnte: Pfingstmontag oder den Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober. “Wir müssen über dieses Arbeitsvolumen reden”, so Hüther. “Entweder kriege ich die Leistung pro Stunde geregelt, oder ich muss an den Arbeitsstunden arbeiten.” Also entweder mehr Leistung pro Stunde oder mehr Arbeitsstunden, fordert Hüther. Und er möchte, dass mehr Menschen mit Teilzeitjobs in eine Vollbeschäftigung kommen.
Die Folgen der US-Zollpolitik
Eines der ersten Themen, dem sich die neue Bundesregierung widmen muss: Die Folgen der Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump. Am Montag verzeichneten die Börsen weltweit einen deutlichen Abschwung, stellenweise berappelten sich die Kurse inzwischen wider etwas. Dennoch ist Michael Hüther pessimistisch: “Es ist noch nicht zu Ende”, sagt er bei Lanz. “Wenn jemand wie der Präsident der Vereinigten Staaten den roten Knopf für die Atombombe hat und bildlich gesprochen auch für die weltwirtschaftspolitische Atombombe, nämlich die Reservewährungsfunktion der USA, die ökonomische Größe, mit der sie sozusagen andere unter Druck setzen kann und dann […] Zollerhöhungen ankündigt, wie wir das seit hundert Jahren nicht mehr erlebt haben, dann ist das etwas, was die Märkte nicht nur mal eben drei Tage beunruhigt.” Trump verunsichere die Märkte bewusst. Zunächst sei da die Zollpolitik. Dann werde darüber diskutiert, ob die Vereinigten Staaten aus dem Internationalen Währungsfonds austreten könnten. Schließlich werde in Trumps Beraterstab darüber gesprochen, auf Staatsanleihen keine Zinsen mehr zu zahlen, sondern militärischen Schutz zu gewähren. “Das setzt die Axt ans Handelssystem und an das Kapitalverkehrssystem.” Trumps Ziel sei das Ende der Globalisierung, glaubt Hüther.
Europas Pläne, Zölle auf einzelne US-Produkte zu erheben, sei in diesem Zusammenhang richtig, sagt der Fraktionsvorsitzende der EVP im EU-Parlament, Manfred Weber. Damit will die EU vermutlich nächste Woche beginnen. Es handelt sich dabei unter anderem um Zölle auf Jeans und bestimmte Motorräder. Damit sollen vor allem Trump-Wähler getroffen werden. Geplante Zölle auf Whisky soll es zunächst nicht geben. Das hatten Italien und Frankreich verhindert. Weber: “Unsere Antwort ist eine besonnene. Wir reden über 120 Milliarden von Zöllen, die Trump scharf gestellt hat, und wir reagieren mit 28 Milliarden. Ich finde es richtig, nicht gleich voll zu reagieren, sondern unsere Entschiedenheit zu zeigen. Wir sind uns einig, dass wir reagieren müssen, aber wir wollen jetzt nicht in die Eskalationsspirale einsteigen. Erst einmal warten, wie die Märkte reagieren und was das in Amerika bedeutet, die dortige innenpolitische Debatte abwarten, und dann auch eventuell weitere Schritte gehen.” So könnte die EU eine Digitalsteuer gegen amerikanische Konzerne einführen, also gegen Google oder Apple. “Wir sind in Europa handlungsfähig”, so Weber. Er appelliert: “Ich hoffe, dass jetzt jeder merkt, wie wertvoll Europa ist. Wenn jetzt jeder als Einzelner agiert, dann werden wir Spielball von diesen Mächten.” Das alte Amerika werde nicht mehr zurückkommen, prognostiziert der CSU-Politiker. Darum müsse sich die EU dringend neue Handelspartner auf der Welt suchen.
Die Situation in den USA verschlechtere sich, sagt Hüther. Trump greife Verfassungsorgane an, Unternehmen, die sich dort niederließen, hätten keine Rechtssicherheit. “Deswegen ist die Frage, ob ich dort investieren will.” Gleichzeitig werde China als Verhandlungspartner offenbar zugänglicher. “Ich würde China nicht auf die Negativliste setzen”, sagt Hüther. “Wir sehen da eine erhebliche Bedeutung unserer Wirtschaft.”